Allgemeinen Gebetsmeinung - Februar 2009

01. Feb 2009

Wir beten für die Lehrer und Hirten der Kirche, dass sie bei ihrer Lehrtätigkeit und im Dienst am Gottesvolk immer offen sind für das Wirken des Heiligen Geistes.

Auf den Geist hören 

In der Apostelgeschichte des Lukas gibt es eine merkwürdige Stelle. Paulus hat seine zweite Missionsreise begonnen und will mit seinen Begleitern im Gebiet von Kleinasien missionieren. Doch da kommt ihm „jemand" dazwischen: 

„Weil ihnen aber vom Heiligen Geist verwehrt wurde, das Wort in der Provinz Asien zu verkünden, reisten sie durch Phrygien und das galatische Land. Sie zogen an Mysien entlang und versuchten, Bithynien zu erreichen; doch auch das erlaubte ihnen der Geist Jesu nicht. So durchwanderten sie Mysien und kamen nach Troas hinab" (Apg 16,6-8). Der Heilige Geist greift also zu recht handfesten Mitteln, um die Missionare nach Europa zu dirigieren. Denn in der Hafenstadt Troas hatte Paulus eine Vision: Im Traum erschien ihm ein Mazedonier und bat: „Komm herüber und hilf uns!" So kam das Evangelium nach Europa.

 

„"Der Heilige Geist und wir haben beschlossen... " 

In dieser Weise hat einer der ersten Hirten der Kirche, Paulus, auf den Geist gehört, war er offen für das Wirken des Geistes. Das wird gerade in der Apostelgeschichte immer wieder betont: Als die Hirten der Kirche von Antiochien Gottesdienst feierten und fasteten, „sprach der Heilige Geist: Wählt mir Barnabas und Saulus aus" zur Missionsreise (Apg 13,2). Und was die in der Gebetsmeinung genannte Lehrtätigkeit der Hirten betrifft, so leiten die Väter des Apostelkonzils den Hauptteil ihres Schreibens mit den Worten ein: „Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen..." (Apg 15,28). 

Natürlich kann das missbraucht werden, wenn etwa ein von sich selbst eingenommener Bischof (wie geschehen!) seine nicht sehr klugen Anweisungen mit den Worten einleitet: „Der Heilige Geist und wir haben beschlossen..." Doch dieser Bischof hat gerade nicht auf den Heiligen Geist gehört, sondern, nach einem bekannten Bonmot, seinen Vogel mit dem Heiligen Geist verwechselt.

 

Die sogenannte Unfehlbarkeit 

Bleiben wir bei der Lehrtätigkeit. Was die katholische Kirche unter „Unfehlbarkeit" versteht, hat mit dem Heiligen Geist zu tun. Was man mit einem nicht sehr glücklichen Wort „Unfehlbarkeit" nennt, ist zunächst eine Sache der ganzen Kirche. Wenn die Kirche in Glaubenswahrheiten eine wichtige Entscheidung fällt, dann sorgt der Heilige Geist, den Jesus seiner Kirche verheißen hat, dafür, dass sie in wichtigen Dingen nicht in die Irre geht. Die Kirche stützt sich dabei auf die Verheißungen Jesu, z.B. gemäß Joh 14,26: „Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe." Oder Joh 16,13: „Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit führen." Diese Verheißung gilt besonders dann, wenn die Hirten der Kirche mit dem obersten Hirten, dem Papst, zu einem ökumenischen Konzil versammelt sind. Sie gilt aber auch vom Papst, dem universalen Hirten, als Verkörperung der Einheit der Kirche. 

Die Verheißung des Geistes Jesu ist aber kein Automatismus. Sie schließt die Pflicht ein, auf den Geist zu hören - zu hören, „was der Geist den Gemeinden sagt" (Offb 2,11). So wie Paulus sich durch den Geist im buchstäblichen Sinn führen ließ.

 

Das Amt hat den Geist nicht gepachtet 

Neben der Lehrtätigkeit nennt die Gebetsmeinung den „Dienst am Gottesvolk". Auch darin sollen die Hirten der Kirche offen sein für das Wirken des Heiligen Geistes. 

Das Amt hat den Heiligen Geist nicht gepachtet, im Gegenteil. Die neuen Aufbrüche in der Kirche, in denen man das Wehen des Geistes spürt, kamen und kommen meist von unten, nicht vom Amt. Denken wir an Franz von Assisi, der eine charismatische Bewegung ohnegleichen entfachte. Er konnte von Glück sagen, dass ein mächtiger Papst wie Innozenz III. seiner Bewegung keine allzu großen Steine in den Weg legte, sondern seine Regel approbierte. Denken wir an die Missionsbewegung des neunzehnten Jahrhunderts und an den heiligen Arnold Janssen. Auf mühsamen Reisen suchte er die Unterstützung der Bischöfe für sein Missionswerk zu gewinnen und stieß doch nicht selten auf Unverständnis, ja Ablehnung. Denken wir schließlich an die geistlichen Aufbrüche und spirituellen Bewegungen unserer Zeit. Sie entstanden nicht in den höheren Rängen der Amtskirche, sondern unten im Gottesvolk. Es ist der ewige Gegensatz von Amt und Charisma, wobei das Amt die Aufgabe hat, offen zu sein für das Wirken des „creator spiritus" und „den Geist nicht auszulöschen". Zugleich sind die Hirten der Kirche dazu da, die Charismen zu prüfen und ungesunde Entwicklungen zu unterbinden. 

Vom gegenwärtigen Papst und seinem Vorgänger kann man sagen, dass sie früher und besser als andere erkannt haben, welche Bedeutung die charismatischen Aufbrüche und die neuen geistlichen Bewegungen für die Kirche haben. Denken wir an den Besuch Johannes Paul II. in Taize, wo er Worte fand, die dort bis heute unvergessen sind. Denken wir an den großen Kongress aller neuen geistlichen Gemeinschaften vor einigen Jahren am Pfingstfest in Rom, wo der damalige Kardinal Ratzinger den theologischen Festvortrag hielt. 

Der Geist spricht durch die Zeichen der Zeit. Der Geist spricht durch die Kleinen und Geringen. Für diesen Geist offen zu sein, das wünschen und erbitten wir den Hirten der Kirche - und nicht nur ihnen.

 


Karl Neumann SVD, Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung Februar 2009 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 1/2009, Steyler Verlag, Nettetal

ndk

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