+ Pater Josef Kuhn SVD

Deutschland

26. Jan 2024

Nach kurzer Erkrankung verstarb in den Mittagsstunden des 26. Januar 2024 in St. Wendel unser Mitbruder Pater Joseph Kuhn SVD.

+ Pater Josef Kuhn SVD

„Baobab“ ist ein Ehrenname für einen alten Menschen in Afrika. Er wird geschätzt wegen seiner Weisheit und seiner Lebenserfahrung. Kofi Annan, UN-Generalsekretär, schrieb einmal: „Ohne das Wissen und die Weisheit der Alten würden die Jungen niemals wissen, woher sie kommen oder wohin sie gehören. Doch um eine gemeinsame Sprache mit den Jungen zu haben, muss man ihnen die Chance geben, ihr Leben lang weiter zu lernen.“

Kindheit, Jugend, Krieg 1926 - 1946
Joseph kam am 27. Februar 1926 in Endingen am Kaiserstuhl (Kreis Emmendingen) als Sohn von Lorenz Kuhn und Anna geb. Wissert zur Welt. Der Vater war Zollsekretär. Er lebte mit seiner Familie nach christlichen Grundsätzen, in der Nazizeit Anlass genug für Schikanen und Strafversetzungen. So musste die Familie oft umziehen und die beiden Buben die Schule wechseln.

Joseph nahm eifrig an den vielfältigen außerschulischen Ausbildungsmöglichkeiten des NS-Regimes teil, verpasste deshalb aber nie die sonntägliche Frühmesse. Noch vor der Reifeprüfung wurde er Soldat. Er war in Südfrankreich auf Militärflugplätzen als Luftwaffenhelfer und später bei der Luftwaffe tätig. Er geriet in Gefangenschaft, wurde aber bald wegen Unterernährung entlassen. Im Juli 1946 konnte er in Emmendingen das Abitur machen.

Ausbildung bei den Steyler Missionaren 1946 – 1953
Mitte Oktober begann er in Sankt Augustin das Noviziat. Unter den über 40 Novizen war er der zweitjüngste. Es folgten die Gelübde und die Studien der Philosophie und Theologie.

Am 24.8.1952 empfing er mit 20 Mitbrüdern die Priesterweihe. Mit Pater Kohler bekam er die Bestimmung für Belgisch-Kongo. Für die Vorbereitung auf die Missionsarbeit in Afrika blieb nicht viel Zeit. Der Obere, Msgr. Jan van der Heyden, drängte darauf, so schnell wie möglich die fünf Missionen der Jesuiten im Kwangogebiet zu übernehmen.

Die belgische Kolonie wollte belgische Missionare haben; Holländer waren geduldet, Deutsche eher unerwünscht. Als Pater Kuhn und Pater Kohler am 17.11.1953 kongolesischen Boden betraten, zählte die Mission 13 Priester und drei Brüder. Pater Kuhn und Pater Kohler waren die ersten Deutschen und wurden für die Mission Ngi an der Wamba bestimmt.

Belgisch Kongo – Rép. Dém. du Congo – Rép. du Zaïre 1953 - 1976
In Ngi am Wambafluss gingen die beiden Neumissionare mit Feuereifer an die Arbeit. „Der hl. Paulus kann nicht eifriger gewesen sein, als wir damals in Ngi“, so urteilte Pater Kohler 25 Jahre später. Erstevangelisierung und Schulen waren die wichtigsten Prioritäten. Parallel dazu wurde gebaut, neue Pfarreien und Schulen wurden eröffnet. Schon in seinem Bericht ans Generalat vor der Übernahme der Mission hatte Mgr. Adolph Noser darauf hingewiesen, dass eine christliche Elite schnell herangebildet werden müsse. Sicher kein leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass das Bildungswesen im Lande am Unabhängigkeitstag (30.6.1960) einer Pyramide glich, die noch keine fünf Akademiker an der Spitze aufwies.

1960/61 verbrachte Joseph mutterseelenallein in Matari. Hier baute er ein Pfarrhaus und schaute nach den Schulen. Das gleiche wiederholte sich nachher in Lonzo.

Der Unabhängigkeit folgten Wirren und Aufstände. Mit der Kwilu-Rebellion (1963/65) Mulélé‘s war auch unsere Kwangomission in Gefahr. Mit Willi Otte kam es zum Kauf von zwei gebrauchten Bundeswehrmaschinen Do27, die am 24.10. im Kongo ankamen. In Kenge setzte Pater Kuhn sich ein als Pilot und Mechaniker; er gab Religionsunterricht am staatlichen Gymnasium.

Als die Gefahr der Rebellion gebannt war, musste er in der Christkönigs-Pfarrei in Kinshasa eine Lücke füllen. Und als ein Jahr später (1966) in Lyon ein Oberer gesucht wurde, um unser kleines Haus für Sprachstudenten einzurichten, erfüllte er auch da beherzt seinen Auftrag. Seinen Urlaub in der Heimat nutzte er für seine Weiterbildung, auf die er immer Wert legte.

1967 sprachen die Mitbrüder ihm das Vertrauen als Regionaloberer für die nächsten drei Jahre aus. Das war wohl das einzige Nein, das die Mitbrüder von ihm gehört haben.

Die Jahre 1968/73 war er in der Heilig-Geist-Pfarrei in Kenge als Kaplan, Lehrer und Militärseelsorger tätig, und wenn Not am Mann war, auch als Pilot. 1974 bekam die Diözese Kenge ihren ersten afrikanischen Bischof. Es folgten die Jahre der Authenticité Mobutu‘s. Diese schwierigen Jahre (1973/76) verbrachte er in der Seelsorge in Kolokoso, Bagata und Manzansay. - Am Anfang Oktober 1976 verließ er Zaire, um in Europa zu neuen Ufern aufzubrechen.

Diocèse d‘Arras 1976 - 1983
Um sich nach 23 Jahren in Afrika neu in der Seelsorge zu orientieren, dachte Joseph an Frankreich. Vielleicht ging diese Neigung auf seine Jugend zurück? Seine Mutter hatte als junges Mädchen eine gute Erfahrung in einem französischen Haushalt im Au-Pair-Dienst gemacht und erzählte oft davon. Seine Zeit in französischer Gefangenschaft dagegen war für ihn eine Herausforderung. An seine Zeit als Rektor in Lyon mit den Jungmissionaren erinnerte er sich sehr gerne.

In der Diözese Arras, im nordfranzösischen Kohlerevier, nahe der Grenze zu Belgien machte er gute Erfahrungen in der Priestergemeinschaft in Courrières ((1976/81), ebenso als Pfarrer in Pont-à-Vendin (1981/83). - Er gehörte in dieser Zeit zur belgischen Provinz.

Sein Ziel war, die französische Pastoral kennen zu lernen, um so langsam den Übergang vom Kongo nach Deutschland zu gestalten. In sieben Jahren hat er diese Erfahrung gemeistert.

Rottenburg-Stuttgart 1983 - 2001
In seiner Heimatdiözese Rottenburg-Stuttgart arbeitete er 20 Jahre in der Seelsorge. Er begann 1983 als Pfarrer in Riedlingen. Dann vertraute der Bischof ihm die Pfarrei Wiesensteig (1984/90) mit Mühlhausen und Gruibingen an. Von 1990 bis 2000 war er Pfarrer in Dürmentingen mit Hailtingen. Die letzten Jahre verbrachte er als Ruhestandsgeistlicher in Ehingen.

Im Juli 2021 starb seine Haushälterin, Frau Braun. Er kannte sie schon sehr lange. Sie hatte in seinen Anfangsjahren im Kongo eine Gebetsgruppe für die Mission ins Leben gerufen und geführt. Sie war Katechetin und eine wertvolle Hilfe in der Seelsorge.

Zu seinem Abschied im Alter von 95 Jahren schrieb der diensthabende Gebietspfarrer: „Pater Josef Kuhn verlässt unsere Seelsorgeeinheit. Seit seinem Ruhestand lebte er in Ehingen und hat über zwanzig Jahre lang in großer Treue zu seinem priesterlichen Dienst Gottesdienste in unserer Seelsorgeeinheit gefeiert. Bis zuletzt war ihm die Verkündigung der frohen Botschaft ein Herzensanliegen. - Da seine Hausfrau Maria Braun nach kurzer Krankheit verstorben ist, kehrt Pater Kuhn in das Ordenshaus der Steyler Missionare zurück.“

Lebensabend in St. Wendel 2021 – 2024
Pater Kuhn war als Externer zu Steylern gekommen. In seinen sieben Jahrzehnten hat er nur Sankt Augustin als große Gemeinschaft kennen gelernt. Auf den anderen Stationen war er arbeitsbedingt immer in kleinen Gemeinschaften oder auf Einzelposten. So war sein kurzer Lebensabend in St. Wendel für ihn eine große Herausforderung. Schon am ersten Tag galt es, auf sein eigenes Auto zu verzichten. Er versuchte sich zurecht zu finden und scheute sich nicht, auch neue Möglichkeiten anzumahnen.

Wir schätzen unseren „Baobab“ in unserer Gemeinschaft und behalten ihn in bester Erinnerung als einen Mitbruder mit Engagement und Einsatz für die anderen.

Text: Pater Gerd Lesch SVD
Pater Václav Mucha SVD, Rektor

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