01. Feb 2007
Wir beten, dass Krankheiten und Epidemien in der ganzen Welt von den Regierungen gemeinsam bekämpft werden.
Internet und Fernsehen bringen es uns schneller und häufiger frei Haus ins gemütliche Wohnzimmer, als uns lieb ist: das Leid und das Elend so vieler Menschen weltweit. Kaum ist der erste Schock einer Flutkatastrophe, die meist auch eine Seuchengefahr mit sich bringt, aus den Schlagzeilen, kommen schon die nächsten Bilder über die Dürreperiode und die daraus resultierende Hungersnot auf die Titelseiten der Printmedien. Besonders traurige Realität: Sehr oft trifft es jene Menschen auf unserem Globus, die es ohnehin schwer haben in ihrem Leben. So verfügen mehr als 4/5 der in Entwicklungsländern lebenden Menschheit über weniger als 1/5 der weltweit erzeugten Nahrungsmittel und Dienstleistungen. Innerhalb dieser Länder verfügen 20 % der Bevölkerung über 70 % der Einkommen. 1,1 Mrd. Menschen sind obdachlos. 1,3 Mrd. haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, 2,3 Mrd. Menschen verfügen über keine sanitären Einrichtungen, etwa 1/3 der im ökonomisch aktiven Alter sind arbeitslos. 800 Mio. Menschen leiden unter Hunger. Dazu kommt eine weitere, aber kaum beachtete Tatsache: In der Dritten Welt werden viel mehr Menschen krank und sterben früher als in Industrieländern, weil entsprechende Medikamente fehlen. Trotzdem orientiert sich die Pharmaforschung hauptsächlich an den Krankheiten der Industrieländer, weil sich in der eigenen Heimat damit mehr Geld verdienen lässt.
Auch wenn Indien, Haiti oder Somalia Länder sind, die für uns weit weg liegen und zu denen wir kaum Bezug haben, so berühren uns dennoch die Bilder und Zahlen von Krankheit, Leid und Tod dieser Menschen, und die Frage bleibt, was wir tun können, um hier mehr Hilfe, Ausgleich und Gerechtigkeit zu schaffen. Helfen wollen wir, aber wie? Hilfe in großem Stil ist unabdingbar. Institutionen, wie etwa Rotes Kreuz, SOS-Kinderdörfer oder Amnesty International leisten oft Beachtliches in den Ländern des Südens. Auch Missionarische Gemeinschaften helfen, so gut sie können: Schon immer waren sie Pioniere im Bau von Schulen, Krankenhäusern, Kinderheimen. Bei schweren Katastrophen und großen Epidemien sind sie oft sogar noch vor dem Staat da, um zu helfen. Eine "Medical Missionary Sister" aus Brasilien drückte es einmal so aus, als ihr Orden eine neue Gemeinschaft am Stadtrand einer Großstadt aufbaute: "Als ich sah, dass die Leute krank waren mit Cholera, da wusste ich, dass wir richtig waren. Da, wo die Cholera ist, da gehören auch die Missionare hin..." Da, wo das Leid ist, die Trauer, der Schmerz, die Armut, die Ungerechtigkeit, die Ausbeutung und Unterdrückung, die Gewalt, die Krankheit, die Ausweglosigkeit, die Verzweiflung... kurz, dorthin, wo Menschen sich in einer Krise befinden, dorthin ist Kirche gesandt, dorthin ist ein jeder, der sich Christ nennt, gesandt, Heilung zu bringen.
Mit seiner Missionsgebetsmeinung für diesen Monat weist Papst Benedikt XVI. aber auch darauf hin, dass der Kampf gegen die Krankheiten und die großen Epidemien der Dritten Welt nicht allein und ausschließlich in der Verantwortung der großen Kirchen und der Nichtregierungsorganisationen liegt. Vielmehr kommt in der Bitte des Papstes eindeutig zum Ausdruck, dass auch die staatlichen Machthaber, also die Regierungen aller Länder selbst in diesen Kampf, der letztlich dem Frieden und der Gerechtigkeit in der Welt dient, einsteigen, beziehungsweise zu kämpfen nicht nachlassen sollen. In der Tat gibt es da nämlich Handlungsbedarf. Laut UN sollen alle Industriestaaten 0,7% des Bruttosozialproduktes leisten. Deutschland beispielsweise aber leistet gerade einmal nur 0,27%. So bleibt eben auch die Hilfe auf dem Gebiet der Krankheitsbekämpfung oft auf der Strecke. Ein Beispiel: In Deutschland erkranken jährlich nur noch rund 7500 Menschen an Tuberkulose, wenige sterben, weil die medizinische Versorgung gegeben ist. Im Gegensatz dazu trifft die Krankheit jährlich neun Millionen Menschen in der Dritten Welt und 1,8 Millionen Menschen sterben an ihr, die meisten wegen fehlender Behandlung. Ein weiterer Grund für dieses menschliche Elend: Es fehlt in den reichen Ländern oft die Bereitschaft, Forschung zu betreiben für Krankheiten, die die Armen betreffen. So wurden in den letzten 25 Jahren nur drei Tuberkulosemedikamente entwickelt, dagegen unzählig viele neue Mittel gegen Herz-Kreislauferkrankungen.
Neben dem, was die Kirchen weltweit bereits leisten im Kampf gegen Krankheit und Not, müssen auch die Regierungen dieser Welt - vor allem jene der reichen Länder - in die Pflicht genommen werden, ihren Beitrag zu leisten. Wir sind eingeladen, dafür in diesem Monat zu beten.
Norbert Cuypers SVD, Kommentar zur Missionsgebetsmeinung Februar 2007 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 1/2007, Steyler Verlag, Nettetal