Die Themen "Gelübde" (Gehorsam, Armut, Ehelosigkeit) und "Berufung" sind zentral für ein Ordensleben – die folgenden Texte regen zum Nachdenken darüber an.
Für Paulus ist Abraham der Typus des Glaubenden. Deshalb ist er der Stammvater nicht nur des Alten, sondern auch des Neuen Testamentes. Am Anfang der Heilsgeschichte steht also ein Mann, der die Stimme Gottes hörte und ihr gehorsam folgte, auch wenn alles dagegen sprach. Er sollte Stammvater eines großen Volkes werden. Aber dazu bedurfte es einer Bedingung: Er musste von zu Hause, seinem natürlichen Lebensbezug, wegziehen. Das Ziel war ein Land, das Gott ihm erst zeigen würde, nachdem er sich auf den Weg gemacht hat. Gott fordert von ihm einen Schritt ins Unbekannte. Im Gepäck hatte er nichts, weder einen Sohn, noch eine fruchtbare Frau, noch seine Jugend. Sein Schritt ins Unbekannte war menschlich gesprochen zum Scheitern verurteilt. Dass er ihn trotzdem tat, ist allein seinem Glauben an den lebendigen Gott zuzuschreiben. Diesem Gott traute er alles zu. Glaube ist hier im Ursprung mit Gehorsam verbunden. Dieser Glaubensgehorsam ist das Fundament jedes christlichen Lebens.
Jesus sagt: „Nicht jeder, der zu mir Herr, Herr sagt, wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt“ (Mt 7,21). Die Bereitschaft, den Willen des anderen zu tun, ist Gehorsam. So lässt sich die Nachfolge Jesu kurz als Gehorsam gegenüber seinem Ruf beschreiben.
Deshalb bleibt Abraham auch im Neuen Testament der Vater des Glaubens, weil er den Ruf Gottes gehorsam in ein Tun umgesetzt hat. Dieser Gehorsam aber verlangt Vertrauen, Risikobereitschaft und Hingabe. Erst im Gehen erfährt man den Sinn des Glaubensschrittes. Die Geschichte Abrahams aber zeigt auch, dass Gott immer wieder neu ruft und jeweils in neue Richtungen weist. Glaubensgehorsam erfordert deshalb eine lebenslange Bereitschaft zu hören und zu folgen. Im Vertrauen auf Christus aber lässt sich dieser Weg gehen.
Im Ordensgehorsam geben wir ein Zeichen für die ständige Bereitschaft, auf Gottes Ruf zu hören und ihn praktisch zu verwirklichen.
P. Martin Neuhauser SVD
Entschlossen geht Jesus seinen Weg nach Jerusalem. Obwohl sich sein Weg in Jerusalem in unüberbietbarer Weise in das Leben Gottes hinein vollendet, ist es ein Weg in die Armut, in die Entäußerung, in das Dunkel des Leidens und des Kreuzes. Es ist ein einsamer Weg. Derjenige, der ihn geht, geht ihn allein. Auf menschliche Nähe kann er nicht hoffen. Im Gegenteil, diejenigen, deren Lebensweg er kreuzt, lehnen ihn ab, und diejenigen, die ein Stück weit mit ihm gehen, verstehen ihn nicht. Er geht seinen Weg, treu sich selbst und der Macht, die ihn trägt und führt. Das allein zählt. Das allein schenkt die Zukunft eines Lebens, in dem sich das liebende Antlitz Gottes offenbart. Er lebt von der Hoffnung, die sieht, was da werden will.
Dieser Weg und derjenige, der ihn geht, faszinieren Mutter Teresa. Sie beginnt, gerade diesen Weg und denjenigen, der ihn so geht, in neuer Weise zu lieben. Das bringt sie selbst auf diesen Weg und in eine innigere Nähe, zu dem, der ihn geht. Von der Dynamik dieses Geschehens lässt sie sich tragen und führen und findet darin ihren eigenen Weg, den Weg zu den Armen, zu den Kranken und Sterbenden in Kalkutta. Es ist ein einsamer Weg. Sie geht ihn weitgehend allein, sich selbst treu und demjenigen, der sie führt und trägt. Aber gerade den erfährt sie lange nicht. Er ist abwesend. Ihre jetzt veröffentlichten Briefe sprechen von dieser geistlichen Erfahrung. Mutter Teresa erlebt ihren Weg als „Trockenheit“, „Einsamkeit“, „Dunkelheit“, „Folter“ und „Hölle“. Es ist ein geistlicher Weg in die Entäußerung, in die Leere, in die Armut, in das Sterben. Dass dennoch über ihrem so erlebten Weg ein Licht aufgeht, das ist ihre Hoffnung. In dieser Hoffnung, die „sieht“, was da werden will, stirbt sie.
Wir Menschen dürfen unseren Lebensweg gehen. Dazu sind wir berufen. Oft ist es ein einsamer Weg. Oft gehen wir ihn allein. Oft ist es ein Weg ins Dunkel, in die Armut, in die Leere, in das Leiden, ans Kreuz. Werden wir ihn gehen, treu uns selbst und treu dem, der uns letztlich trägt und hält? Werden wir ihn gehen wie Mutter Teresa, getragen von der Dynamik des Weges Jesu, in der Hoffnung, dass sich auch unser Leben in das Leben Gottes hinein vollendet, in der Hoffnung, die „sieht“, was da werden soll?
P. Franz-Josef Janicki SVD
Bei der Feier der Ewigen Gelübde unserer Steyler Schwestern in Posadas (Argentinien) sagte einmal in seiner Predigt der Ortsbischof, der diese Gelübdefeier leitete: „… und dann begegnet dir eines Tages ein Mann mit einem Äußeren, das dich umwirft…“ Der Bischof, italienischer Abstammung, sagte dies mit sehr ausdrucksstarken Gesten – und mit seinen Händen natürlich.
Daran musste ich wieder denken bei diesem Thema. Was der Bischof den Schwestern sagte, gilt auch für uns und stimmt: Immer wieder begegnet man Menschen, die einen besonders anziehen und die ein Kribbeln in einem verursachen. Ist dann die größere Freiheit, die wir im Gelübde der Ehelosigkeit und Keuschheit gelobt haben, nicht mehr erfahrbar oder weg? Werden wir in einer solchen Situation nicht hin- und hergezogen – und kommen nicht gar Zweifel an der Richtigkeit der gefällten Entscheidung auf?
Ich glaube, es gehört wesentlich mit zu diesem Gelübde und seiner Wirklichkeit, dass wir immer wieder „auf die Probe“ gestellt werden; dass wir uns jeweils neu auf den einlassen müssen, demgegenüber wir die Gelübde abgelegt haben; dass so auch erst die Bandbreite und die Tiefe dieser Entscheidung und ihrer Folgen für uns und andere fruchtbar werden. Wenn es nur darum ginge, einen Vertrag zu erfüllen, dann wäre das zu wenig; dann ergäbe sich daraus kein Leben – und erst recht nicht die Fähigkeit, den anderen zu lieben.
Dieses nicht durch Ehe und Familie Gebunden-Sein hat zwar auch eine „verneinende“ Seite - ich binde mich halt nicht an einen Ehepartner und eine Familie – aber ich kann dies nur tun, wenn ich anstelle dessen einen anderen Partners, eine andere Familie wähle, nämlich Gott und eine Ordensgemeinschaft. Ihm und ihr gegenüber bin ich dann ebenfalls verantwortlich und gebunden – in Freiheit. Ich bin so getragen – und soll auch andere mittragen; ein beständiges Geben und Empfangen. Könnte es vielleicht sein, dass manche Krise, in die ich gerate, vielleicht dadurch bedingt ist, dass ich selbst nur nehmen oder empfangen möchte – ich „habe schließlich auf so vieles verzichtet und deshalb ein Recht auf dieses oder jenes…“? Es sollte uns betroffen machen, wenn Menschen aus einer Erfahrung mit Ordensleuten sagen, dass sie eigentlich liebesunfähig sind – aber dann vorgeben, Gott zu lieben….!
Auch für die Berufung zur Freiheit in Ehelosigkeit und Keuschheit gilt es zu kämpfen, sich einzusetzen – und sich beschenken zu lassen. Erinnern wir uns an Jesu Wort bei Johannes 15,16: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt. Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet.“
P. Heinz Schneider SVD
Joh 15:16
"Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt" (Joh 15,16).
Martin Luther King
Wenn Du dazu berufen bist, Straßen zu kehren,dann kehre sie wie Michelangelo Bilder malte oder Beethoven Musik komponierte oder Shakespeare dichtete. Kehre die Straße so gut, dass alle im Himmel und auf Erden sagen: "Hier lebte ein großartiger Straßenkehrer, der seinen Job gut gemacht hat!"
Johannes Paul II.
Die Liebe ist die einzige Berufung des Menschen.
Martin Buber
Wenn wir uns auf Begegnungen nicht mehr einlassen, verlieren wir einen entscheidenden Bestandteil unseres Lebens. Es ist so, als würden wir aufhören zu atmen.
Alfred Delp
Die Geburtsstunde der menschlichen Freiheit ist die Stunde der Begegnung mit Gott.
Antony De Mello
Einem Menschen, der ständig wiederholte, wir müssten Gott in unser Leben aufnehmen, sagte Der Meister: Er ist schon da. Für uns geht es darum, das zu erkennen.
Charles de Foucauld
Ich weiß nicht, wozu Gott Sie besonders ruft, aber Ich weiß sehr gut, wozu er alle Christen aufruft, Männer und Frauen, Priester und Laien, Ledige und Verheiratete: Apostel zu sein, Apostel durch das Beispiel, durch Güte, durch wohltuende Begegnung, durch herzliche Zuneigung, die Gegenliebe weckt und zu Gott führt, stets Apostel, der „allen alles sein will, um alle zu Jesus zu führen“.
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!
Sehen und gesehen werden – von beidem sprechen die Schrifttexte zum heutigen Fest. Daniel sieht – eine nächtliche Vision: der Thron, die ewig unvergängliche Herrschaft. Daniel sieht Großes, Außerordentliches, nicht alltäglich, was Daniel da sieht.
Nathanael hingegen wird gesehen – kein großartiges Ereignis im Vergleich zu Daniel, hier ist es vielmehr alltägliche Begegnung – unterm Feigenbaum hat Jesus den Nathanael schon längere Zeit beobachtet. Vermutlich waren sie dort versammelt, Jesus mit den Frauen und Männern, um im Gesetz zu lesen, um den Worten Jesu zu lauschen. Dort ist Nathanael diesem Jesus aufgefallen. Dort, wo Nathanael Gott sucht, wird er gefunden. Nathanael wird gesehen.
Sehen und gesehen werden – liebe Schwestern und liebe Brüder, beides ist wichtig und das eine bewirkt oft das andere.
„Bevor dich Philippus rief, habe ich dich gesehen…“ – das Gesehen werden geht dem Gerufen werden voraus. Vielleicht hat Philippus diesen Nathanael erst deshalb rufen können, weil ihn Jesus schon längst gesehen hat. Die eigentliche Berufung des Nathanael war also gar nicht so sehr durch die Worte des Philippus. Die eigentliche Berufung ist schon vorher passiert, stumm, durch Blicke und ohne großes Aufsehen. Jesus hatte ein Auge auf diesen jungen Israeliten. Er hat ihn entdeckt, durchschaut, er hat den Mann ohne Falschheit erkannt und lieb gewonnen. Eine schöne Berufungserzählung.
Das Gesehen werden geht dem Gerufen werden voraus. Ich meine, dieser Gedanke ist wert, ihn auch im Kontext unseres Lebens und unserer Berufungsgeschichten anzuschauen. Besonders heute ist ein passender Tag, das zu tun. Wenn ihr, liebe Mitbrüder, heute eure Ordensgelübde feiert, zeitlich, ewig oder als Jubilare, dann ist so ein Tag eine gute Gelegenheit, uns an den Philippus im eigenen Leben zu erinnern. Wer war es, der mich damals rief. Wer war es, der mich mit der Möglichkeit eines Ordenslebens konfrontiert hat. Und nicht immer war es ein ER: Bei unseren Kandidaten für die ewigen Gelübde waren es durchwegs Frauen: Den Severin haben Mutter und Vater auf die Steyler aufmerksam gemacht, Berufung durch die Eltern – schön, wo es so etwas noch gibt. Edwin und Puplius wurden jeweils von Steyler Missionsschwestern motiviert – sie waren eure Lehrerinnen. Berufung durch Frauen. Vielleicht sollten wir unsere Berufungspastoral den Frauen überlassen – nur so ein Gedanke nebenbei.
Von unterschiedlichen Menschen wurdet ihr in unterschiedlichen Situationen gerufen. Da dürfen wir jetzt auch diese Worte Jesu in eurem Lebenskontext hören wenn er sagt: „Noch ehe Philippus dich rief – noch ehe diese Menschen dich angesprochen haben – habe ich dich gesehen“. Du: Puplius, Edwin, und Severin – du bist Jesus schon vorher aufgefallen. Er hatte dich schon länger im Auge. „Er hat ein Auge auf dich geworfen“ – übrigens eine Redewendung, die wir dann verwenden, wenn Menschen sich verlieben. „Ein Auge auf jemanden werfen“. Ich meine, sie passt auch hier, diese Redewendung. Jesus hat ein Auge auf euch geworfen. Ihr habt seinen Blick aufgefangen und antwortet diesem Blick mit der Lebensentscheidung, für immer in seiner Nachfolge zu leben: Als Missionare der Gesellschaft des Göttlichen Wortes.
Und was für die Drei gilt, das gilt auch für euch liebe Mitbrüder: Frederik, Norbert, Toni, Leopold, Gerd, Johann, und Ludwig. Auch für euch soll dieser Tag ein schöner Anlass sein euch an den Philippus eures Lebens zu erinnern und heute in besonderer Weise zu spüren, wie dieser Blick Jesu auf euch nicht nur ein einmaliger Blick des Anfanges war. Er hat seinen Blick nicht mehr abgewendet, das könnt ihr hoffentlich über die vielen Jahre hinweg bezeugen.
Berufung geschieht nicht erst dort, wo uns jemand anspricht. Sie ist längst zuvor passiert, wo wir IHM aufgefallen sind. „Noch ehe Philippus dich rief, habe ich dich gesehen“. Das war das Wichtigste. Und es ging all dem voraus, was dann gekommen ist.
„Sehen und gesehen werden“! Die Heilige Schrift ist voll von diesen Ereignis-sen – und oft entstehen daraus die Wundererzählungen.
Liebe Gottesdienstgemeinde!
Als Christinnen und Christen haben wir alle eine gemeinsame Berufung: Weil wir uns von Gott angeschaut und beachtet wissen, deshalb teilen wir seinen Blick und schauen selber auch liebevoll auf diese Welt, auf die Menschen in ihr, auf die Schöpfung in ihrer Schönheit. Wir schauen verantwortungsvoll auf das, was uns anvertraut ist.
Und wenn wir so schauen, dann gilt auch uns wiederum eine Verheißung des heutigen Evangeliums: Wenn wir so schauen, dann werden auch wir „Größeres sehen“. Nicht erst dann im Himmel. Nicht erst dort werden wir die Engel auf und nieder steigen sehen. Wenn wir heute schon mit den liebevollen Augen Gottes auf die Menschen und auf unsere Welt schauen, dann werden heute schon immer mehr gute Geister aufstehen, engelsgleich, gute Kräfte wirken und ein Stück Himmel auf Erden spürbar werden.
Heute schon – durch uns!
Dass uns dies gelingt, das wünsche ich uns allen, weil wir alle dazu berufen sind. Ich wünsche uns allen, dass wir den liebevollen Blick Jesu auf uns immer spüren dürfen, damit auch wir liebevoll auf jene Menschen schauen können, die uns im Alltag begegnen. Wenn wir so schauen, dann werden wir Größeres sehen.
Herr,
ich bin unterwegs
- mit anderen
ich möchte sie mitgehen lassen
- aber ich habe selber Probleme, Fragen, Sorgen
und weiß oft nicht,
wie mein Weg weitergeht ich möchte sie mit leben lassen
- ab er ich fühle mich überfordert
ich möchte die Fragen anderer hören
- und höre oft nur die meinen
ich möchte anderen Mut, Hoffnung machen
- und spüre selber die Angst in mir
ich möchte andere nicht abhängen und stehen lassen
- aber ich schleppe mich selbst dahin,
ich möchte anderen sagen,
dass Du der Weg und das Leben bist
- und ich kann es selber nur ahnen
ich möchte...
ich möchte...
Und trotzdem Herr, möchte ich den Weg wagen,
der zu den Menschen geht.
Es wird ein Weg mit Rückschlägen, Enttäuschungen und Umwegen sein,
aber auch ein Weg der Freude und neuer Erfahrungen.
Ich möchte den „Weg“ zu den Menschen gehen,
weil sich dadurch für andere vielleicht eine Welt ändern kann.
Ich möchte den Weg gehen,
weil DU den Weg zu uns Menschen gegangen ist,
weil DU einer von uns geworden bist,
weil wir dadurch wissen, dass der Weg sinn-voll ist und ein Ziel hat,
weil wir auf dem Weg vielleicht auch Dir begegnen.
Klara Wagner
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