Allerseelen

Predigtimpuls

Tag der Verstorbenen – Tag der Lebenden

1. Lesung: 2Makk 12,43-45 / Ijob 19,1.23-27 / Jes 25,6a.7-9
2. Lesung: 1Thess 4,13-18 / Röm 8,14-23 / Phil 3,20-21
Evangelium: Joh 11,17-27 / Joh 14,1-6 / Lk 7,11-17
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.stuerber.de

Der griechische Philosoph Zeno befragte einmal das Orakel von Delphi, was er zu tun habe, um ein sittenreines Leben zu führen.
Er erhielt die Antwort: „Frage die Toten!“
Das heißt mit anderen Worten: Denk an das Leben nach dem Tode.
Allerseelentag bedeutet für uns eine ernste Besinnung.
An Allerheiligen/ Allerseelen gehen die Menschen ihren weitesten Weg – bis in die Ewigkeit.
Wir schmücken die Gräber unserer Lieben, wir beten an den Gräbern, und unsere Gedanken wandern in weite Femen und treffen sich im Ewigen.
Über dem Eingang des großen Friedhofs zu Turin steht die Inschrift:
„Was wir waren, seid ihr, was wir sind, werdet ihr.“
Nach der Zeit, die ein Geschenk Gottes ist, kommt die Ewigkeit, die uns mit Gott vereinen und ewig beglücken soll.
Wenn in klarer Sternennacht die Luft über die endlose Sahara streift und die Milliarden winziger Sandkörner aneinanderreiben, so kann man einen eigenartigen, beklemmenden Ton hören – wie das Wimmern eines sterbenden Riesentieres.
Die Araber sagen dann: „Die Wüste weint. Sie klagt, dass sie zur unfruchtbaren Einöde geworden ist; sie beweint die blühenden Gärten, die wogenden Kornfelder, die lachenden Früchte, die sie einst trug, bevor sie zur Wüste ward.“
So weinen die zur Wüste gewordenen Seelen in einsamen Nächten. Der Gedanke, dass sie berufen waren, reiche Frucht zu bringen für die Ewigkeit, lässt sie nicht recht froh werden.
Der Allerseelentag schenkt uns auch einen frohen Ausblick. Wir erkennen und erfahren wieder tiefer, dass wir nicht „Eintagsfliegen“ sind, sondern für eine glückliche Ewigkeit geboren wurden.
In neuem Lichte sehen wir unsere Verstorbenen, auch die noch im Läuterungsorte (Fegfeuer) weilen, weil ihnen die ewige Freude in Gott schon gewiss ist.
Diese Gewissheit entspringt der Wahrheit unseres Glaubens, wenn wir bekennen: Credo in vitam aeternam. Ich glaube an das ewige Leben.
Diese Gewissheit kommt uns aus dem Wissen um die barmherzige Gerechtigkeit Gottes.
Als der berühmte Kanzelprediger Lacordaire im Sterben lag, richtete er sich noch einmal auf und rief: „Öffne mir, mein Gott!“
Zeichenhaft steht auf dem Campo Verano in Rom ein großer Christus, die Arme ausgebreitet, als ob er sagen wollte: „Selig die Toten, die im Herrn sterben.“
Der Allerseelentag muss uns ein besonderer Ansporn zum Gebet sein. „Die Gebete für die Verstorbenen“, sagt Augustinus, „sind für die sehr Guten Danksagungen, für die nicht sehr Schlechten Fürbitten, für die sehr Schlechten, wenn keine Hilfe für die Abgeschiedenen, wenigstens Trostmittel für die Hinterbliebenen.
Und in seinem Selbstbekenntnis fleht Augustinus in rührender Weise seine Leser um Gebete für seine Mutter Monika an, und er weist hin auf ein dreifaches Mittel, wodurch wir den Armen Seelen zu Hilfe kommen können: durch das Gebet der Kirche, durch heilige und heilbringende Opfer und durch Almosen (Wildemann).
Wir wissen um die Verlorenheit des Menschen in der Sünde, aber auch um seine Geborgenheit in der Liebe Gottes. Deshalb erflehen wir für unsere verstorbenen Schwestern und Brüder – heute und alle Tage – das Geschenk vollendeter Erlösung.
Am Allerseelentag beten wir mit der Kirche im Stundengebet: „Den König, dem alles lebt, kommt, lasset uns anbeten!“
Und Christus spricht: „Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit.“

P. Dr. Josef Schmitz SVD

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