Missionsgebetsmeinung des Papstes - Oktober 2015

Oktober 2015

Für die katholischen Christen in Asien, dass sie nicht nachlassen, das Evangelium dort zu verkünden, wo Menschen in ihrer Umgebung auf die frohe Botschaft warten.

P. Jean Prosper Agbagnon SVD, Togo.

Entführung und Verhaftung von Bischöfen und Katecheten hier, ethnisch-religiöse Zusammenstöße dort, Bedrohungen oder gewaltsame Übergriffe von religiösen Fundamentalisten: Das sind reale und traurige Bilder, die die Kirche im Vorderen Orient und in einigen anderen Ländern Asiens charakterisieren. Doch bei allem Ernst der Lage gibt es auch eine andere Seite der Alltagswirklichkeit für die asiatischen katholischen Christen. In vielen Ländern des bevölkerungsreichsten Kontinents ist die katholische Minderheit in einem beeindruckenden Aufbruch: durch ihr soziales Engagement trägt die Kirche zur gesellschaftlichen Veränderung und zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen bei.

Katholisches Leben in Asien präsentiert sich in breiter Vielfalt, hat aber zugleich mit höchst unterschiedlichen politischen, religiösen, theologischen und kulturellen Schwierigkeiten zu kämpfen.

Nicht nur in katholisch geprägten Ländern wie den Philippinen, Osttimor u.a., sondern sogar in Indien zeichnet sich die Kirche durch ein großes soziales, karitatives und kulturelles Engagement aus, das weit in die jeweilige Gesellschaft hineinwirkt. Durch die sogenannte gewaltlose „Rosenkranzrevolution“ 1986 ist die katholische Kirche auf den Philippinen bis heute eine nicht zu unterschätzende politische Kraft geworden.

Zur Ökumene und zum interreligiösen Dialog sei auf eine besondere Initiative verwiesen: In Hong Kong trifft sich jährlich seit einiger Zeit eine interreligiöse Gebetsgruppe von Buddhisten, Christen und Muslimen, um bestimmte gemeinsame Interessen aufzugreifen und dafür zu beten. Dabei entwickelt sich ein friedfertiges religiöses Bewusstsein zur Förderung würdevoller Gemeinsamkeit.

Seit dem Zweiten Weltkrieg haben die zahlenmäßig kleinen Missionskirchen schwierige aber erfolgreiche Schritte auf ihrem Weg zur akzeptierten Ortskirche gemacht. Inzwischen haben die meisten von ihnen zahlreiche einheimische Bischöfe, Priester und Ordensleute hervorgebracht. Immer weniger gilt die Katholische Kirche als eine fremde bzw. aus Europa importierte exotische Sekte. Nirgends ist die Wachstumsrate der katholischen Kirche weltweit so eindrucksvoll wie in Asien, auch wenn die rund 130 Millionen Katholiken nur etwa drei Prozent der asiatischen Milliardenbevölkerung beträgt. So werden parallel zum Priester- und Ordensnachwuchs die Träger der Glaubensweitergabe immer einheimischer: das ist ein wichtiger Schritt zur Inkarnation der christlichen Botschaft. Dies kann aber nur mit einem tief-theologischen Verständnis erfolgen, das terminologisch und inhaltlich mit Klugheit so entfaltet wird, wie es dem Empfinden der Empfänger im asiatischen Kontext entspricht. Das setzt aber voraus, dass die einheimischen Missionare ihre eigene Kultur genügend kennen. Dabei geht es nicht um die Übertragung von Theorien, die dem asiatischen Kontext fremd sind. Dafür muss man ein Gespür entwickeln, das nur mit Fingerspitzengefühl in Gang gesetzt werden kann.

Mit Blick auf diese hoffnungsvollen Zeichen sieht Papst Franziskus zu Recht die Katholische Kirche Asiens „im Aufbruch“ und bezeichnet sie als „die Kirche des 21. Jahrhunderts“ (siehe Ordenskorrespondenz 2/2015, S. 61ff). Damit bekräftigt der Papst, wie sehr die Kirche Asiens ihm am Herzen liegt. Doch einfach sind die Umstände nicht, unter denen sich dieser Aufbruch gestaltet. Denn es ist zu bedenken, dass bis auf die Philippinen die Christen in den meisten asiatischen Ländern eine kleine Minderheit darstellen, die inmitten von stärker werdenden fundamentalistischen Strömungen im Islam sowie unter staatlichen Repressionen ihren Glauben gestalten und leben müssen. Papst Franziskus tut gut daran, uns zum innigen Gebet für den missionarischen Geist in den Gemeinden Asiens einzuladen.

Gerade im asiatischen Kontext ist die oben erwähnte Inkulturation des christlichen Glaubens im Zusammenhang mit dem interreligiösen Dialog ein heikles Thema. Dieser komplexe Prozess erfordert eine kluge Unterscheidung zwischen dem, was wesentlich und dem, was unwesentlich ist. Mit solch einem schwierigen aber notwendigen Unterfangen kann die kontextuelle Akzeptanz des christlichen Glaubens angemessen gefördert werden, wobei die Menschen zuinnerst eigentlich tief religiöse Motivierung und zugleich Menschliches Würdebewusstsein entwickeln, vertiefen und auf ihre Art und Weise zum Ausdruck bringen.

Es ist nicht zu vergessen, dass in manchen Ländern Asiens Darstellungen des Kreuzes und seiner Symbolik immer noch als Konkurrenz für Regierungsparteien wahrgenommen werden. Dass in den Augen mancher Verantwortlichen in der Politik das Kreuzsymbol der Verbreitung von parteiideologischen Überzeugungen entgegenwirken kann und gerade deswegen mit Gewalt in den Hintergrund gedrängt bzw. entfernt werden muss, ist mancherorts geradezu eine traurige Realität geworden.

Wie ambivalent und spannungsgeladen die Lage vor Ort ist, vermag ein Vorfall in der Volksrepublik China zu verdeutlichen: Es war ein hoffnungsvolles Aufbruchszeichen, als der Vatikan und die Regierung eines asiatischen Landes vor einigen Jahren sich über die Ernennung eines neuen Bischofs einig waren. Als der neu geweihte Bischof sich am Ende der Feier bedankte, sagte er: jetzt, da ich Hirte des Kirchenvolkes dieses bedeutenden Bistums geworden bin, merke ich die schwere Aufgabe, die auf meinen Schultern liegt. Sie wird mich voll in Anspruch nehmen. Deswegen ziehe ich mich aus der „Patriotischen Vereinigung“ zurück. Diese Worte überraschten wie eine Bombenexplosion. Voller Begeisterung empfingen die anwesenden Gläubigen diese befreiende Botschaft mit Applaus. Doch kurz darauf wurde der frisch geweihte Bischof festgenommen und steht seitdem unter Beobachtung. Er darf auch nicht als Bischof auftreten. Sich vom Einfluss der politischen Partei zu trennen, wurde von manchen Politkern nicht nur als eine öffentliche Verschwörung gegen die Partei interpretiert, sondern sogar als ein offener Hinweis auf ihre Schwäche und als ein Verrat am Vaterland verstanden. 

Man sieht, wie gefährlich dort die Lage ist. Müssen Bischöfe also Werkzeuge des Staates bleiben oder dürfen sie politisch neutral ihre Hirtenaufgabe wahrnehmen? Der Aufbau einer einheimischen Kirche verlangt Mut aber auch sehr viel Klugheit. Eine Regierungspartei vor den Kopf zu stoßen oder sie bewusst zu provozieren und damit sozusagen Öl ins Feuer zu gießen, ist sicherlich keine ideale Lösung. Aber die Treue zu Christus hat selbstverständlich Priorität, die allerdings geschickt und behutsam umgesetzt werden muss. Denn „das Wasser kommt immer zum Meer zurück“, sagt ein asiatisches Sprichwort. Was behutsam in Gang gesetzt worden ist, wird mit Sicherheit seine Früchte tragen: „Wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe. Voll Freude werdet ihr fortziehen, wohlbehalten kehrt ihr zurück. Berge und Hügel brechen bei eurem Anblick in Jubel aus, alle Bäume auf dem Feld klatschen Beifall. Statt Dornen wachsen Zypressen, statt Brennnesseln Myrten. Das geschieht zum Ruhm des Herrn als ein ewiges Zeichen, das niemals getilgt wird“ (Jes 55,10-13).

Die Kirche in Asien ist eine mutige Kirche im Aufbruch. Angesichts der vielfältigen Herausforderungen sind unsere dortigen Brüder und Schwestern dringend auf unsere Gebete angewiesen. Mit Papst Franziskus beten wir für die katholischen Christen in Asien: dass sie nicht nachlassen, das Evangelium dort zu verkünden, wo Menschen in ihrer Umgebung auf die Frohe Botschaft warten.

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