Allgemeinses Gebetsanliegen - November 2008

01. Nov 2008

Wir beten, dass das Beispiel der Heiligen uns Christen in unserer Hingabe an Gott und an die Mitmenschen bestärke, Christus nachzufolgen, der gekommen ist, um zu dienen und nicht um sich bedienen zu lassen.

Der Weise redet nicht? 

Die blutleeren Wortkaskaden geistlicher Laberköpfe bewegen nichts. Sie strapazieren höchstens die angegriffenen Nerven ihrer Hörerinnen und Hörer. Angesichts ihrer Produkte lässt sich mit Michael Graff fragen, ob hier nicht Glauben vom Weghören kommt? Er stellt fest: "Die Gottsucher aller Zeiten suchten das Weite. Sie ahnten, dass der, den sie suchten, nicht im Gerede war." Und Laotse sagt: "Der Weise redet nicht. Der Redende weiß nicht."

 

Jesus redet 

Wie auch immer! Jesus jedenfalls redet... Wenn er redet, strapaziert er nicht die Nerven seiner Hörerinnen und Hörer. Sie hören nicht weg. Sie suchen nicht das Weite. Sie erleben ihn nicht als "Schaumschläger", als "Wortkonditor" und "Ausdrucksfürsten" (Martin Walser). Im Gegenteil, sie hören hin. Sie ahnen, dass das, was sie suchen, in seinem Wort lebt und zu finden ist. Darum sind sie "betroffen von seiner Lehre" und rufen: "Was für ein Wort!" ( vgl. Lk 4,32). Ja, was für ein Wort trifft sie hier und was lebt in ihm und ist in seinem Wort zu finden? Die Antwort lautet: Jesus selbst. Er ist identisch mit seinem Wort. In ihm ist er gegenwärtig, drückt er sich aus und zeigt er sein Wesen.

 

Die Wirkung des Wortes Jesu 

Wenn sein Wort die Menschen erreicht, so bezeugen alle Begegnungsgeschichten in den Evangelien, vor allem die Heilungsgeschichten, aktiviert er die gesammelte Kraft und Dynamik seines ganzen, heilen und gottunmittelbaren Lebens. Sie ergießt sich in die als dämonisch empfundene, sich selbst entfremdete und gespaltene Existenz der Menschen, und er befreit und heilt sie von Grund auf. Sein vollmächtiges Wort bringt die vielen lebensverneinenden Stimmen solcher Existenzen zum Schweigen und setzt sie auf die Spur ihres Gelingens. Ein Stück, eine Parzelle, eine Oase glückenden Lebens entsteht. Das mit sich selbst versöhnte und damit auch mit Gott versöhnte Leben wird Wirklichkeit. Die Kraft und die Macht des Wortes ist von solch lebendiger Dichte, dass es ahnen lässt, wie Gott, die letzte Quelle und der letzte Grund des Lebens, zum Leben der Menschen überhaupt steht. Jesus nennt ihn -Vater" und lässt ihn als die Wirklichkeit erfahren, die sich leidenschaftlich für das Gelingen des Lebens interessiert und einsetzt. Sie sagt fundamental ja zu ihren Geschöpfen und gibt allen Menschen die Chance, aus dem belastenden Leben der Selbstentfremdung und Gottesfeme zu einem wahren menschlichen Leben aufzubrechen. Das ist das, was Jesus den Menschen in seinem Wort schenkt. Das lässt sie erstaunt aufhorchen und den Mut fassen, ihr Leben zu bejahen, anzunehmen und in Hoffnung zu entwerfen, bis sich seine gültige Gestalt im Reiche Gottes zeigt.  

Seine sich so zeigende und erschließende Existenz deutet Jesus in einem anderen Zusammenhang mit den Worten: "Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen..." (Mk 10,45). Es ist eine Art Kurzformel für sein Wollen und Tun.

 

Jesusnachfolge 

Zu dieser Lebensauffassung lädt er auch die Frauen und Männer ein, die mit ihm unterwegs sind nach Jerusalem. In einem langen, schwierigen Lernprozess vor und nach dem Kreuzes- und Osterereignis geben sie diesem jesuanischen Lebensentwurf und Lebensvollzug allmählich Gestalt in ihrem Leben und werden damit in seiner Nachfolge zu glaubwürdigen Zeuginnen und Zeugen Jesu. In diesem Nachfolgeprozess entwickeln sie sich aber nicht zu gleichartigen Kopien oder zu geklonten Figuren dieser jesuanischen Lebensauffassung. In ganz individueller Weise, und in ganz unterschiedlichen kulturellen, sozialen und politischen Umfeldern realisieren sie das, was sie im jesuanischen Nachfolgeprozess sich zu eigen machen. In ähnlicher Weise haben sich die Heiligen in diesen Prozess der Nachfolge Jesu hineinbegeben und etwas von diesem jesuanischen Lebensverständnis zum Leben gebracht und damit dem Gelingen des Lebens überhaupt in Wort und Tat gedient. Sie können uns heutigen Christinnen und Christen Mut machen, unseren ureigenen, individuellen Weg der Jesusnachfolge zu suchen und zu gehen. Damit werden wir ganz sicher unser Leben lang zu tun haben. Dabei werden wir wie die Jüngerinnen und Jünger Jesu und wie die Heiligen, Maß nehmen müssen an dem Wort Jesu und dem, der uns darin begegnet. Dies wird dann immer wieder zu einem Heilungs- und Heilsereignis, das uns auf die Spur des gelingenden Lebens führt, für das wir uns einsetzen. Dass sich das realisiert, dafür ist das wechselseitige Fürbittgebet nötig.

 

Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung November 2008 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 6/2008, Steyler Verlag, Nettetal

Franz-Josef Janicki SVD

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