Allgemeinen Gebetsmeinung - Juli 2008

01. Jul 2008

Wir beten, dass die Zahl der freiwilligen Helfer wächst, die als Christen mit spontaner Bereitschaft ihren Dienst leisten.

Ehrenämter gibt es nicht nur in der Kirche. Es ist gut, am Anfang einmal das breite Spektrum von Ehrenamtlichen - freiwilligen Helfern - wenigstens in Auswahl zu nennen: von den Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr über die Helfer des Malteser-Hilfswerkes oder die Wasserwacht der DLRG bis zu den freiwilligen Katastrophenhelfern beim Technischen Hilfswerk, dann auf kommunalpolitischem Feld die Wahlhelfer oder der Schiedsmann, beim Gericht die Schöffen - kurz gesagt: jeder dritte Deutsche engagiert sich ehrenamtlich. Es ist also nicht so, dass die Deutschen sich heute nicht mehr engagieren würden.

 

Auf vorgeschobenem Posten
Die Kirchen könnten ohne ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kaum existieren. Angefangen vom Pfarrgemeinderat und Verwaltungsrat bis zu den Lektoren und Kommunionhelfern im Gottesdienst, von den Leitern und Leiterinnen der Vorbereitungsgruppen auf die Erstkommunion und Firmung bis zu den Besuchsdiensten und Austräger(inne)n des Pfarrbriefs und den Mitgliedern des Kirchenchors reicht die Palette der ehrenamtlichen Mitarbeiter. Das Zweite Vatikanische Konzil hat das Thema unter dem Titel "Apostolat der Laien" verhandelt und dem Laienapostolat ein eigenes Dekret gewidmet. Dort wird hervorgehoben, dass diese Laien durch ihre größere Fachkenntnis den Nur-Theologen überlegen sein können. Sie kämpfen sozusagen auf vorgeschobenem Posten und können in Kreisen Zeugnis ablegen, in die z.B. ein Priester nur schwer vordringen kann.

 

Der Wind der Kirchenfeindlichkeit
Dort weht ihnen gewiss auch der Wind der Kirchenfeindlichkeit ins Gesicht. Das schlechte Image, das die Kirche gegenwärtig oft hat, trifft sie auch ganz persönlich. Kein Wunder, dass sie im Kollegenkreis oder beim Trinkabend ihr kirchliches Ehrenamt oft verschweigen. Auch beim nichtkirchlichen Ehrenamt ist Folgendes festzustellen: Früher war es von Nutzen, bei einer Bewerbung eine ehrenamtliche Tätigkeit anzugeben. Es zeigte soziale Einstellung und staatsbürgerliche Initiative und warf so ein gutes Licht auf den Bewerber. Heute ändert sich das, wie es von kompetenter Seite heißt. Bei der kühl kalkulierenden Personalpolitik moderner Unternehmen wird gefragt, ob der Bewerber/die Bewerberin die für das Ehrenamt geopferte Zeit und Arbeitskraft nicht besser für die Firma verwenden könnte. So wird ehrenamtliche Tätigkeit bei Bewerbungen heute oft verschwiegen. Erst recht gilt das natürlich für kirchliche Tätigkeiten.

 

Wenn Ehrenamtliche nicht praktizieren
Nun ist es ja nicht so, als ob nur die umgebende Welt ungläubig und gefährdet wäre. Viele Ehrenamtliche selbst sind in ihrem Glauben verunsichert, sind vielleicht nicht einmal das, was man "praktizierende Christen" nennt. Was ist da zu tun? Ich meine, grundsätzlich sollte man da großzügig sein. Ich kenne eine Dame, die begeistert im Kirchenchor mitsingt, aber nicht getauft ist. Doch sie ist auf dem Weg zum Glauben und hat sich für Glaube und Taufe entschieden. Warum sollten solche "Christen auf dem Weg" als Ehrenamtliche nicht willkommen sein?

Ein besonderer Fall ist es, wenn Ehrenamtliche am Verkündigungs- oder katechetischen Dienst der Kirche teilnehmen. Da kann man nichts lehren, was man nicht selber glaubt. Es wird oft geklagt, dass die Leiter oder Leiterinnen der Kommunionvorbereitungsgruppen oder Firmvorbereitungsgruppen selber nicht zum Gottesdienst gehen. Wie können sie da die Kinder anleiten, solches zu tun? Ich weiß nicht, ob diese Situation unvermeidlich ist, jedenfalls ist sie ein unhaltbarer Zustand. Man kann nicht große Sonntagsreden vom Zeugnis der Laien halten, und die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Natürlich heißt das nicht, dass alle auf der Linie des Vatikans oder des (Erz-)Bischofs liegen müssten, es heißt aber, dass sie sich bemühen, ein Leben aus dem Glauben, aus der Hoffnung und aus der Liebe zu führen.

 

Nicht zu einer Clique werden

Bei einer Untersuchung in der katholischen Kirche der Niederlande hat man festgestellt, dass die Zahl der Ehrenamtlichen zugenommen hat, gleichzeitig aber hat die Zahl der "Praktizierenden" abgenommen. Wenn diese Tendenz weiterginge, würde sich schließlich der Kreis der Ehrenamtlichen mit dem Kreis der kirchlich Aktiven decken. Doch das ist durchaus kein gutes Zeichen. So wichtig die Ehrenamtlichen sind, es darf und muss auch Christen geben, die den Gottesdienst besuchen, aber keine Zeit oder keine Lust haben, sich ehrenamtlich zu betätigen. Es muss nicht jeder, der neu in die Gemeinde zieht, bedrängt werden, ein Ehrenamt zu übernehmen. Ein Pfarrer einer deutschen Millionenstadt sagte mir: Bei uns gibt es nur eine ganz kleine Gruppe, die kirchlich aktiv sind. Aber diese kleine Gruppe hilft überall mit. Wenn ich einen neuen Arbeitskreis aufmache, dann weiß ich schon, wer kommt: Es sind immer die gleichen. Diese kleine Gruppe kennt sich untereinander; es ist schwer, von außen in die Gruppe hineinzukommen. Dies ist im Grunde keine ideale Situation. Eine solche Gruppe ist immer in der Gefahr, sich abzuschließen, und sei es nur, dass sie einen gewissen "Stallgeruch" annimmt, der vielen nicht liegt.

 

Priestermangel und Ehrenamt
Doch das heißt beileibe nicht, dass wir in unseren Gemeinden genug Ehrenamtliche hätten. Die Zahl der seelsorglich tätigen Priester wird immer kleiner, der Umfang der Pfarrbezirke immer größer. In dieser Situation sind die Laien immer mehr gefragt, die hauptamtlichen und die nebenamtlichen. In jedem Ort wohnen ehrenamtliche Mitarbeiter. Sie sind da, wo der Priester selten erscheint, sie kennen die Situation vor Ort. Ihnen werden Aufgaben zuwachsen, an die wir heute noch gar nicht denken.

 

Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung Juli 2008 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 4/2008, Steyler Verlag, Nettetal

Karl Neumann SVD

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