18. Sonntag im Jahreskreis (C)

Predigtimpuls

Lebensversicherung aus selbstgestrickten Laufmaschen

1. Lesung: Koh 1,2; 2,21-23
2. Lesung: Kol 3,1-5.9-11
Evangelium: Lk 12,13-21

Die Gleichniserzählung im heutigen Evangelium hat ihren Sitz im vorderasiatischen Ackerbauleben z. Zt. Jesu. Wir erfahren: Auf den Feldern eines reichen Kornbauern steht eine gute Ernte. Das Evangelium zum Verhalten dieses Mannes: Da überlegte er hin und her: Was soll ich tun? Ich weiß nicht, wo ich meine Ernte unterbringen soll. Schließlich sagte er: So will ich es machen: Ich werde meine Scheunen abreißen und größere bauen; dann werde ich mein ganzes Getreide und meine Vorräte unterbringen. Dann kann ich zu mir selber sagen: Nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink und freu dich des Lebens! Auf den ersten Blick ist uns der hier angedeutete Lebensstil nicht ganz verständlich. Hier ist die Rede von Ausstieg aus der Bauernarbeit für viele Jahre, mit zusätzlich Essen, Trinken und Lebensgenuss.
In guten Jahren wurden Ernteüberschüsse extra gespeichert für schlechte Jahre. Wenn mehrere gute Jahre aufeinanderfolgten und die vorhandenen Speicher plötzlich übervoll waren, dann musste der betroffene Besitzer seinen Kornstadel vergrößern und neue Lagerräume schaffen. Wenn nun aller Lagerraum handgreiflich übervoll war, dann passierte es, dass so ein Großbauer angesichts seiner für Jahre ausreichenden Vorräte bis auf weiteres mit aller Arbeit Schluss machte – nur noch Ausruhen, Essen, Trinken, Genießen. Der reiche Mann im Evangelium heute ist so ein Aussteiger auf Zeit. Der Reichtum, den dieser Kornbauer hat, die neuen Silos, die er baut, Arbeitsruhe und Lebensgenuss, in die er sich hineinfallen lässt – all das ist weder im einzelnen noch insgesamt verwerflich. Und dennoch kommt Gott plötzlich daher und hat für diese menschlich verständliche Situation kein Verständnis. Er lässt den Möchtegern-Aussteiger wissen: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir rückfordern. Gott bezeichnet diesen Mann als Narren und kündigt ihm das Leben auf. Im Sprachgebrauch der Bibel wird ein Mensch, der durch seinen Lebensstil an Gott und seinen Geboten vorbeilebt, als Narr gehandelt, als töricht und lebensdumm.
Das Wort vom gottlosen, dummen Narren ist aber ein selbstmörderisch gefährliches Wort und gilt im NT sogar als eine Beschimpfung, die mit der Höllenstrafe geahndet wird. In der Bergpredigt warnt Christus vor dem menschenverachtenden Gebrauch dieses Wortes: Wer zu seinem Bruder sagt: Du gottloser Narr! - soll dem Feuer der Hölle verfallen sein (Mt 5,22). Zugleich bezeichnet er selber die Pharisäer und Schriftgelehrten als blinde Narren (Mt 23,17).
Der brave und reiche Kornbauer im Evangelium heute gehört zu denen, die durch ihr Leben Gott blind und lautlos ignorieren. Sein kurzes Selbstgespräch zeigt, dass sein ganzes Sinnen und Trachten nur um die eigene Person, um Wohlergehen und materiellen Besitz kreist. Kein Gedanken an Gott. Keine Regung des Dankes gegen Gott. Kein Gedanke darüber: Könnte ich mit dem mir zugewachsenen materiellen Besitz, mit dem ich selber gut lebe, nicht auch noch andere mit leben lassen? - Sein gutes Leben betrachtet dieser Mann als gesichert, nicht durch Gottes Güte und Vorsehung, sondern durch ein fettes materielles Polster.
Die Totalhingabe, die Gott vom Menschen verlangt – im 1. Gebot ausformuliert ­ diese Totalhingabe leistet der brave Kornbauer dem materiellen Besitz. Wo der Mensch mit der Gott geschuldeten Totalhingabe fremdgeht beim Mammon: mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit ganzem Gemüte und mit allen Kräften - da sind Abfall von Gott und Götzendienst besiegelt.
Inmitten seiner lebenssichernden Vorräte bedenkt der lebensdumme Kornbauer nicht, dass er sein Leben wie ein Darlehen auf unbestimmte Zeit hat; der höchste Lebens- und Lehensherr kann es jederzeit zurückfordern. Die letzte Frage, die dem todgeweihten, lebensdummen Narren noch gestellt wird, hat die trostlose Antwort schon in sich: Wem wird dann alles gehören, was du angehäuft hast?
Wo der Mensch meint, durch materiellen Besitz Lebenssicherheit zu haben, da hat er weiter nichts als eine selbstgestrickte Lebensversicherung, die aus Laufmaschen besteht. Diese lebensdumme, gierige Selbstversicherung ist eine Missachtung, eine Zurückweisung der Vorsehung und Fürsorge Gottes, eine Leugnung Gottes, ein Abfall von Gott. Auf dem zugewachsenen Reichtum, auch wenn harte eigene Arbeit dahintersteckt, liegt eine von Gott verfügte, soziale Hypothek, Prozente, die für die Bedürftigkeit des Nächsten investiert werden müssen, und zwar so, dass nach einem Wort Jesu selber: die linke Hand nicht wissen solle, was die rechte tut (Mt 6,3). Nur so verliert der Reichtum für den Besitzenden, für den Begüterten seine Gefährlichkeit, seine Giftigkeit. Man kann geradezu sagen: der irdische Mammon erfährt durch soziale Verwendung eine Geldwäsche, die von Gott verlangt wird und für eine gesicherte Zukunft über Tod und Weltende hinaus unerlässlich ist. Die Sucht nach materiellem Besitz hat in der deutschen Sprache die Bezeichnung Habsucht, Habgier, durchwegs kombiniert mit Geiz. Habgier- krankhafter Drang nach Besitzmehrung; Geiz- krankhafte Angst vor Besitzminderung. Die Bibel charakterisiert den habgierig-geizigen Menschen – mit der mehr verächtlichen als mitleidigen Anrede: Du Narr! Eine Beleidigungsklage greift hier nicht.
Leidtragender Selbstverstümmler ist und bleibt der von der Bibel so betitelte Narr. Auch in unteren Einkommensgrenzen gibt es die tödliche Mischung von Habgier und Geiz, die zum gottvergessenen und gottverdammten Narren macht, wie er in der heutigen Gleichniserzählung im reichen Großbauern vorgestellt wird. Ganz gleich ob Groß- oder Kleinverdiener, wir sollten unser Menschenmögliches tun, dass es mit uns nicht so weit kommt.

P. Georg Raiml SVD
 

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