April 2015
Wir beten zu Gott, unserem Vater, für die Menschen auf allen Kontinenten, dass sie das Leben auf der Erde stets achten und als Geschenk Gottes erfahren.
Gelegentlich sieht man es im Fernsehen: Bei manchen Naturvölkern sprechen die Jäger ein Gebet, eine Anrufung, und bitten die Antilope um Verzeihung, dass sie sie jetzt jagen werden, um das Leben ihrer Familie und Gemeinschaft aufrecht zu erhalten. Sie danken den Ahnen, wenn sie Beute gemacht und mit ihren Pfeilen ein Tier erlegt haben. Man sieht solche Filme in der Sendeleiste, die Naturfilme und Dokumentationen über die wilden Tiere spielt. Auf jeden Fall gibt es solch ein enges Zusammenleben mit dem Leben der Tiere und Pflanzen nur noch weit weg von uns. Und dem erstaunten Fernsehzuschauer wird eine Zivilisation und komplexe Kultur vorgeführt, die Achtung des Lebens und der Erde noch integrieren kann.
Ganz auf der anderen Seite des Kulturspektrums wäre etwa der Westernheld Buffalo Bill anzusiedeln – auch er aus einer anderen Welt, in der „Kultur“ und „Zivilisation“ mehr oder weniger über Bord geworfen wurde, als er und seine Zeitgenossen aufbrachen, um eine neue Welt zu begründen. Bei einem Wettkampf erlegte er 70 Bisons, einfach aus Freude am „Abknallen“ (im Lauf der Jahre soll er über 4000 Bisons geschossen haben, auch, um die Armee mit Fleisch zu versorgen). Er war ein Vorläufer der Unterhaltungsindustrie (in der er tatsächlich arbeitete), in der die Beziehung zu Umwelt, Tieren und anderen Menschen mit Achtung und Lebensvollzug nicht mehr viel zu tun hat.
Die Zeiten, in denen der Hausvater den Laib Brot in die Hände nahm, mit dem Messer eines oder drei Kreuze darüber zeichnete und dann für jedes Kind die entsprechende Schnitte Brot abschnitt, sind längst vorbei. Das Brot (und das Frühstücksei) kommen ja schon lange in Schnitten für den unmittelbaren Konsum verpackt aus dem Supermarkt, die vitale Beziehung zum „Leben auf der Erde“ braucht anstrengende Denkarbeit und Vorstellungsvermögen. Vielleicht ist es sogar so, wenigstens in unserem Umfeld, dass ich gar nicht wissen will, woher das Frühstücksei wirklich kommt – vielleicht doch lieber aus dem Supermarkt als aus einer anonymen industriellen Produktion, deren komplexe Zusammenhänge und Standards bei Massentierhaltung mich überfordern ...
„Das Leben auf der Erde stets achten“, schlägt die Gebetsmeinung des Papstes vor. Klingt nach Ökofreak und romantischer Sehnsucht nach einer Eingebundenheit in eine freundliche, mütterliche Erde. Unsere aktuelle Lebensweise ist nicht dazu angetan. Wie keine andere Generation vor uns vernichtet unser Lebensmodell tagtäglich Tier- und Pflanzenarten und es fehlt nicht an Unheilspropheten, die vor unserem lebensgefährlichen Lebensstil warnen. Die Erde ist zu einem Faktor geworden, der in die Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse – von der Unterhaltungsindustrie trickreich und effizient gesteuert – als kleiner Bestandteil gut kalkuliert eingebaut ist. Und „nach uns die Sintflut“ ...
Ostern ist ein Frühlingsfest, in dem das „Leben der Erde“ nach der Todeszeit des Winters wieder ersteht. Die Menschheit entwickelte Religionen, Glaubensformen und Zivilisationen um diesen Kreislauf. Für die Christen in einem allerweitesten oder einem in der Tiefe äußerst konzentrierten Glaubensverständnis ist es die Feier des endgültigen Siegs des Lebens über die Gefahr und Möglichkeit des Todes. In diesem Kontext wird Leben auf der Erde wieder rückgebunden an Gott, der uns Menschen die Erde und seine Lebensmöglichkeiten schenkt. Viele Kulturen und Völker erleben dieses Geschenk noch und machen darin eine Erfahrung Gottes. Wir beten zu Gott, auch uns erneut Zugang zu diesem Geheimnis seines Geschenks zu eröffnen.