Februar 2015
Wir beten zu Gott unserem Vater für Geschiedene und Verheiratete, die getrennt leben, dass sie in ihrer christlichen Gemeinde Entgegenkommen und Unterstützung erfahren.
„Sind Sie auch geschieden?“, fragte mich mein Nachbar. „Nein“. „Und, was machen Sie dann hier?“ „Ich höre nur zu, ich will lernen“, erwidere ich. „Scheiden lernen?“. „Nein, vom Leben lernen“.
Seit mehr als 20 Jahren läuft ein Pastoralprojekt in der Pfarrgemeinde „Notre Dame de la Rédemption“ in Bè-Klikame zu Lome in Togo. Da werden ein bis zweimal im Monat Geschiedene bzw. geschiedene Wiederverheiratete unverbindlich zu einem Austauschgespräch und einem gemütlichen Beisammensein eingeladen. Thematisiert werden grundsätzliche Fragen zu Partnerschaft, Ehe, Scheidung, Kindern, Erziehung. Also Erfahrungen, die die meisten Teilnehmer aus dem eigenen Leben kennen. Für viele sind solche Begegnungen eine willkommene Gelegenheit, ihre Betroffenheit ein wenig weiter zu verarbeiten und Kraft für den Alltag zu schöpfen. Damit will die Gemeinde offene Türen und Ohren für Menschen in Scheidungskrisen schenken, sie auffangen und die Kirchenräume zu einer Herberge gestalten. So bleibt die Kirche weiterhin für die Betroffenen eine Heimat.
Der Ortspfarrer lud mich einmal ein, um Fragen zu Scheidung aus biblischer Perspektive zu beantworten. Wie ein normaler Teilnehmer saß ich mitten in der Versammlung. Mein Nachbar schaute mich neugierig an und fragte: „Sind Sie auch schon geschieden?“, (offensichtlich sah ich zu jung aus für ein solches „Schicksal“).
Man mag es nicht glauben, dass in einem Land wie Togo, das ja noch an Werten wie Ehe, Familie etc. festhält, auch ein solches Phänomen von zunehmenden Scheidungen kennt. Rund fünfundsechzig Teilnehmer waren an diesem Abend zusammengekommen. Sie kennen sich untereinander und sind inzwischen wie eine Familie geworden.
Dass die katholische Kirche der Ehe als Sakrament eine sehr hohe Bedeutung beimisst und deswegen auch keine Ehescheidungen geschweige denn eine Wiederverheiratung anerkennt, wird ständig kontrovers diskutiert. Umso erstaunlicher ist der Aufruf des Heiligen Vaters in dieser Missionsgebetsmeinung, nämlich die Einladung zur Aufnahme und Hilfe für die Geschiedenen in den christlichen Gemeinden. Dies ist weniger als Lockerung der bisherigen geltenden kanonischen Regelung sondern vielmehr als ein Appell zum menschlichen und christlichen Umgang mit getauften Mitgliedern der Kirche zu begreifen. Denn neben der Frage der persönlichen sowie gemeinschaftlichen Auseinandersetzung mit diesen menschlichen Grunderfahrungen von Brüchen und Scheitern steht immer noch die Frage zur Debatte, ob und wie diesen betroffenen Söhnen und Töchtern Gottes eine Lebenshilfe aus der Gemeinschaft der Getauften angeboten werden kann.
Mit Papst Franziskus beten wir, dass immer mehr Gemeinden bereit seien, den von Scheidung Betroffenen kreative neue Möglichkeiten der Beheimatung in der Kirche zu eröffnen.