Verwurzelt in der „missionarischen Sinologie“

Deutschland

06. Dez 2022

In diesem Jahr gedenkt das Institut Monumenta Serica (IMS) seines fünfzigjährigen Jubiläums am Standort Sankt Augustin. Es ist eine gute Gelegenheit, in die Geschichte des Instituts zu schauen.

Verwurzelt in der „missionarischen Sinologie“

Die an Veränderungen reiche Geschichte unseres Institutes lässt sich nach seinen unterschiedlichen Aufenthaltsorten in vier Perioden unterteilen: Die „chinesische Periode“ in Peking von 1935 bis 1948, die „japanische Periode“ in Tokyo und Nagoya von 1949 bis 1962, die „amerikanische Periode“ in Los Angeles von 1963 bis 1971 und schließlich die „deutsche Periode“ in Sankt Augustin seit 1972. Der Entschluss für den Umzug des IMS nach Deutschland war bereits am 10. August 1971 durch das Generalat der SVD in Rom erfolgt, der Umzug selbst wurde dann ein Jahr später vollzogen. Einer der Gründe für diesen Umzug war offenbar die Idee der damaligen Norddeutschen Provinz, in Sankt Augustin ein akademisches und intellektuelles Zentrum der Missionare der Gesellschaft des Göttlichen Wortes zu errichten.

Zum Zeitpunkt des Umzugs des IMS gab es hier bereits die Philosophisch-Theologische Hochschule (1925 bis Februar 2020), das Steyler Missionswissenschaftliche Institut (gegründet 1962) und das Anthropos-Institut (gegründet 1931 und 1962 nach Sankt Augustin verlegt). Mit dem Umzug des IMS wurde das akademische Apostolat der Gesellschaft des Göttlichen Wortes auf dem Campus um die chinawissenschaftliche Dimension erweitert.

Aus Anlass des fünfzigjährigen Jubiläums des IMS in Sankt Augustin haben wir vom 12. bis 14. Juli 2022 im Institut Interviews mit zwei Zeitzeugen geführt – dem früheren Chefredakteur P. Wilhelm K. Müller (1983-1987) und der langjährigen früheren Mitarbeiterin Haruko Kuijlaars. Das Interviews ist auf der Website des Instituts zu sehen oder auf dieser Seite unten.

Der lateinische Name Monumenta Serica bedeutet auf Deutsch „Chinesische Denkwürdigkeiten“ oder „Chinesische Monumente“. Unsere wissenschaftliche Beschäftigung mit der chinesischen Kultur ist ein Ausdruck des Respekts der Steyler Missionare gegenüber ihrem ersten Missionsland. Man könnte auch sagen, China war die erste missionarische Liebe der Steyler Missionare. Vier Jahre nach der Gründung der Gesellschaft im Jahre 1875 sind die beiden ersten Steyler China-Missionare, Josef Freinademetz (1852–1908) und Johann Baptist von Anzer (1851–1903), nach Hongkong ausgereist und 1881 nach Süd-Shandong gelangt. Der Gründer unserer Zeitschrift Monumenta Serica, Franz-Xaver Biallas (1878–1936), der erste akademisch ausgebildete Sinologe der Steyler (er hatte 1918 in Leipzig den Doktortitel in Sinologie erlangt), hat einmal gesagt: „Je mehr ich China studiere, desto mehr liebe ich es“! Dies ist der Geist unserer publizistischen Arbeit im IMS. Zu unseren Aufgaben gehört neben der Herausgabe der Zeitschrift Monumenta Serica – Journal of Oriental Studies auch die Publikation von zwei Buchreihen, der Monumenta Serica Monograph Series und der Collectanea Serica. Außerdem vertiefen wir den akademischen Austausch zwischen westlichen und chinesischen Wissenschaftlern durch die Organisation von Vorträgen und Konferenzen. Unsere große Fachbibliothek steht Sinologen und interessierten Laien zu Forschungsaufenthalten offen.

Pater Wesolowski in der Bibliothek
Die Bibliothek des Instituts

Am 1. August 2002 gründeten die Katholische Fu Jen Universität in Taipei, Taiwan, und das Institut Monumenta Serica gemeinsam an der Fakultät für Fremdsprachen und Literatur der Universität das Sinologische Forschungszentrum Monumenta Serica (Monumenta Serica Sinological Research Center, MSSRC), das seit 2007 der Abteilung „Academia Catholica“ angehört. Die Einrichtung des MSSRC hat eine historische Bedeutung und markiert erneut eine enge Beziehung zwischen dem IMS, das von der Gesellschaft des Göttlichen Wortes getragen wird, und der Katholischen Fu Jen Universität, die 1925 in Peking begründet und 1933 bis 1951 von den Steyler Missionaren geleitet wurde. Nach ihrer Aufhebung 1952 wurde die Fu Jen Universität 1961 in Taipei wieder ins Leben gerufen. Das MSSRC dient ebenfalls dem akademischen Austausch zwischen Ost und West, indem es Vorträge und Konferenzen veranstaltet und eine eigene Buchreihe herausgibt. Mit dem MSSRC haben wir schon mehrmals gemeinsame Konferenzen abgehalten, z.B. 2019 in Siegburg. Ich selbst habe das MSSRC seit seiner Gründung bis 2012 geleitet und mich dafür eingesetzt, dass es sich in Taiwan als internationale Plattform für den sinologischen Austausch etablieren konnte.

Mit unserer Arbeit im IMS sehen wir uns durchaus in der großen Tradition der „missionarischen Sinologie“, die die europäischen Jesuiten Ende des 16. Jahrhunderts in China begründet haben, und bemühen uns, die Kenntnis über China weiter zu vermitteln und zu vertiefen. Getragen wird diese Arbeit seit jeher von den Menschen, die dieses Institut mit ihren Fähigkeiten unterstützen. Das heutige Team des IMS setzt sich aus sechs Personen zusammen: drei Steyler Missionare – außer mir sind es Pater Jozef Bištuť SVD (technischer Support), Pater Dr. Anthony Hu Baozhu SVD (Redaktion) sowie die Mitarbeiter Dr. Barbara Hoster und Dr. Dirk Kuhlmann (Redaktion) und Alek Stypa (Verwaltung und Bibliothek).

Text: Pater Zbigniew Wesołowski SVD
Fotos: Pater Václav Mucha SVD

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