Allgemeine Gebetsmeinung des Papstes - Dezember 2015

Dezember 2015

Für uns alle, dass wir im alltäglichen Wechsel des Lebens nie vergessen, dass Gott, unser Vater, nicht müde wird, uns zu vergeben.

P. Christian Tauchner SVD

"Rien, rien de rien, je ne regrette rien" sang die todkranke Edith Piaf Ende 1960 ihren Trotz, ihren Lebenswillen und ihre Liebessehnsucht der ganzen Welt ins Gesicht: "Nein, nichts, aber auch gar nichts bedaure ich!" Eines ihrer berühmtesten Lieder wurde es.

Das möchte ich am Ende meines Lebens auch einmal sagen können, dachte ich mir nach der Musicalaufführung "Piaf" in Wien vor vielen Jahrzehnten. Ein lieber Mitbruder und Lehrer war es damals, der mir einen anderen Weg zur Perfektion vorschlug: Du musst nicht alles richtig machen, du darfst dich irren, es muss dir nicht alles gelingen. Sehr wohl darfst du deine Fehler machen und sie auch bedauern, sie bereuen. Und vor allem darfst du darauf vertrauen, dass sie dir auch vergeben werden.

Vielleicht war Edith Piaf mit diesem Lied eine große Vorreiterin unserer Generation, die sich selbst in den Wahn der Perfektion und des Erfolgs getrieben hat und es nicht übers Herz und schon gar nicht über die Lippen bringt, Fehler einzugestehen, sie zu bedauern, sie zu bereuen. Mit uns so Vollkommenen hat es Gott dann natürlich schwer, seine Vergebung erfahrbar zu machen.


Im gerade angefangenen "Heiligen Jahr der Barmherzigkeit" würde es wohl darum gehen, sich diesem immer wieder verzeihenden Gott anzunähern. Das ist die eine Bewegung, zu der wir eingeladen sind: Hingehen zu einem gütigen Gott, der schon lange darauf wartet, uns wieder in seine Arme zu schließen wie den Sohn, der verloren schien, zum Beispiel (Lk 15,11-32). Wahrscheinlich geht es manchmal auch uns so wie diesem jüngeren Sohn im Gleichnis Jesu: Es dauert ganz schön lange, bis bei ihm der Groschen fällt und er endlich die Entscheidung treffen kann, doch wieder zu seinem Vater, zu seinem Glück, zu seinem Leben zurückzukehren. Es kann schon eine Weile dauern, bis man die eigenen Erfahrungen so sehr ernstgenommen hat, bis man sie auch in ihrem Unglück und in ihrer Verzweiflung erkennen und annehmen kann. Nur Fehler zu machen ist ja nicht so schwer, aber einen Fehler machen und ihn als solchen anzuerkennen, das braucht großen Mut. Denn dann ist ja noch lange nicht gesagt, dass so ein Fehler von vornherein zu vermeiden gewesen wäre. Einzig, wenn ich nichts tue und mich nicht bewege, mache ich keine Fehler; das wäre dann aber der größte Fehler im Leben.


Es gibt aber auch die andere Bewegung. Im Gleichnis Jesu vom verlorenen Sohn bleibt ja Gott nicht in der Tür stehen, sondern er hält Ausschau, von weitem sieht er in diesem Häufchen Elend seinen Sohn. Er läuft ihm entgegen, er holt ihn ab, als er noch weit entfernt ist. Das tut der ältere Sohn in all seiner Geschäftigkeit und Gerechtigkeit ja nicht. Die Bewegung Gottes hin zu diesem verwilderten und verelendeten Menschen (er hat immerhin unter Schweinen gelebt und sich mit ihnen um das Fressen gestritten, um es einmal drastisch zu sagen) findet nach wie vor statt, und nach wie vor sind die "braven", gehorsamen usw. Kinder ja nicht immer bereit, sich dieser ihrer Schwestern und Brüder anzunehmen, die so vom Rand der Gesellschaft kommen.

Für die Beter in dieser Intention des Papstes wird es wohl auch darum gehen, sich dieser Bewegung Gottes zum Rand hin anzuschließen und in sie einzusteigen. Zu den Menschen hin, die aus mancherlei Sauställen in unserer Welt kommen, angetan von höchst widerwärtigen Düften und Gestänken, aber auch getragen und angezogen von einer unglaublichen – ja: un-glaublichen – Hoffnung auf Leben und Gemeinschaft.


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