Deutschland
24. Okt 2022
Jeder Ordensgemeinschaft gestaltet das eigene Ordensleben nach bestimmten Regeln. Wie die Regeln für das Leben und die Sendung der Steyler Missionare aussehen, erklärt der amtierende Provinzial Pater Prof. Dr. Martin Üffing SVD.
Die Gesellschaft des Göttlichen Wortes, SVD (Steyler Missionare) ist – kirchenrechtlich – eine klerikale Ordensgemeinschaft päpstlichen Rechts mit eigenen Konstitutionen, also einer eigenen Regel, die das Leben und die Sendung der Gesellschaft regelt. Die Gemeinschaft ist relativ hierarchisch aufgebaut, und in den Konstitutionen wird auch der Leitungsdienst auf den verschiedenen Ebenen geregelt. Es heißt dort: „Die Oberen leiten in Verantwortung vor Gott und der Gesellschaft die ihnen Anvertrauten.“ (611)
Diese Ebenen sind: Generalat; Provinzen, Regionen oder Missionen; und dann Lokalgemeinschaften (Häuser oder Distrikte). Jeder Einheit stehen ein Oberer und sein Rat vor: Generalsuperior und Generalrat; Provinzial und Provinzialrat (bei kleineren Einheiten: Regional und Regionalrat bzw. Missionsoberer); Rektor und Hausrat (bei kleineren Häusern: Präses und Rat) bzw. Distriktoberer und Distriktrat.
Autorität und Führung im missionarischen Ordensleben beruhen auf dem Evangelium. Es geht um einen Dienst, der im Geiste des Evangeliums geleistet wird, um der Gesellschaft und ihren Mitgliedern zu helfen, ihr ursprüngliches Charisma im Sinn der Konstitutionen zu leben. Darum gilt: “Für die Autorität in unserer Gesellschaft sind Wort und Beispiel des Herrn maßgebend, der kam um zu dienen und nicht um sich bedienen zu lassen.” (Ko. 601, vgl. Mk 10,45). Jesus sagt, dass der Größte unter uns der ist, der zum “Diener” aller wird.
Die Konstitutionen sagen folgendes: Obere und ihre Räte werden von den Mitbrüdern in ewigen Gelübden gewählt oder sie werden ernannt… Soweit möglich stehen alle Ämter in der Gesellschaft allen Mitbrüdern in ewigen Gelübden offen. Niemand hat ein Anrecht auf irgendein Amt. Keiner soll aber auch ein Amt zurückweisen, wenn nicht ernste Gründe vorliegen. Man sorge dafür, dass Mitbrüder nicht zu lange ohne Unterbrechung in Oberenämtern bleiben. Es ist verboten, für sich selbst oder andere um Stimmen zu werben… Jedoch sind verantwortungsvolle Aussprachen vor den Wahlen nützlich und empfehlenswert. Obere sollen immer die Teamarbeit pflegen.
Um wichtige Entscheidungen zu treffen, sollen Informationen von sachkundigen Mitbrüdern und Experten eingeholt werden.
Die Aussprachen sind als offene Gruppendiskussion gedacht, zu der alle Mitglieder einer bestimmten Kommunität bzw. Provinz eingeladen sind. Verantwortungsbewusste Aussprache in Gruppen soll Treffen in privaten Cliquen oder Interessengruppen ausschließen. Wenn auch nicht jeder teilnehmen muss, so sollte doch eine an alle gerichtete öffentliche Einladung zur Teilnahme erfolgen.
Verantwortungsbewusste Aussprachen in Gruppen erfordern ein Gespür für Unterschiede in Temperament, Alter, Nationalität und Kultur, Achtung vor dem guten Namen und der Ehre eines jeden Mitbruders sowie das Vermeiden aller Zwietracht und negativen Kritik, die der brüderlichen Liebe schaden und unsere Gemeinschaft unter Mitbrüdern zerstören können (Ko. 303.6)
Alle Oberen werden gewählt: der Generalsuperior und der Generalrat vom Generalkapitel für eine Amtszeit von sechs Jahren. Der Provinzial und der Provinzialrat von den Mitgliedern der Provinz für eine Amtszeit von drei Jahren. Der Provinzial kann für eine zweite Amtszeit wiedergewählt werden. Nur in besonderen Ausnahmefällen ist eine dritte Amtszeit möglich. Der Lokalobere und der Lokalrat werden von den Mitgliedern der Lokalgemeinschaft für eine Amtszeit von drei Jahren gewählt. Auch für die Rektoren ist eine zweite Amtszeit möglich, eine dritte nur in Ausnahmefällen.
Wenn es darum geht, geeignete Kandidaten für das Obernamt zu suchen, kann eine unverbindliche Vorwahl hilfreich sein. Sie erlaubt es zum Beispiel dem Provinzoberen, auf diskrete Weise zu prüfen, ob bestimmte Kandidaten für die eine oder andere Gemeinschaft überhaupt verfügbar sind.
Prof. Dr. Martin Üffing SVD