Missionsgebetsmeinung - September 2008

01. Sep 2008

Wir beten für die christlichen Familien, dass sie die Werte der Liebe und Gemeinschaft pflegen und offen sind für die materiellen und geistlichen Bedürfnisse der Mitmenschen.

Die Missionsgebetsmeinung für September ist zweifellos für christliche Familien in vielen Ländern der Welt von großer Bedeutung. Ein Blick auf die Familie im heutigen China dürfte das bestätigen. Die traditionelle Großfamilie, in der mehrere Generationen zusammenlebten, ist weitgehend eine Sache der Vergangenheit. Der Trend, kleine Familien zu gründen, ist vorherrschend geworden. Gemäß offiziellen Statistiken hat China heute 340 Millionen Familien mit (durchschnittlich) 3,63 Personen je Haushalt.

 

In der Vergangenheit gab es in jeder Familie ein "Haupt", das absolute Autorität besaß und das letzte Sagen in Familienangelegenheiten hatte. Aber heute arbeiten in vielen Familien Ehemann und Ehefrau den Haushaltsplan gemeinsam aus und entscheiden erst nach Beratungen (oft auch mit anderen Familienangehörigen) über Familienangelegenheiten.

 

Ihrer Tradition gemäß respektieren die Chinesen die Alten und sind sehr kinderlieb. Obwohl viele junge Paare heute nicht mehr bei den Eltern wohnen, stehen sie doch noch in engem Kontakt mit ihnen. Erwachsene Kinder sehen es als ihre Pflicht an, ihre Eltern zu unterstützen und ihnen in der Not beizustehen. Die Chinesen halten die Beziehungen zwischen den Familienangehörigen und Verwandten für sehr wichtig. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass alle Kinder das chinesische Neujahrsfest mit ihren Eltern zusammen feiern.

 

Über menschenrechtliche Vergehen bei der Familienplanung ist viel berichtet worden. Es handelt sich bei dieser Planung um eine der grundsätzlichen staatlichen Festlegungen. Die beiden Vorschriften dieser Familienplanung sind (1) späte Hochzeit und damit späte Geburt und (2) vor allem nur ein Kind! Eine beweglichere Politik wird allerdings unter der Landbevölkerung und in den Gebieten mit ethnischen Minoritäten angewandt.

 

Es ist an der Zeit, auf neue Probleme einzugehen, von denen viele der derzeitigen (unter ihnen auch viele christliche) Familien in China heimgesucht werden. Nur einige dieser Probleme können hier angesprochen werden. Die Familienplanung hat in China zur Ein-Kind-Familie geführt, in der das Einzelkind ohne Geschwister aufwächst, mit den Eltern (vor allem in den Städten) kaum Kontakt hat und in Heimen oder bei den Großeltern aufgezogen wird. Man kann sich gut vorstellen, dass es für solche Kinder nicht leicht sein wird, sich später in Schulen und in der Gesellschaft zurechtzufinden.

 

Das Problem der Wanderarbeiter/innen (Migranten) in China hat fast unvorstellbare Ausmaße angenommen. Man spricht von ungefähr 150 Millionen Migranten. Sie sind wichtig für den wirtschaftlichen Aufbau des Landes, helfen ihrer Heimat durch das Geld, das sie verdienen und heimbringen; aber sie bezahlen dafür mit langer Trennung von ihren Familien. Es bleibt eine Generation von Kindern in den Dörfern, die im Allgemeinen von den Großeltern oder anderen Verwandten aufgezogen werden. Nach jüngsten Berichten spricht man von 58 Millionen zurückgelassenen (left-behind) Kindern; im Jahre 2004 waren es erst 22 Millionen. Ein anderer Bericht spricht davon, dass in vielen armen Gebieten der Provinz Jiangxi jede Person im Alter von 16-55 Jahren jährlich für sechs Monate ihre Heimat verlässt, um durch Fabrikarbeit in Küstengebieten Geld zu verdienen.

 

Besonders gefährdet sind Familien zurzeit durch häufige Ehescheidungen. Eine Ehescheidung galt im sozialistischen China als tabu, als Eingeständnis des Versagens. Aber vor einigen Jahren hat die Regierung die Verwaltungsprozeduren für Hochzeiten und Ehescheidungen einfacher gemacht. Seither gibt es einen starken Anstieg der Scheidungszahl in der Volksrepublik China. Im Jahr 2004 ließen sich 1,61 Millionen Paare scheiden, ein Anstieg um 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Selbst auf dem Land nehmen Scheidungen zu. Was sind die Gründe dafür? Die vereinfachten Formalitäten, aber wichtiger: (1) der moderne Lebensstil in den Städten und (2) der Verlust an traditionellen Werten.

 

Im konfuzianischen Weltbild galt die Familie als Symbol der höchsten Einheit und war ein Modellbild für den Staat. Kinder zu bekommen, war die erste Pietätspflicht gegenüber Eltern, Sorge für Mann und Schwiegereltern die erste Pflicht der Frau. Und heute? Jeder soll sein privates Glück suchen. Individuelle Lebensplanung ist wichtiger als Erwartungen der Familie oder des Staates. Frauen opfern sich da kaum noch für die Ehemänner auf.

 

Der neueste Trend? Partnerschaft ohne Trauschein! Zwei Drittel der Scheidungen werden in je 10 Minuten für 10 RMB (1 Euro) ausgestellt. Es gibt viele Nachrichten über die Zunahme von Scheidungen, Affären, Seitensprüngen. Wen interessiert noch das Bild von der romantischen Liebesheirat? All dies veranlasst viele junge Leute dazu, ganz auf die Heirat zu verzichten. Man fürchtet Verletzungen und Verwicklungen. Ewige Liebe gebe es nicht, da könne man genauso gut einfach nur zusammenleben.

 

Wie schon angedeutet, sind viele christliche Familien in China den Gefahren ausgesetzt, die ein gesundes, Gott gewolltes Ehe- und Familienleben gefährden oder fast unmöglich machen. Helfen wir ihnen durch unsere Gebete, dass sie im Sinne der Missionsgebetsmeinung leben und arbeiten können. Wir wollen aber nicht nur der christlichen Familien gedenken, sondern aller Familien dieses Riesenreiches, das im Augenblick eine Zeit größter Umbrüche durchlebt.

 

Kommentar zur Missionsgebetsmeinung September 2008 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 5/2008, Steyler Verlag, Nettetal

Arnold Sprenger SVD

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