Allgemeine Gebetsmeinung - Dezember 2008

01. Dez 2008

Wir beten, dass die Kirche, angesichts der Kultur von Tod und wachsender Gewalt, durch ihr apostolisches und missionarisches Handeln mutig die Kultur des Lebens fördert.

Kultur von Tod und Gewalt - eine Unkultur

Wenn in dieser Gebetsmeinung von der "Kultur" von Tod und wachsender Gewalt die Rede ist, kann der Begriff "Kultur" nur in einem abgeleiteten, uneigentlichen Sinn gebraucht werden. Wenn der Mensch in der Natur verwurzelt, ihr aber nicht total ausgeliefert ist, sondern sein Menschsein erst realisiert, wenn er sie erkennt, durchdringt, bearbeitet und gestaltet, sich also als ein die Natur transzendierendes Wesen erlebt und darin eine für sich und andere lebbare Welt schafft, kann der Begriff "Kultur" nur positiv besetzt sein. Wenn sich Menschen in unserer Welt in einem immer stärkeren Maße, aus welchen Motiven auch immer, dazu hergeben, anderen Menschen das Leben zu nehmen - also zu Mördern werden -, ihre Lebenswelt zu vernichten und dazu gewaltige zerstörerische Machtpotenziale aufzubauen, kann man hier eigentlich nur von einer Unkultur von Tod und wachsender Gewalt reden, die es mit allen ethisch verantwortbaren Mitteln zu bekämpfen gilt.

 

Förderung der Kultur des Lebens 

In dieser Unkultur von Tod und wachsender Gewalt möchte die Kirche durch ihr apostolisches und missionarisches Handeln die Kultur des Lebens fördern. Sie lässt sich in diesem Wunsch, obwohl es in ihrer Vergangenheit durch "Vergessen" ihres eigentlichen Auftrags und Verrat an ihm ganz andere gegenteilige Phänomene gab, von ihren besten Traditionen leiten.

Dazu gehört zunächst der Glaube an die Gottebenbildlichkeit des Menschen. Wenn der Mensch nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen ist, kommt ihm eine ganz spezielle Würde und Wertigkeit zu, die durch niemanden und nichts zur Disposition gestellt werden kann. Arnold Angenendt, der Münsteraner Kirchenhistoriker, hat in seinem Buch "Toleranz und Gewalt" belegt, wie früh und dann durchgehend dieser Gedanke von der Gottebenbildlichkeit des Menschen für die Entwicklung einer Kultur des Lebens wichtig geworden ist. In die Kultur des Lebens ist auch der "Sünder" eingewoben, wenn Thomas von Aquin sagt: "Wir müssen nämlich in den Sündern das hassen, was sie zu Sündern macht, und das lieben, was sie zu Menschen macht." "Hiermit ist für jeden Menschen ein bleibendes Existenzrecht formuliert, das auf von Gott begründetem Respekt beruht: Jeder ist, unabhängig von Stand, Bildung, Rasse, Nationalität (aufgefordert), sogar Sündigkeit zu akzeptieren, letztlich zu lieben" (a.a.O., S. 583)

 

Liebesgebot 

Ferner gehört dazu auch die Besinnung auf und die Auseinandersetzung mit dem sich aus der Hebräischen Bibel herleitenden und von Jesus neu formulierten Liebesgebot, das keinen, auch nicht den Feind, ausschließt. Auch hier geht es um einen wesentlichen Beitrag zur Kultur des Lebens, wenn der Prozess des apostolischen und missionarischen Handelns das Bewusstsein der Menschen im Sinne dieses Liebesgebotes verändert. Die Kirche als ein Communio-Ereignis aus allen Völkern von pfingstlicher Qualität bleibt hier nicht nur auf der Ebene der Bewusstseinsveränderung durch Verkündigung, sondern lebt, trotz vieler und gravierender Gegenzeugnisse in ihren Milieus, eine Kultur des Lebens vor, die im Zeitalter der Globalisierung von großer Wichtigkeit ist.

 

Die Lebensintention und der Lebensvollzug Jesu 

Des Weiteren gehört dazu, dass die Kirche, wenn sie sich "apostolisch" und "missionarisch" zum Anwalt einer Kultur des Lebens macht, sich inspirieren lässt von der gesamten Lebensintention und dem Lebensvollzug ihres Heini, der es für sich so formuliert hat: "Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele" (Mk 10,45). Dabei ist es wichtig zu sehen, dass Jesus alle Gewalt ablehnt, auch in der Stunde, als er sich so gegen seine Festnahme hätte wehren können. Dem Jünger, der da zum Schwert greift, sagt er: "Steck dein Schwert in die Scheide; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen" Mt 26,52). Zu diesem Selbstinspirationsprozess der Kirche in ihrem Engagement für eine Kultur des Lebens gehört auch die je neue Auf- und Annahme der Spiritualität der Bergpredigt mit den für unsere Thematik besonders wichtigen Sätzen: "Selig, die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land erben" und "Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden" (Mt 5,5.9).

 

 

Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung Dezember 2008 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 6/2008, Steyler Verlag, Nettetal

Franz-Josef Janicki SVD

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