Missionsgebetsmeinung - August 2008

01. Aug 2008

Wir beten für alle Christen, die zur Heiligkeit berufen sind und sich für die Glaubensverkündigung engagieren, um Förderung geistlicher und kultureller Bildung.

Bevor ich im Jahre 1952 mein Noviziat in St. Augustin begann, gehörten Ausdrücke wie "allgemeine Berufung zur Heiligkeit und zur Mission" für mich zu einer Grauzone. Als ich dann aber begann, die Hl. Schrift aufmerksam von der ersten bis zur letzten Seite durchzulesen, tat sich mir eine neue Welt auf. Ich entdeckte Worte Jesu, von deren Unmittelbarkeit und Sprengkraft ich bislang keine Ahnung gehabt hatte. Ich beziehe mich hier besonders auf die Abschiedsreden (Joh 13-17} und die Bergpredigt Jesu (Mt 5-7).

 

Vor allem die Abschiedsreden haben mich seit jener Zeit nicht mehr losgelassen. Immer wieder drängt sich mir das Gleichnis vom Weinstock und den Reben auf. Wiederholt spricht Jesus davon, dass er in uns wohnt (Joh 14,20; 15,4) und dass der Hl. Geist, der Geist der Wahrheit, in uns wirkt (Joh 14,16; 14,26). Wenn wir dazu noch das Geschehen am Pfingsttag (die Herabkunft des Hl. Geistes) nehmen, dann müssten wir fragen: Was ist aus den Worten Jesu geworden? Waren sie nur zu seiner Zeit wirksam oder auch noch zur Zeit der Apostel und dann nicht mehr?

 

Wir hören heute oft Klagen über das Desinteresse vieler Katholiken an der Kirche. Für nicht wenige scheint Religion Frustration, Versagen und Schuld zu bedeuten. Irgendwie scheint die Frohe Botschaft Jesu von seiner Gegenwart in uns und vor allem von der Herabkunft des Geistes ausgeblendet zu sein. Wir feiern Pfingsten zwar jedes Jahr, im Firmunterricht wird das Geheimnis besprochen, aber bei vielen von uns tut sich da nicht viel. Wenn uns das Pfingstgeheimnis ergriffen hätte, wäre unser Verhalten anders: kühn und nicht furchtsam; energievoll und nicht lustlos, begeistert und nicht gelangweilt. Schauen wir uns die Apostel vor und nach dem Pfingstfest an: Welch ein Unterschied!

 

Das Evangelium ist Frohe Botschaft, nicht nur weil wir uns auf dem Weg zum Himmel befinden, sondern auch, weil uns die Kraft gegeben wird, hier und jetzt neue Menschen zu werden. Vatikan II betont, dass jeder von uns zur Heiligkeit berufen ist (Lumen gentium, Kapitel V), nicht durch eigene Willenskraft, sondern durch die Kraft des Hl. Geistes. Heiligkeit besteht aus Glaube, Hoffnung und vor allem göttlicher Liebe. Das sind "Tugenden", vom Hl. Geist geschenkte "Kräfte". Dazu werden uns vom Hl. Geist noch weitere sieben Gaben geschenkt, die die göttlichen Tugenden stärken und uns ein übernatürliches, charismatisches Leben ermöglichen. Manche denken, dass hierfür nur einige Auserwählte, die "Mystiker", infrage kommen. Der hl. Thomas von Aquin lehrte das Gegenteil. Die Gaben: Weisheit, Wissen, Verständnis, Rat, Frömmigkeit, Stärke, Furcht des Herrn (Jes 11,1-3) sind "Standard"-Ausrüstung, die jedem Gläubigen z.Zt. der Taufe gegeben wird. Alle sind berufen, als Mystiker zu leben. Karl Rahner hat der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass in unserm Zeitalter jeder Christ als Mystiker leben möge.

 

Vatikan II hat ebenfalls gelehrt, dass jeder Christ den Beruf zum Dienen hat. Auch dazu brauchen wir Kraft. Der Hl. Geist stellt dafür andere Gaben zur Verfügung, die wir "Charismen" nennen. Nach dem hl. Thomas sind diese Gaben mehr für den Dienst an anderen als zu unserer Heiligung gemeint. Es gibt keine vollständige Liste von Charismen. In seinem ersten Korintherbrief spricht Paulus eingehend über die Charismen und gibt Anweisungen, wie man diese Gaben am besten einsetzt (siehe vor allem Kapitel 12: Gaben des einen Geistes, dann Kapitel 14: Zungen- und Prophetengabe). Gaben werden nicht durch Geistliche verliehen, sie werden bei Taufe und Firmung direkt vom Heiligen Geist gegeben, manchmal sogar nicht im Zusammenhang mit den Sakramenten (siehe Apg 10, 44-48).

 

Charismen sind wirkungsmächtige Gaben, die frei allen Gläubigen zugeteilt werden. Aber der Herr hat zudem den Aposteln und ihren Nachfolgern noch ein Charisma der Führerschaft verliehen, das alle Charismen bündeln sollte. Die Rolle des Klerus besteht nach diesem Charisma nicht darin, alles selbst zu tun, wie das am Anfang dieser Überlegungen beschrieben wurde, sondern die Charismen der Laien zu bewerten und sie so zu koordinieren, dass sie zur größeren Ehre Gottes und zum Heil aller Menschen zusammenwirken können.

 

Nun, was ist zu sagen, wenn wir bei unserer Firmung "zu kurz" gekommen sind? Hier ist eine gute Nachricht für uns alle! Tatsächlich wurden uns der Geist und seine Gaben geschenkt. Jesus und sein Heiliger Geist sind und leben in uns. Wir können uns jederzeit an Jesus oder den Heiligen Geist wenden und darum bitten, dass die Gaben aktiviert werden. Wir sollten das heute noch und jeden Tag tun, besonders während der hl. Messe. Unser Glaube sagt uns: Jede sakramentale Feier ist ein neues Pfingsten, an dem der Geist und seine Gaben von neuem ausgegossen werden. Ich möchte meiner großen Hoffnung Ausdruck verleihen, dass wir in diesem Zusammenhang ganz klar unsere Berufung zur Heiligkeit und Mission erkennen.

 

Das christliche Leben ist ein Abenteuer, voll von Überraschungen durch den Heiligen Geist, der uns beisteht, wenn wir uns geistlich und kulturell zu bilden bemühen!

 

Kommentar zur Missionsgebetsmeinung August 2008 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 4/2008, Steyler Verlag, Nettetal

Arnold Sprenger SVD

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