Gespiegelte Welten

Deutschland

17. Jan 2022

Im Vortrag der AVK berichtet Frau Dr. Angela Schottenhammer über Gräber, Grabinschriften und Ahnenkult im alten China.

Es sind gespiegelte Welten: Wie es im Jenseits der Vorfahren und Ahnen ausschaut, das gibt dem Zusammenleben im Diesseits seine Gestalt. Und umgekehrt, von den Entwicklungen im Gesellschaftssystem des alten China wurden die Vorstellungen über das Leben der Ahnen und ihre Bedürfnisse geprägt. Um diese Verbindungen ging es im Vortrag von Prof. Dr. Angela Schottenhammer, von der Geschichtsabteilung der Universität Löwen (Belgien), im Rahmen der Reihe der Akademie Völker und Kulturen zu „Lebensangst/Todesangst“ am Freitag, den 14. Januar, um 19.30 Uhr. Der Vortrag fand pandemiebedingt im Internet statt.

Im ersten Teil ihres Vortrags beschäftigte sich Prof. Schottenhammer mit der Anpassung des Ahnenkults an die Strömungen der Zeit – angefangen vom 2. Jahrtausend vor Christus in China. Man dachte sich die Herrschaft auf Erden als Ausdruck einer übernatürlichen, himmlischen Ordnung. Die Ahnen erteilen die Rechtfertigung, die Herrschaft über die eigene Gruppe auszuüben. Daher musste man umgekehrt diese Ahnen entsprechend verehren. Diese Entwicklung entfaltete sich entsprechend dem Ausbau des Beamtentums im Herrschaftssystem. Andererseits wurden verschiedene religiöse oder soziale Auffassungen wie Konfuzianismus, Daoismus und Buddhismus in dieses System eingebaut und entsprechende Riten entwickelt.

Im zweiten Teil des Vortrags illustrierte Prof. Schottenhammer diese Entwicklungen mit Bildern und Darstellungen von Gräbern und Grabinschriften, vor allem aus den Herrscherkreisen: Die Gräber der Oberschicht wurden oft sehr aufwendig gestaltet. Es entwickelten sich Grabmalereien und Grabbeigaben. Das faszinierende Grab mit den Terrakottakriegern aus der Qin-Dynastie (3. Jahrhundert vor Christus) ist ein Beispiel, wie weit solche Gepflogenheiten ausgebaut werden konnten. Andere Gräber wurden mit Fresken und Wandmalereien ausgestattet, den Toten wurden Essen und Gebrauchsgegenstände mitgegeben, damit sich ihre Seelen in ihrer jenseitigen Welt zurechtfinden konnten und in der diesseitigen Welt keinen Schaden anrichten würden.

Das soziale Standes- und Berechtigungssystem der Herrscher führte auch dazu, dass den Toten Ausweise, Verträge und Ausrüstungen in die Gräber mitgegeben wurden, mit denen sie sich vor den anderen Ahnen schützen und dort ihre Berechtigungen auf einen angemessenen „Lebensstandard“ geltend machen konnten.

Die Beziehung zu den Ahnen und Toten ist vor allem auch von Angst vor Unheil geprägt, das von ihnen ausgehen kann. Daher soll über Tabus und Rituale sichergestellt werden, dass sie in ihrem Jenseits bleiben und im Diesseits möglichst wenig Schaden anrichten.

Pater Christian Tauchner SVD

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