Missionsgebetsmeinung des Papstes - November 2015

November 2015

Für die Hirten der Kirche, dass sie mit wachem Herzen ihre Herde begleiten und immer wieder auf frische Weiden führen, die Nahrung und Zukunft schenken.

P. Jean Prosper Agbagnon, SVD

Ihre Liebe zu den Menschen verlebendige ihre Hoffnung

„Es ist mir, als ob ich Vater und Mutter verloren hätte“

Vom heiligen Josef Freinademetz, dem aus Südtirol stammenden ersten Steyler Chinamissionar, wird erzählt, dass er nicht nur ein Mann der Liebe, des Glaubens und des Gebetes war, sondern vor allem, dass er die Menschen im chinesischen Süd-Shantung so sehr lieb gewann, dass viele in ihm einen Vater fanden. Bei der Todesnachricht von Freinademetz soll ein Chinese in Tränen ausgebrochen sein: „Es ist mir, als ob ich Vater und Mutter verloren hätte“. Bis heute hören viele Christgläubige nicht auf zu bekennen: Josef war Seelsorger mit Leib und Seele, Fu Sheng Fu (wie er in China liebevoll genannt wird) war ein Priester nach dem Herzen Gottes.

Zwar hat es immer wieder in der Geschichte des Christentums solche faszinierenden Priesterbilder gegeben, aber gerade in der heutigen Welt müssen sie noch viel stärker und überzeugender in Erscheinung treten.

Zu aller Zeiten, in allen Zivilisationen und Religionen gab es eine Art amtlich herausgehobene Person, die in der Funktion des Vorstehers kultischer Vollzüge eine Mittlerrolle zwischen der Gottheit und dem Menschen einnimmt. Viele Religionen (das Judentum und das Christentum u.a.) betonen, dass nicht der Mensch selber sich zum Priester beruft, sondern dass erst Gott ihn auserwählt: nicht aus Verdienst, sondern rein aus göttlicher Gnade. Priestersein ist wirklich eine noble Berufung und ein ehrenvoller Beruf zugleich. Doch die damit verbundene vielfältige Verantwortung wird von Priestern selbst sowie von Außenseitern oft genug unterschätzt: Priestersein ist eine Gabe und zugleich eine anspruchsvolle Aufgabe.

Gerade in einer Zeit, in der mit dem rasanten gesellschaftlichen und kirchlichen Wandel immer mehr Priester in der Spannung von Berufung und Beruf stehen, tut Papst Franziskus besonders gut daran, zum Gebet für die Hirten der Kirche einzuladen, damit sie bei ihrer Seelsorgetätigkeit stets dem Wirken des Heiligen Geistes entsprechen. Im Zeitalter des Priestermangels und der Skandalgeschichten droht das Priesterbild immer wieder zerrissen zu werden: Immer mehr wird das Priesteramt in Frage gestellt und vielen Menschen bleibt der Priester eine unbekannte gesellschaftliche und religiöse Gestalt. Gebete haben Priester gerade deswegen bitter nötig, um ihrer Berufung gerecht zu werden, sich mit ihrem Beruf zu identifizieren, gewissenhaft und glaubwürdig ihre Seelsorgeaufgaben wahrnehmen zu können. Notwendige Voraussetzung dafür ist die persönliche Gotteserfahrung: nur wenn der Priester selbst ein inneres und äußeres Zuhause erfährt und die Menschenfreundlichkeit Gottes hautnah erlebt, kann er diese auch aus Überzeugung weitergeben. Denn wie Papst Benedikt XVI. zum Beginn des Priesterjahres 2009 zu Recht betonte: „Dienst ohne Innerlichkeit wird zu leerem Aktivismus. Zeit für Gott, für das eigene innere Stehen vor ihm ist eine pastorale Priorität, die allen anderen Prioritäten gleichrangig, ja ihnen in gewisser Hinsicht vorrangig ist. Sie ist nicht eine zusätzliche Last, sondern das Atemholen der Seele, ohne dass wir notwendig außer Atem kommen – den geistlichen Atem des Heiligen Geistes verlieren.“ Und nur so kann ein Priester auch selbst weiter in der Hoffnung zu Hause bleiben und im Glauben wachsen.

Beten wir mit Papst Franziskus für die Hirten der Kirche, dass sie mit wachem Herzen ihre Herde begleiten und immer wieder auf frische geistgetränkte Weiden führen, die Nahrung und Zukunft schenken.


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