Dezember 2014
Für die Völker der Erde: Lass sie erkennen, dass die Geburt des Erlösers allen Menschen guten Willens Frieden und Freiheit bringen kann.
Die Welt wird definitiv von Verrückten regiert, möchte man angesichts der Weltnachrichten meinen: Wo immer es um Frieden und Freiheit geht, flimmern die Portraits, Taten und vor allem Untaten von Menschen über den Bildschirm, die zumindest verrückt – wenn nicht ausgesprochen kriminell – sind. Nicht viel besser wird das, wenn jetzt im Vorfeld von Weihnachten manche Christen beginnen, sich am Weihnachtsgeschäft vorbei zu schmuggeln und auf den „Friedensfürst“, den „neugeborenen König“ (Mt 2,2) usw. zu besinnen und dabei ihre Aufmerksamkeit auf ein marginalisiertes Kind in Betlehem richten: Verrückt, so eine lächerliche Randerscheinung wie das Kind im Stall und in der Krippe für den „Erlöser“ der ganzen Welt zu halten und von ihm immer noch etwas für Frieden und Freiheit weltweit zu erwarten.
Heutige Realpolitik sucht ein handfesteres Vorgehen für Frieden und Freiheit: Eine Politik der kleinen Schritte mit den notwendigen Zugeständnissen auch in wesentlichen Fragen von Menschlichkeit und Gerechtigkeit kommt dann zum Tragen. „Leider“ kommen dabei viele Menschen im Konflikt unter die Räder. Friede und Freiheit kommen für sie vielleicht später einmal, wahrscheinlich nie; die Konflikte werden auf ihrem Rücken ausgetragen, sie stellen die Toten und bleiben die Opfer.
Mitten in dieser Zeit verrückter Gewaltpolitik und Hoffnungslosigkeit gibt es auch Widerspruchszeichen. In unseren Tagen wird im gleißenden Licht der Weltöffentlichkeit eine andere Verrücktheit umgesetzt: Am 10. Dezember erhält Malala Yousafzai den Friedensnobelpreis, eine jetzt 17jährige Pakistani (und heute, wenn ich diesen Text schreibe, ist noch keineswegs sicher, dass sie diesen Termin überhaupt erleben darf), zusammen mit dem indischen Kinderrechtler Kailash Satyarthi (auch verrückt für viele, dass das Nobelkomitee niemanden anderen finden konnte als gerade einen Inder, um sich den Preis mit dieser Pakistani zu teilen – die Regierungen beider Ländern sind nicht gerade angetan von der Ehre).
In Malala sehe ich eine unscheinbare Figur, ein Kind, die mit ihren damals gerade einmal zwölf Jahren nichts Besonderes wollte: nur lernen dürfen. Solch ein Ansinnen eines Kindes war für die Taliban verrückt und bedrohlich genug, um Malala ermorden zu wollen – die Geschichte vom Kindermord in Betlehem (Mt 2,16f) als extreme realpolitische Option kommt einem in Erinnerung.
Weihnachten und die „Geburt des Erlösers“, die in der Gebetsmeinung angesprochen wird, haben natürlich nichts mit der Romantik und Berieselungsmusik unserer Shoppingzentren zu tun („holder Knabe im lockigen Haar“). Weihnachten und die Berichte im Evangelium vom Anfang des Lebens Jesu führen zum Geheimnis dieses Menschen aus Nazaret hin, dessen Lebensoptionen sich auf die Armen, die Ausgeschlossenen, die „Nichtse“ seiner und unserer Zeit bezogen und – verrückt, das glauben zu wollen – dadurch Frieden und Freiheit gebracht.
Weihnachten will uns im Glauben und Handeln bestärken, die Erlösung auch unserer Zeit von den Schwachen, den Unscheinbaren, den Geopferten zu erwarten und mit ihnen an der Umsetzung und Verwirklichung dieser Erlösung zu arbeiten, in Solidarität und im Engagement für die Umsetzung der Herrschaft Gottes in unserem persönlichen Leben und in unserer Gesellschaft.