Gebetsmeinung des Papstes - Juni 2018

Juni 2018

Wir beten zu Gott, unserem Vater, dass die Menschen durch das Geschehen in den sozialen Netzwerken zu einem Miteinander finden, das die Vielfalt der Einzelnen respektiert.

Simone Nefiodow, Dipl. Theologin

Eigentlich wird gerade der fehlende Respekt in den sozialen Netzwerken seit Jahren diskutiert. Übelste verbale Beschimpfungen bis hin zu „Shitstorms“ können User treffen, wenn Sie den Mut haben sollten, eine abweichende Meinung zu vertreten. Ich finde es sehr vielsagend, dass dieselben Menschen, die sich an solchen Shitstorms beteiligen, im „richtigen“ Leben dieses im Grunde durch und durch asoziale Verhalten nicht offen zeigen. Es ist merkwürdig, das Gefühl der Anonymität scheint etwas wirklich Böses in einigen Zeitgenossen freizusetzen, dass Sie mit einer Beschimpfungswelle auf ihre Mitbürger losgehen, die an Boshaftigkeit ihresgleichen sucht. Und trotz neuer Gesetze und der Diskussion in den Medien wird es eher schlimmer als besser. Kein Wunder, dass unser Papst uns Beter mit der Aufgabe betraut, für einen respektvollen Umgang zu beten.

Außerdem spricht unser Papst davon, dass die Menschen zu einem Miteinander finden sollen. Viele von uns vernetzen sich in den sozialen Netzwerken gerade mit dem Ziel, Gleichgesinnte zu finden, um mit Menschen in Kontakt zu kommen und zu bleiben, die dieselben Interessen teilen. Und das Angebot ist an Vielfältigkeit kaum zu überbieten, egal ob es dabei um das Selberbrauen von Bier, um Bastelgruppen, Umweltschutzaktionen oder eine Fangemeinde geht. Sollen wir also auch darum beten, dass diese Gruppen weiter wachsen?

Manchmal können Negativbeispiele etwas besser verdeutlichen. Stellen Sie sich vor, Sie sehen im Internet ein Video von einem brutalen Überfall an einer U-Bahnstation. Mit berechtigter Empörung teilen Sie das Video in den sozialen Netzwerken, in denen Sie aktiv sind, entweder um sich mit dem Opfer zu solidarisieren, um den Tätern zu zeigen, dass Sie keine Angst haben, oder einfach um auf Missstände und brennende gesellschaftliche Probleme hinzuweisen. Eine Welle der Empörung – völlig zu Recht – kocht in den sozialen Netzwerken hoch, und es beginnt eine Diskussion über die Kriminalität bei uns.

Und was passiert, wenn Sie das nächste Mal alleine an einer U-Bahnstation stehen? Werden Sie sich sicher fühlen? Wie wirkt sich ein Video von einem brutalen Überfall in Ihrem Denken und Leben aus? Was werden Sie denken, wenn Sie an der U-Bahnstation Menschen begegnen, die ähnlich wie die Verbrecher aus dem Video gekleidet sind? Spielt es dann noch eine Rolle, dass der Überfall in einer fernen Großstadt stattgefunden hat, während Sie in einer idyllischen Gegend wohnen?

Das Video hat etwas, das weit weg stattgefunden hat, in Ihr und mein Leben gebracht, uns mit etwas konfrontiert, das uns verständlicherweise Angst macht. Und diese Angst beeinflusst unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Wir empfinden Unsicherheit wegen etwas, was uns in Wirklichkeit nicht passiert ist. Und wir benehmen uns anders.

Ich denke, unser Papst hat in der aktuellen Gebetsmeinung das positive Gegenbeispiel des beschriebenen Negativbeispiels im Blick. Wenn er davon spricht, dass das Geschehen in den sozialen Netzwerken zu einem Miteinander führen soll, dann bedeutet das in der Praxis doch nichts anderes, als dass wir unsere Zeit, unsere Posts, dass die Videos, Texte und Aktionen, die wir teilen, einem bestimmten Ziel unterordnen, genauer gesagt, dass wir durch unser Verhalten die Vielfalt und den Respekt voreinander fördern und unterstützen sollen.

So viele von uns nutzen die sozialen Netzwerke, und der Papst erinnert uns daran, dass wir es nicht nur zur Ablenkung, zum Teilen von Schauervideos oder sinnlosem Zeitvertreib nutzen sollten. Wir können etwas bewirken. Soziale Netzwerke haben etwas, was sowohl Vorteil wie Nachteil ist: sie erreichen alle, und sie können in bestimmten Fällen sogar unser Denken und Handeln verändern.

Als ich die aktuelle Gebetsmeinung gelesen hatte, habe ich mir mal meine Aktivitäten in den sozialen Netzwerken angesehen. Und ich muss gestehen, so albern das jetzt klingen mag, außer der Facebook-Gruppe zur Rettung der Wildbienen bin ich tatsächlich hauptsächlich auf Seiten unterwegs, um mich abzulenken, zu unterhalten und um mir die Zeit zu vertreiben. Wenn ich nur große Reden über das Miteinander in den sozialen Netzwerken schwinge, mich aber selbst nicht entsprechend verhalte, dann mache ich mich zu einem Heuchler. Für diesen Monat habe ich mir vorgenommen, die sozialen Netzwerke gezielt nach Aktionen abzusuchen, die das Miteinander stärken und bei denen ich mich beteiligen kann.

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