Es war - alles in allem - eine gute Zeit

Deutschland

23. Mai 2023

Pater Martin Üffing SVD hat die deutsche Provinz der Steyler Missionare zwei Amtszeiten lang geleitet. Am 1. Mai übergab er den Staffelstab an seinen Nachfolger im Amt, Pater Peter Claver Narh SVD.

Es war - alles in allem - eine gute Zeit

Wie haben Sie die Zeit als Provinzial erlebt und was planen Sie für die Zukunft?
Ich muss sagen, diese 7 Jahre sind überraschend schnell vergangen. Es gab so einige wichtige Momente, manche Themen, die bereichernd, andere, die auch anstrengend waren und mir manchmal den Schlaf geraubt haben, aber insgesamt ist die Zeit sehr schnell vergangen. Es war für mich - alles in allem - eine gute Zeit.

Welche entscheidenden Ereignisse bleiben Ihnen besonders im Gedächtnis?
Die erste große Herausforderung war die Abwicklung der Hochschule. Die Entscheidungen waren ja von der vorherigen Provinzleitung bzw. in deren Amtszeit getroffen worden, nun lag es an uns zu sehen, wie das Ganze laufen könnte. Und natürlich ist die Ansprechperson für Lösungen in schwierigen Situationen erst einmal der Provinzial. Das war eine schwierige und auch sehr belastende Zeit. Einmal das Verhältnis zum Lehrkörper und zur Leitung der Hochschule, in der schon keine Steyler mehr tätig waren und danach der ganze Prozess der Übergabe an das Erzbistum Köln, das war eine große Herausforderung. Es war emotional aufgeladen, es ging um Termine und hat viel Stress bereitet. Es kamen verschiedene Dinge in meiner ersten Amtszeit zusammen. Eine wesentliche Erfahrung war die gute Unterstützung auch durch das Generalat. In dieser Zeit war es eine Hilfe zu wissen, die lassen dich nicht im Regen stehen, die lassen dich nicht allein.

Vorlesungen
Weihnachtsfeier mit den Studenten

Und wie ist die Zusammenarbeit mit dem Generalat im Allgemeinen, eher formell?
Es geht meistens um Kommunikation und Information. Aber bei der Visitation, die zu Beginn der zweiten Amtszeit stattfand, ging es dann schon um mehr als Formelles. Es geht immer wieder um die Lage und um Rückmeldungen zum Zustand der Provinz. Auch die Einbindung in die weltweite Struktur der SVD spielt eine Rolle und das ist mir ein sehr wichtiges Anliegen; die SVD ist nicht Deutschland und man muss über den Tellerrand hinausschauen. Man hört ja immer wieder, so auch zu Beginn meiner Amtszeit, diese Klagegesänge, dass alles zu Ende gehe und nichts mehr laufe. Aber ich kann da nicht einstimmen und stimme dem auch nicht zu. Das ist einfach nicht die Wirklichkeit. Est stimmt ja nicht, dass wir keine Leute mehr hätten. Wenn man in den Foto-Catalogus der deutschen Provinz, die Liste der Mitbrüder, schaut, stellt man fest, dass wir über hundert Mitbrüder unter 75 Jahren sind. Die Zusammensetzung hat sich halt durch unsere Internationalität stark geändert. Und das empfinde ich als Zeichen des Erfolgs. Auch wenn man als Ordensmensch vielleicht nicht in diesen Kategorien denken oder sprechen soll, ist es ein Zeichen des Erfolgs der SVD in der Vergangenheit. Wir können heute etwas aufbauen auf den Schultern derer, die vor uns waren und das empfinde ich als sehr positiv. Wenn die Steyler heute in vielen Ländern Asiens sehr lebendig sind, in Indonesien, auf den Philippinen, in Indien, auch in Vietnam und so weiter, ist das eine tolle Sache und auch ein Erfolg, der in der Vergangenheit begründet ist. Auch Afrika ist stark im Kommen und alle bringen so das Eigene mit ein. Ein bisschen davon dürfen wir auch hier immer wieder erleben, dadurch, dass Mitbrüder aus verschiedenen Teilen der Welt hier sind.

Was haben Sie im Rückblick persönlich als Herausforderung empfunden?
Vieles, es gab viele Herausforderungen. Eine davon war sicher die Kommunikation. Nach der Übergabe der Hochschule kam in der zweiten Amtszeit die Corona-Pandemie. Corona hat halt vieles beeinflusst und dazu geführt, dass vieles nicht gut gelaufen ist in dieser Zeit. Damit meine ich, dass viele persönliche Treffen nicht stattfinden konnten. Man konnte nicht reisen und vieles war wirklich sehr eingeschränkt. Dabei ist es so wichtig, miteinander im Gespräch zu bleiben. Man hat sich zurückgezogen auf das Haus, auf die Kommunität und es war immer die Sorge da, andere oder sich selbst anzustecken. Besonders auf die Älteren in den verschiedenen Häusern wollte man ja Rücksicht nehmen. Diese Phase erstreckte sich über fast drei Jahre meiner zweiten Amtszeit. Das hat unseren Umgang miteinander wirklich stark beeinträchtigt.

Ein großes Thema, das immer wieder viel Zeit gekostet hat, ist der ganze Missbrauchsbereich. Die Arbeit der Kommission geht weiter. Das ganze Thema ist eine Belastung, aber ich halte es auch für wichtig, dass Mitbrüder informiert werden. Keiner hört das gerne, ich auch nicht, aber es sind halt Tatsachen und man kann die Probleme nicht lösen, indem man darüber stillschweigt oder sie klein macht. Man muss es auch nicht übertreiben, aber zumindest sollte diese Realität des Missbrauchs im Bewusstsein bleiben. Das Thema wird in der Gemeinschaft zwar wahrgenommen, aber man setzt sich nicht so recht damit auseinander. Wenn man es in den Nachrichten hört, ärgert man sich vielleicht, nach dem Motto: alle Nachrichten sind gegen die Kirche. So ganz stimmt das ja nicht, obwohl die Tendenzen vielleicht negativ sind. Aber eine wirkliche Auseinandersetzung damit ist schwierig, man will das Thema doch eher wegschieben.

Wenn Sie jetzt nach vorne schauen, haben Sie vor, sich wieder mehr in Ihrem Fachgebiet, der Missionswissenschaft, zu engagieren? Wie ist Ihre Planung?
Realistisch betrachtet, nähere ich mich dem Ruhestandsalter. Wenn ich Beamter wäre, würde ich mit meinen 60 Jahren wohl schon in Rente gehen. Aber daran denke ich nicht ernsthaft. Zunächst suche ich nach etwas Zeit für mich – meine Gesundheit braucht Aufmerksamkeit und auch etwas Erholung steht auf meiner Agenda. Ich hoffe, dass ich da ein paar Fortschritte machen kann… Ja, und dann werde ich versuchen, mich ein wenig in die Missionswissenschaft einzubringen. Es gibt ständig neue Entwicklungen, und Fragen nach Kirche, Ordensleben und Mission in verschiedenen Teilen der Welt, besonders auch in Europa, haben mich schon früher beschäftigt. Auf dem Gebiet hat sich einiges getan und geändert – sowohl theoretisch als auch praktisch. Ich finde es spannend, mich wieder etwas einzuarbeiten…

Daneben habe ich weiter Vorlesungen an der Hochschule in Köln. Auch das scheint mir ein spannender Job zu sein… Mal sehen, was sich ergibt. Außerdem wäre ein richtiger Urlaub schön – am Meer, mit viel frischer Luft, oder so…

Einweihung
Provinztag in Sankt Augustin

Urlaub ist also etwas, worauf Sie sich jetzt freuen?
Ja, ich weiß zwar noch nicht, wie und wo, aber es gibt noch viele spannende Orte in der Welt, die ich nicht kenne. Einfach mal weg…

Wo sehen Sie die SVD in 10 Jahren, wenn Sie eine Prognose wagen würden?
Ich bin optimistisch und sehr froh über meinen Nachfolger, denn ich habe den Eindruck, dass Pater Peter Narh jemand ist, der die SVD weiterbringen kann, der sie voranbringen wird. Ich glaube, dass wir uns schon auf einen guten Weg begeben haben. Aber es wird sich noch vieles ändern. Für die noch verbleibenden großen Häuser gilt es Konzepte bzw. Pläne im Rahmen unserer Mission zu entwickeln. Die Zusammenarbeit mit Freundes- und Partnerkreisen wird weiter- und tiefergehen. Unsere Arbeit in Pfarreien und in der Pastoral muss kritisch überprüft werden und eventuell neue Arbeitsgebiete sind zu erschließen. Das Leben in interkulturellen Teams wird uns immer besser gelingen. Vielleicht können wir so etwas zu Gottes Mission in unserer Zeit beitragen.

Sie ziehen also eine positive Bilanz und blicken zuversichtlich nach vorne. Werden Sie als Berater weiterhin zur Verfügung stehen?
Ja, ich blicke optimistisch in die Zukunft – trotz oder vielleicht auch wegen aller bevorstehenden Veränderungen. Beim Rückblick kommt mir natürlich beides in den Sinn – Licht und Schatten. Aber die Zeit war spannend, bereichernd und hin und wieder auch anstrengend. Leider war es sicher nicht möglich allen und allem gerecht zu werden. Das tut mir leid, aber wir sind begrenzt und tun auch unsere Arbeit als begrenzte Menschen. Bei Fragen und wenn immer nötig stehe ich natürlich gerne zur Verfügung, ansonsten mache ich mich erneut auf die Suche nach Wegen, hier und heute an Gottes Mission teilzunehmen.

Vielen Dank für das Gespräch, Pater Üffing und viel Glück für alles, was da noch kommen mag.

Renate Breuer

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