Allgemeine Gebetsmeinung des Papstes - Juni 2017

Juni 2017

Für die Regierenden, dass sie sich entschieden dafür einsetzen, den mörderischen Waffenhandel zu unterbinden.

Simone Nefiodow, Dipl. Theologin

Haben Sie gewusst, dass Deutschland zu den fünf größten Waffenexporteuren in der Welt gehört? 2016 hatten unsere Waffenexporte den zweithöchsten Wert in der Geschichte, Tendenz steigend. Der Wert dieser Exporte pendelte in den letzten drei Jahren zwischen jährlich 4 oder sogar 8 Milliarden Euro. 

Großwaffen, Kleinwaffen, Waffensystem, Munition – deutsche Wertarbeit wird auch in diesem Industriesektor auf der ganzen Welt geschätzt. Deutschland liefert Waffen in 60 Staaten. Unsere Gesetze fordern für jede exportierte Waffe eine Genehmigung von der Regierung. Und unsere Politiker genehmigen viele Lieferungen, nicht nur in die EU oder zu NATO-Staaten, auch in Diktaturen und autoritäre Regime. 99,7 % der Exporte sind Kleinwaffen, die – wie Pax Christi zu Recht kritisiert – leicht an Kriminelle weiterverkauft werden können – und werden. Das ist zum Beispiel in Mexiko passiert, legal exportierte deutsche Kleinwaffen wurden „erstaunlicherweise“ bei der Drogenmafia entdeckt, an die offiziell niemals geliefert wurde. 

Nehmen wir das Beispiel Syrien. Zwischen 2010 und 2014 haben wir für ungefähr 13 Millionen Euro Waffen nach Syrien geliefert. In der ersten Hälfte von 2015 kamen ungefähr 21 % der Kriegsflüchtlinge aus Syrien zu uns. Oder das Beispiel Irak: Im selben Zeitraum betrug der Wert der Waffenlieferungen etwa 520 Millionen Euro und 5,5 % aller Asylanträge stammen von Irakern.  

Eine im Grunde völlig absurde Situation: Wir exportieren in fast alle Krisengebiete der Welt Waffen, was natürlich die Konflikte dort nicht beendet, was wiederum zur Folge hat, dass die Menschen dort vor den kriegerischen Auseinandersetzungen flüchten müssen, wenn sie überleben wollen. Hilfsorganisationen werden aktiv und kümmern sich um die Heimatlosen und Vertriebenen. Dafür brauchen sie unsere Spenden. Auf der anderen Seite verlangen unsere Politiker Initiativen zur Bekämpfung von Fluchtursachen, während sie gleichzeitig alle diese Rüstungsexporte genehmigen. Und genau dieselben Politiker treten zurzeit gerne vor die Kameras und fordern eindringlich eine Willkommenskultur für die Kriegsflüchtlinge, die bei uns Zuflucht suchen. 


Was für eine Heuchelei!

Welche Rebellen- oder Terroristengruppe ist im Besitz einer eigenen Waffenfabrik? Welcher Warlord, wo auch immer in der Welt, stellt seine eigene Munition her? Wer baut den Diktatoren Rüstungsfabriken? Diese Dinge werden gekauft, nicht ausschließlich bei uns, aber eben auch bei uns. 

Also ist die Lösung, alle deutschen Waffenexporte zu stoppen? Ist diese Kritik nicht viel zu naiv in Anbetracht all der Gewalt auf der Welt? 

Nehmen wir das Beispiel Irak: Als die Terrorgruppe ISIS die Christen aus Mossul vertrieben hatte, waren es die vom Westen bewaffneten Kurden, die die Flüchtenden aufgenommen, den Siegeszug der Terroristen mit Hilfe ihrer modernen Waffen gestoppt und ihre Gebiete gesichert haben. Wer kann da behaupten, dass die Waffenlieferungen falsch waren? 

Oder denken wir an den Zweiten Weltkrieg: Was wäre aus Europa geworden, hätten die Gegner des Nationalsozialismus keine militärische Unterstützung erhalten? Gilt das nicht ebenso für die Gegner von heute lebenden Diktatoren und Kriegstreibern? Können wir mit Blick auf unsere Geschichte ernsthaft fordern, diesen Gruppen militärische Hilfe zu verweigern?

Vor einigen Monaten sah ich eine Reportage über eine junge Frau aus dem Kongo. Nachdem sie von einer Gruppe von Männern überfallen und vergewaltigt worden war, hat sie sich bewaffnet. Nicht um ihre Peiniger zu jagen, sondern einfach, um sich und ihr Kind in Zukunft zu schützen. Kann man sie dafür verurteilen? Kongo ist laut UNO die „Welt-Hauptstadt der Vergewaltigungen“, und nur wer sich wehren kann, wird verschont. Sollen diese Menschen wirklich den bewaffneten Vergewaltigern wehrlos ausgeliefert bleiben?


Was ist die Lösung? Was ist richtig, und was ist falsch?

„Für die Regierenden beten“ um den „mörderischen Waffenhandel“ zu beenden – unser Papst Franziskus zeigt mit dieser Gebetsintention, wo wir ansetzen müssen, um diese schreckliche Situation zu beenden, nämlich bei den Politikern aller waffenexportierenden Länder. Also beten wir für die Regierenden. 

Aber wir in Deutschland haben einen großen Vorteil gegenüber anderen waffenexportierenden Ländern: unsere Waffenindustrie ist nicht so unabhängig wie in anderen Ländern. Unsere Gesetze zwingen die Hersteller dazu, jeden einzelnen Verkauf durch die Regierung genehmigen zu lassen. Und trotz aller Verschwiegenheit in der Branche kennen wir die Namen der Politiker, die in den entsprechenden Gremien sitzen. 

Es ist eine kleine, überschaubare Gruppe, für die uns unser Papst auffordert zu beten, und wir Beter sind in der Mehrheit! Und wir können noch etwas tun, wir können unser Gebet mit konkreten Aktionen verbinden. Wir haben ein Wahljahr, und Politiker reagieren auf Proteste von Bürgern. Beten und Handeln – eine unschlagbare Kombination!

Werden wir aktiv. Sorgen wir mit unserem Gebet dafür, dass Politiker bei uns und auf der ganzen Welt dem mörderischen Waffenhandel ein Ende setzen. Nutzen wir die Zeit und machen wir die Welt ein wenig friedlicher! Beten wir!

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