Allgemeinen Gebetsmeinung - Mai 2009

01. Mai 2009

Wir beten für die Förderung geistlicher Berufe, dass die Christen persönlich und in den Gemeinden sich für Priester- und Ordensberufe in der Weltkirche einsetzen.

Mangel an geistlichen Berufungen

Es ist keine Frage, die Anzahl junger Menschen, die sich in unseren Breiten allgemein für einen geistlichen Beruf interessieren und dann eventuell einer Berufung zum Priester oder Ordensleben folgen, geht seit Jahren stetig zurück. Was die Beobachter der kirchlichen Situation auf dem Sektor der geistlichen Berufungen schon seit der Mitte der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts als sich anbahnenden und sich fortentwickelnden Trend wahrnahmen, bemerken jetzt oft sehr schmerzlich die einzelnen Christen und die Gemeinden vor Ort. Spätestens seit immer mehr Klöster schließen, die vorhandenen Ordensleute sich aus ihren vielfältigen Engagements zurückziehen, die bisherigen Gottesdienst- und Kasualienwünsche in den Gemeinden sich nicht mehr abdecken lassen und aus diesen und aus anderen Gründen immer mehr Ortsgemeinden sich zusammenschließen müssen, ist der Mangel an geistlichen Berufungen auch im Bewusstsein der Basis angekommen. Es ist so, wie Professor Paul M. Zulehner schon vor einigen Jahren schrieb: „Die Priesterseminare verzeichnen immer weniger Eintritte, die das mit der Ehelosigkeit verbundene Priesteramt anstreben. Die Männer- und noch mehr die Frauenorden müssen eine um die andere Einrichtung schließen, weil auch bei ihnen weit mehr sterben als eintreten - von wenigen Ausnahmen (meist kontemplativer Orden) abgesehen. Kurzum die herkömmliche Kirchengestalt vergeht."


„Zurück zur einer geistlichen Ursprünglichkeit! 

An diesen Zustand kann man sich gewöhnen, sich damit abfinden und sogar der Meinung, sein, wenn die Kirche in unseren Breiten in ihrem Glauben und einer sich daraus herleitenden, das Leben prägenden Spiritualität so arm geworden ist, dass sie nicht mehr genügend junge Leute für einen geistlichen Beruf begeistern kann, dann soll sie eben hier untergehen und sterben. Diese resignative, sich selbst aufgebende und sich von der eigenen Zukunft verabschiedende Haltung steht aber im Widerspruch zu der Tugend der Hoffnung, die ja als eine göttliche, eingegossene Gabe in der christlichen Existenz lebt. Diese Hoffnung aufgeben und sie nicht mehr leben lassen, wäre daher ein fundamentaler Verrat an einer wesentlichen Dimension der christlichen Existenz. Setzen wir auf diese Hoffnung, kann sich darin ausdrücken, was der Erfurter Bischof Joachim Wanke „Zurück zu einer geistlichen Ursprünglichkeit" nennt. Er sagt: „Es gilt, eine neue geistliche Ursprünglichkeit zurückzugewinnen. Ich wage zu sagen: Eine neue (reflektierte) geistliche Naivität wäre vonnöten... Das ist das Gebot der Stunde auch im Blick auf die Frage, wie es wieder zu geistlichen Berufungen in unseren Gemeinden kommen könnte. Das Grundwasser unserer Kirchenbefindlichkeit sollte sich aus der Überraschung und der Freude speisen, die das Evangelium, sprich: die Erfahrung, über alle Maßen geliebt und gewollt zu sein, auslöst. Mir fällt spontan dieses Schriftwort ein: Suchet zuerst das Reich Gottes und den Lebensstil, zu dem dieses Reich freisetzt - und alles andere, auch der Nachwuchs in den Seminaren und Noviziaten, wird euch hinzugegeben werden" (in freier Anlehnung an Mt 6,33).



Gebet - sich sensibilisieren (lassen) für das Wirken des Geistes Gottes 

Eine wesentliche Möglichkeit, dieser geistlichen Ursprünglichkeit oder neuen geistlichen Naivität gewiss zu werden und sie leben zu lassen, ist das Gebet; Gebet, verstanden nicht einfach und allein als das Beten für oder Beten um etwas, wie zum Beispiel um Frieden, um gutes Wetter usw., sondern als das zuerst und vor allem absichtslose Eintauchen in das Sein und die Tiefe Gottes. Wer sich auf diesen Prozess einlässt, dem schenkt sich die Wirklichkeit Gottes in der Weise seines Geistes, der ihn öffnet auch für die ungeahnten und rein menschlich unmöglichen Möglichkeiten einer göttlichen Phantasie für die Zukunft seiner Kirche. In ihr wird es sicher geistliche Berufungen geben, Berufungen zur priesterlichen Existenz und zu den evangelischen Räten in Orden und anderen Lebensformen. Wie sie konkret aussehen werden, wissen wir nicht, denn wir leben ja in einer Krise, in der die künftige Gestalt der Kirche in unseren Breiten sich noch nicht abzeichnet, vielleicht auch deswegen, weil unser „Geistlich-sein" vor allem darin besteht, dass wir uns dem Geist, der uns in eine neue Zukunft führen will, widersetzen. Diese Krise hat aber ihre große Chance, wenn wir uns als einzelne, als Gemeinden und Gemeinschaften vor allem in den Gebetssituationen in die vom Geist Gottes sich eröffnende Zukunft hineinführen lassen. Worum es geht, drückt Bischof Joachim Wanke in etwas anderer Sprache so aus: „Im Kern geht es um die Hebung des geistlichen Grundwasserspiegels in der Mitte unserer Gemeinden und Gemeinschaften. Dass dort Jesus Christus in den Blick kommt, dass es dort Menschen gibt, die von seinem Gotteshorizont her ihr Leben überzeugend ordnen und gestalten, dass es ein fragendes, nachdenkliches, ein auf der Höhe des heutigen Problembewusstseins stehendes katholisches Christentum in... gibt, aber eben auch eine katholische Kirche und in ihr Gemeinden und Gemeinschaften, die zu feiern wissen, was uns von Gott her geschenkt ist - das ist ihr entscheidender Auftrag einer Berufungspastoral in der augenblicklichen Stunde."

 


Franz-Josef Janicki SVD, Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung Mai 2009 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 3/2009, Steyler Verlag, Nettetal

ndk

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