Missionsgebetsmeinung Juni 2011

Juni 2011

Dass der Heiligen Geist in unseren Gemeinden viele Menschen zur Mission beruft, die bereit sind, sich ganz der Verbreitung des Reiches Gottes zu weihen.

P. Herbert Becker SVD, Chile

Das Hauptanliegen dieser Missionsgebetsmeinung ist das Reich Gottes. Diese ersehnte und erhoffte, gegenwärtige und zukünftige Wirklichkeit steht grammatikalisch am Satzende, sozusagen als Höhepunkt unseres Betens und Handelns. Das Reich Gottes ist für den Glaubenden unübertreffbar und ihm dienen, im Wortlaut des Satzes, der Heilige Geist, unsere Gemeinden, viele Missionare.

Mit ihm sind wir im Herzen des Neuen Testamentes (NT). Jesus ist Mensch geworden, um die Gegenwart des Reiches Gottes den Menschen zuzusagen, von ihm Zeugnis zu geben, es vorzuleben und es möglich zu machen. Das Wort “Reich Gottes” ist das Kernwort der gesamten Heiligen Schriften des NT. Es hat seinen Ursprung im Lebens- und Gedankenhorizont Jesu. Man hat versucht, dieses an Königsreiche erinnernde Wort in unsere heutige Sprachwelt zu übersetzen. Papst Paul VI spricht von der “Zivilisation der Liebe”. Wir reden von einer neuen, besseren Welt, von einer menschenwürdigeren Zukunft, von einem von allen Menschen ersehnten Glück, von einer besseren Lebensqualität usw., wohlwissend, dass all dies ohne Gott nicht möglich ist, dass dieses “Reich” und der Glaube an es den menschlichen Einsatz beschwingt und potenziert.

Was das Kommen oder die Verbreitung des Reiches Gottes konkret bedeutet, darüber sollte sich jeder Gedanken machen und im Gebet vor Gott tragen. Jedenfalls erhoffen wir es für unser persönliches Handeln, vor allem im Kontakt mit den Menschen, für unsere Familien, Schulen, in Beruf und Arbeit, auch auf politischer und wirtschaftlicher Ebene. Wenn man sich mal richtig überlegt, was das bedeutet, bekommt unser Leben Richtung, eine gute Grundlage und Sinn. Wir können hier nicht die Tiefe und Weite dieses Lebensprogramms Jesu ausloten; darüber sind viele Bücher geschrieben worden. Nur noch eines sei erwähnt: Diese neue Welt- und Lebenswirklichkeit ist dynamisch, im Kommen und Gehen, im Wachsen und leider auch im Abnehmen, eben weil es von den Herzen der Menschen und den Lebensstrukturen der Gesellschaft abhängt. Wir verwirklichen es in Schritten, in täglichen Entscheidungen, in der Treue zum Guten, zu Gott, ohne den dieses Neue und Bessere stümperhaft bleibt.

Das geht nicht ohne den Geist Gottes, den Heiligen Geist. Um nicht auf halber Strecke zu bleiben oder die Flinte ins Korn zu werfen, brauchen wir Motivierung und Zunder von oben. Der Heilige Geist gibt unserer Kraft und Schwäche Kraft, auch die Entschlossenheit, mal anders zu sein, anders zu denken und anders zu handeln als Statistiken und Zeitmoden. Der Heilige Geist ist der Motor des Gottesreiches, sein erster Missionar, der Garant, um in der Verbreitung des Reiches Gottes nicht den guten Geist zu verlieren. Nur mit dem Geist des Herrn gibt es auf die Dauer guten Geist.

Wir beten, dass viele Menschen zur Mission, d.h. zum Aufbau einer besseren Welt berufen werden und dass sie sich “ganz” dieser Aufgabe weihen. (Ja, Sie lesen richtig: “weihen”.) Wenn wir lesen „sich ganz der Verbreitung des Reiches Gottes zu weihen”, kann man das in zweifacher Hinsicht verstehen. Erstens, zeitlich und beruflich „ganz”, d.h. dem Reiche Gottes viel Zeit widmen, sozusagen von Beruf Künder dieses Reiches zu sein, direkt und ausdrücklich für es leben und arbeiten, andere Beschäftigungen hintanstellen. Wir denken hier an “Berufsmissionare”, wie Priester, Ordensleute, Laienmissionare, Entwicklungshelfer usw.

Man kann aber auch „ganz” als ganzen, tiefen und dauernden Einsatz verstehen. Im Gegensatz zu einer halben und lauen Teilnahme. Dann wäre „ganz” keine Art von Spezialisation von einigen „Berufsmissionaren“ und „–missionarinnen”, sondern eine Haltung, eine Dimension von allen überzeugten Christen, denen das Kommen des Reiches Gottes ein Anliegen ist; und zwar kein oberflächliches, streckenweises, eben halbes Anliegen, sondern eine ernste, verbindliche, eben „ganze”, freiwillig angenommene Sorge. Das wären also Sie und ich. Jeder an Christus Glaubende sollte es in irgendeiner Form sein, mit ganzem, freudigem und überzeugtem Herzen, vor allem durch das Zeugnis des eigenen Lebens. Die bessere Welt, mit Gott bei und unter uns, wird nur Wirklichkeit werden, wenn sich Menschen dafür einsetzen; wenn sie ihr Leben, ihren Beruf, Familie und Arbeitswelt, Wirtschaft und Politik im Dienst einer menschenwürdigeren Welt leben.

Es wird erzählt, dass bei den Bombardierungen im Spanischen Bürgerkrieg eine bekannte Kirche, samt einem sehr alten und viel verehrten Kreuz, in Schutt und Asche unterging. Nach dem Krieg kam mit den Dorfbewohnern auch der Pfarrer des Dorfes zurück. Alle fragten nach dem beliebten Kreuz. Dann fing der Pfarrer an, in den Trümmern zu suchen. Er suchte nach jedem Splitter des Kreuzes. Endlich konnte er das Kreuz zusammenleimen. Es kam der Tag der feierlichen Eröffnung der Kirche. Alle Welt wollte das Kreuz sehen und verehren. Der Pfarrer hatte einen Vorhang vor das Kreuz gehängt, um die Spannung zu steigern. Es kam der Moment, den Vorhang wegzunehmen. Und da fehlte an der Jesusfigur am Kreuz ein Arm. Der Pfarrer hatte ihn nicht finden können. Aber, um die Botschaft gut an den Mann zu bringen, hatte der Geistliche an Stelle des fehlenden Armes eine Inschrift angebracht, die besagte: „Diesen Arm stellst du”.

Um zur Missionsgebetsmeinung zurückzukommen: Stelle ihn „ganz”; und nicht nur deinen Arm, sondern was du bist.

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