Palmsonntag (A)

Predigtimpuls

Gott fordert uns heraus.

Evangelium: Mt 21,1-11
1. Lesung: Jes 50,4—7
2. Lesung: Phil 2,6-11
Passion: Mt 26,14–27,66

Im Evangelientext zur Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem hörten wir: „Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie und er setzte sich darauf… Als er in Jerusalem einzog, erbebte die ganze Stadt und man fragte: Wer ist dieser? Die Leute sagten: Das ist der Prophet Jesus von Nazareth in Galiläa.“ (Mt 21,7.10)
In der Passion hingegen hieß es: „Dann führten sie Jesus hinaus, um ihn zu kreuzigen. Auf dem Weg trafen sie einen Mann aus Kyréne namens Simon; ihn zwangen sie, sein Kreuz zu tragen.“ (Mt 27,32)
Zwei ganz verschiedene Situationen, unterschiedliche Stimmungen, die uns in dieser Woche begegnen werden. Zwischen diesen beiden Stellen aus den Lesungen aus dem Matthäusevangelium, die zur Liturgie dieses Palmsonntags gehören, liegen für unseren Glauben zentrale Ereignisse. Wieder einmal stehen wir am Anfang der heiligen Woche, der Karwoche und werden in den kommenden Tagen auf das Leiden, das Sterben und die Auferstehung Jesu schauen. Allein in der Passionserzählung finde ich mindestens 16 Themen, die jedes für sich schon zu ausführlichem Nachdenken anregen:
Die Vereinbarung des Judas mit den Hohepriestern; Die Vorbereitung des Paschamahles; Das Mahl; Die Ankündigung der Verleugnung; Das Gebet in Getsemani; Die Gefangennahme Jesu; Das Bekenntnis Jesu vor dem Hohen Rat; Die Verleugnung durch Petrus; Die Übergabe an Pilatus; Das Ende des Judas; Das Verhör vor Pilatus; Die Verspottung Jesu durch die römischen Soldaten; Kreuzweg und Kreuzigung; Der Tod Jesu; Das Begräbnis Jesu; Die Bewachung des Grabes.
Es liegt also eine liturgisch sehr reiche Woche vor uns: reich an Anstößen, reich für unseren Glauben, für unser christliches Leben. Im Zentrum steht Jesus. Gottes Sohn, der Mensch geworden ist und der unter Menschen gelebt hat. Jesus, der in seiner Sendung gleichzeitig bei den Menschen angekommen und an den Menschen gescheitert ist – zumindest vordergründig. Auf einer tieferen Ebene dann ist wirklich etwas geschehen, das die Welt auf den Kopf gestellt hat.
Die Woche beginnt heute, mit dem Einzug Jesu in Jerusalem. Er wird mit Jubel empfangen. „Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm nachfolgten, riefen: Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!.“ (Mt 21,9)
Es gibt also Menschen, die Jesus kennen, die die „Machttaten“, die er getan hat, gesehen haben und die Gott loben, weil er da ist. Jesus hat das Leben von Menschen berührt und offensichtlich etwas wie eine Neuorientierung im Leben von Menschen bewirkt.
Doch da ist auch die andere Seite, da sind diejenigen, die sich von ihm und seiner Botschaft bedroht fühlen, die mehrfach schrien „Ans Kreuz mit ihm!“ (Mt 27,23) Am Ende – und daran denken wir dann besonders am Karfreitag – ist keiner mehr da … die Jünger verschwinden, sogar Petrus verleugnet ihn.
Jesus und seine Botschaft sind ihnen nicht mehr geheuer; er und seine Botschaft überfordern sie … Hier liegt also – menschlich gesehen – zunächst einmal sein Scheitern. „Jesus aber schrie noch einmal mit lauter Stimme. Dann hauchte er den Geist aus... Josef nahm den Leichnam und hüllte ihn in ein reines Leinentuch. Dann legte er ihn in ein neues Grab, das er für sich selbst in einen Felsen hatte hauen lassen. Er wälzte einen großen Stein vor den Eingang des Grabes und ging weg.“ (Mt 27,50.59f) Und trotzdem ist es damit noch nicht vorbei. Die Geschichte Jesu geht weiter, bzw. beginnt erst nach dem, das wir in der heutigen Liturgie hören …
Der Palmsonntag ist die Einleitung, und wir haben die Gelegenheit herauszufinden, wo wir gerade stehen auf unserem Glaubensweg. Wie wirken der Einzug Jesu und die Passion jetzt, im Jahr 2023 auf uns?
Gerade die Karwoche fasst noch einmal zusammen, wer der Gott Jesu Christi ist und was Erlösung für diejenigen, die an ihn glauben, bedeutet. In Jesus wendet sich Gott den Menschen auf radikale Weise zu und ermutigt uns, an das Leben zu glauben und uns für das Leben einzusetzen. Leiden, Kreuz und Tod gehören in ihren vielen Formen zum Leben dazu. Das schafft Gott nicht ab. Aber er zeigt uns eine Solidarität, die uns helfen kann, nicht nur alles zu ertragen, sondern auch daran mitzuwirken, dass aus Leid und Tod Freude und Leben werden. Jesus ist den ganzen Weg gegangen. Er wurde beim Einzug in Jerusalem als Prophet bejubelt und er wurde ans Kreuz geschlagen, weil er seinen Weg konsequent bis zum Ende gegangen ist. Das hat vielen der Zeitgenossen nicht gefallen, und sie haben sich gegen ihm gewehrt. Seine Art und Weise hat sich zu sehr von dem unterschieden, was üblich war – und ist. Und so haben Menschen im Laufe der letzten 2000 Jahre immer wieder auf Jesus und seine Botschaft reagiert. Weil er den Status quo herausfordert und weil er gerade denen, die am Rande stehen und keine Rolle spielen, ein Selbstbewusstsein gibt, das sie sich erheben lässt.
Aber wie passt all das in unsere Zeit? Dass Jesus am Kreuz starb, mag ja sein, aber Erlösung? Und dann, Auferstehung von den Toten?
Wir sehen, der Gott Jesu ist keiner, der es seinen Leuten, der es denen, die an ihn glauben, leicht macht. Er fordert uns heraus. Er traut uns auch den Tod seines Sohnes am Kreuz zu, weil darin am Ende Heil und Leben liegen werden.
Lassen wir uns in dieser heiligen Woche auf ihn ein. Versuchen wir, soweit es uns möglich ist, den Weg Jesu mit ihm zu gehen. Dieser Weg hat immer mit anderen Menschen zu tun und damit, wie weit wir bereit und fähig sind, unser Leben einzusetzen für diese anderen. Das wäre dann die Methode, über diese Woche hinaus den Weg vom Kreuz zum Leben der Auferstehung finden.

P. Dr. Martin Üffing SVD

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