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Deutschland

21. Mär 2023

Die älteste Förderin, Irmgard (91 Jahre) und der jüngste Förderer, Jan (18 Jahre), ihr Nachfolger, im Gespräch mit Pater Vaclav Mucha SVD.

Pater Mucha: Ich freue mich, hier mit zwei Unterstützern aus verschiedenen Generationen über ihre Motivation sprechen zu dürfen. Wie haben Sie beide die Steyler Missionare kennengelernt?
Irmgard: Über die Frauengemeinschaft. Ich bin für eine Förderin eingesprungen und dabei geblieben. Bei einem Ausflug nach Steyl habe ich die Steyler näher kennengelernt. Ich war schon als Kind sehr religiös, aber auch offen. Mehr Motivation brauchte es eigentlich nicht. Außerdem habe ich die Hefte immer mit Freuden gelesen.
Jan: Im Pfarrbüro habe ich erfahren, dass ein Nachfolger für Irmgard gesucht wird. Ich trage bereits die Kirchenzeitung aus und dachte mir, ein kleines Ehrenamt schadet nicht und ich möchte meinen Beitrag leisten. Als Messdiener finde ich es schade, dass bei vielen jungen Leuten Glaube und Kirche langsam aus dem Leben verschwinden.

Pater Mucha: Vor der Umbenennung der „stadtgottes“ in „Leben jetzt“ haben wir lange überlegt und sogar ein Experiment mit verschiedenen Hefttiteln bei gleichem Inhalt gemacht. Der alte Titel hatte die geringste Akzeptanz. Welche Erfahrungen haben Sie mit den Abonnenten bei der Umbenennung der „stadtgottes“ in „Leben jetzt“ gemacht?
Irmgard: Mich hat der Name nicht gestört, aber „Leben jetzt“ hat Anklang gefunden.
Jan: Ich denke, die Institution Kirche ist sehr alt und konservativ. Mit Neuerungen, wie so einem neuen Namen, kann man junge Leute dann doch noch eher ansprechen.

Pater Mucha: Sie tragen die Zeitschrift aus und kassieren den Beitrag. Wie sind Ihre Erfahrungen dabei?
Irmgard: Ich hatte die Befürchtung, dass Abonnenten abspringen, wenn ich nach 60 Jahren aufhöre. Schließlich kannte man sich von Jugend an. Vielleicht hätte ich Jan besser einführen können, aber er hat es gut gemeistert.
Jan: Manche Leute waren überrascht, ein junges Gesicht als Förderer zu sehen. Aber Probleme gab es nicht.

Pater Mucha: Für mich persönlich sind Sie auch Missionare. Was uns alle verbindet, ist die Taufe. Spüren Sie die Krise der Kirche, zum Beispiel beim Austragen der Zeitschrift?
Irmgard: Nein, gar nicht. Hier im Ort sind die Menschen noch sehr religiös. Und ich bin sehr aktiv, habe das Rosenkranzgebet in der Gemeinde eingeführt und das Tischgebet in der Altenstube, in der ich tätig bin.
Jan: In der Schule wird man schon häufiger konfrontiert. Damit, dass die Kirche doch recht alt und konservativ ist in unserer globalisierten Welt. Vor allem in der Jugend und in den reichen Ländern spielt der Glaube kaum noch eine Rolle. Das finde ich recht schade, aber die Kirche hat das zum großen Teil selbst verschuldet und um zu überleben müsste sie Reformen machen, einiges verändern und moderner werden. Es gibt schon gute Anfänge, aber ich finde, das reicht noch nicht. Bestimmt würden viele Leute das unterstützen und mitgestalten wollen.

Pater Mucha: Förderer nennen wir Steyler die Menschen, die den Orden durch Austragen der Zeitschrift im deutschsprachigen Raum unterstützen. Sie sind Teil einer großen Gemeinschaft von 16.000 Gleichgesinnten sozusagen und gehören dazu. Wir sind Ihnen sehr dankbar und laden unsere Förderer regelmäßig zu Treffen und Veranstaltungen ein.
Irmgard: Dafür bin ich dankbar. Aber zur Kirchenkrise möchte ich noch sagen: die Gebote Gottes dürfen nicht angetastet werden, wie die Unauflöslichkeit der Ehe. Der Papst sollte fest bleiben. So sind wir erzogen worden und haben das ein Leben lang geglaubt. Ich höre heute aber auch viele Fragen: Wie kann es sein, dass katholische Priester Kinder missbrauchen, oder dass Putin als Christ Bomben auf Christen wirft?

Pater Mucha: Für mich ist die Lösung der Respekt. Respekt vor den Menschen, auch wenn sie eine andere Lebensauffassung haben, die mir nicht gefällt. Man muss respektvoll über die Dinge reden, damit es nicht zu Gewalt kommt. Ich muss zunächst mal Missionar werden für mich selber, mich bekehren und eine friedvolle Lösung für mich selber finden. Dann kann ich das auch vermitteln. Was würdest Du dir für die Zukunft wünschen, Jan?
Jan: Ich denke, die Annäherung muss von beiden Seiten ausgehen, sowohl von der Kirche, als auch von der Jugend aus. Man muss ohne Vorurteile und vielleicht auch mit einer wandelbaren Meinung aufeinander zugehen und ins Gespräch kommen. Viele Jugendliche identifizieren sich nicht mehr mit der Institution und treten aus, sobald sie 18 werden. Für sie steht Kirche für Skandale und für Werte, die sie nicht mehr vertreten. Es ist eine andere Generation. Ich würde mir wünschen, dass die Jugend sich nicht distanziert, sondern bleibt und versucht, Wandel hervorzurufen. Und die älteren Leute mit ihrer gefestigten Meinung, sollten mit der Jugend ins Gespräch kommen. Respektvoll, wie schon gesagt. Man sollte einen Mittelweg finden, eine Lösung, mit der alle zufrieden sind, damit der Glaube in der Jugend wieder lebendiger wird.
Irmgard: Ja, das ist das Vorrecht der Jugend, moderner zu werden. Ihr müsst euer Leben leben, die Welt ist jetzt euer. Das macht jede Generation so. Vielleicht haben wir nicht genug für die Glaubensvermittlung getan?
Jan: Ich glaube, die Generation meiner Eltern war konfrontiert mit der sich schnell wandelnden Welt, mit einer Zerrissenheit. Vielleicht hat ein starker innerer Konflikt häufig dazu geführt, dass man mit diesen alten Werten der Kirche immer weniger Menschen erreicht. Meine Generation lebt, finde ich, schon wirklich neue Werte. Vielleicht kann man es die Werte der globalisierten Welt nennen. Ich sehe aber auch die Chance, die im Austausch zwischen den Generationen liegt, dass man viel voneinander lernen kann.
Irmgard: Als älterer Mensch ist man schneller entmutigt, man will die Jugend ja auch nicht bremsen. Die Jugend soll ihren Weg gehen, sie soll ja auch ihre Erfahrungen machen. Wir können sie dabei begleiten. Im Gebet zum Beispiel.

Pater Mucha: Mit gutem Willen und mit Respekt auf allen Seiten. Ich danke Ihnen beiden für diesen interessanten Austausch.

Pater Václav Mucha SVD

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