Allgemeine Gebetsmeinung - Juni 2013

Juni 2013

Wir beten: Für eine Kultur des Dialogs, des Aufeinander-Hörens und des Respektes unter den Völkern.

Frt. Severin Parzinger SVD

Wort Gottes: 

„Höre, Israel! Der Herr, unser Gott, der Herr ist einzig. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. Diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen. Du sollst sie deinen Söhnen wiederholen. Du sollst von ihnen reden, wenn du zu Hause sitzt und wenn du auf der Straße gehst, wenn du dich schlafen legst und wenn du aufstehst. Du sollst sie als Zeichen um die Hand binden. Sie sollen zum Schmuck zwischen deinen Augen werden. Du sollst sie auf die Türpfosten deines Hauses und in deine Stadttore schreiben“ (Dtn 6,4-9)


Am Beginn der Schöpfung und vor allem Neuentstehen steht Gottes lebenstiftende Wort, Jesus Christus. So sagt es uns das Johannes-Evangelium: „Im Anfang war das Wort“. Das Menschsein hingegen beginnt mit dem Hören – mit dem Hören auf das gesprochene Wort. Oft können wir im menschlichen Miteinander, besonders in Liebesbeziehungen, diese Erfahrung machen: eine Beziehung beginnt meist nicht mit vielen Worten, sondern sie entsteht im gemeinsamen, auch unbewussten Hören auf das Wesen des anderen, auf das im Moment Entstehende. Im schweigenden Hören wird das Wesentliche erfahrbar, das Hören ist der Beginn der Liebe. Daraus entsteht die Dynamik gemeinschaftlichen Lebens, im Wechselspiel zwischen dem Sprechenden und dem persönlich Angesprochenen; so entsteht Dialog und Gespräch als tiefer Ausdruck menschlicher Beziehung. Stößt man aber beim jeweiligen Gegenüber auf taube Ohren, auf ein verschlossenes Herz, oder hat jemand nichts zu sagen, verweigert die Kommunikation, dann kommt es zum Bruch, zur Beziehungskrise, zum Konflikt.  

In unserer interkulturellen Steyler Gemeinschaft wird die ganze Bandbreite solcher Erfahrungen tagtäglich konkret. Nach und nach beginne ich zu erahnen, was es wirklich bedeutet, auf mein Gegenüber zu hören und jedem in einer Haltung offenen Herzens zu begegnen. Dies erfordert immer wieder neu viel Mut und Kraft, denn – es ist schwer, auf den einzelnen Mitmenschen wirklich zu hören. Aber nur so ist Gemeinschaft möglich, nur durch das Hören kann echter Dialog entstehen, nur dann eröffnet sich der nötige Raum von gegenseitigem Respekt und Vertrauen, nur im aufrichtigen Hören können Vorurteile und Fremdheit überwunden werden. Was für die zwischenmenschliche Begegnung allgemein gilt, wird in der internationalen Gemeinschaft noch deutlicher, noch wesentlicher, noch entscheidender. Diese Haltung des hörenden Dialogs lernen wir aber auch besonders im Hören auf Gott, auf diesen alleinigen Gott, der die Mitte unserer Gemeinschaft ist, die Mitte, in der sich jeder wiederfindet. Es ist das von Liebe erfüllte, hörende Ohr Gottes im Zentrum unseres Miteinanders, das uns tröstet, stärkt und einander verstehen lässt. Es ist das ganz persönlich gesprochene Wort Gottes, das jeden einzelnen auf besondere Weise in unsere Gemeinschaft ruft.  

Nicht zuletzt deshalb steht uns Menschen dieses Hören der Liebe auf’s Herz geschrieben und ist etwas, was unser ganzes Leben in allen Dimensionen erfüllt, „mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Lebenskraft“. Diese Berufung zum Hören ist uns an die Hand gebunden, damit wir sie verwirklichen im täglichen Miteinander im Dialog mit dem Mitmenschen; sie ist uns Schmuck zwischen unseren Augen, damit wir voller Respekt die Andersartigkeit des vermeintlich Fremden sehen; sie ist uns an die Türpfosten unseres „Hauses“ geschrieben, damit sie uns leite in der Begegnung mit uns selbst, mit Gott und mit seinen Menschen.


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