Allgemeinen Gebetsmeinung - Mai 2008

01. Mai 2008

Wir beten, dass die Christen die Literatur, die Kunst und die Medien dazu nutzen, den Menschen in seinem Wert zu schützen und in seiner Würde zu achten.

Die Literatur, die Kunst und die Musik in ihren je verschiedenen Ausdrucks- und Darstellungsformen bilden wichtige Bereiche des gesamten kulturellen Lebens. Durch ihre ästhetische Brillanz und die damit verbundene Eindrucksmächtigkeit beeinflussen sie von sich aus zutiefst das gesamte dafür empfängliche kulturelle Spektrum. Die modernen Medien vor allem in ihrer elektronischen Variante potenzieren die Einflussnahme in einem bisher nicht dagewesenen Maße. Den Kirchen und den Christen insgesamt kann es deswegen nicht egal sein, welcher Art die Einflussnahme ist und wie sie sich auf das Wertbewusstsein und das gesamte Menschenbild faktisch auswirkt.


Die Kirchen: Kulturelle Akteure

Tatsächlich gehören die Kirchen zumindest im deutschen Sprachraum zu den zentralen kulturpolitischen Akteuren der Gesellschaft. Die Kirchen in Deutschland setzen z. B. rund 20% ihrer Kirchensteuermittel für die sogenannte kulturelle Diakonie ein, während sich die kulturellen Aktivitäten des Staates und der Kommunen nur auf 1,66% ihrer Steuermittel beziffern.

Auf dem Studientag der Deutschen Bischofkonferenz zum Thema "Kulturengagement" im September 2006 hat der Bischof von Aachen Heinrich Mussinghoff als Vorsitzender der Kommission Wissenschaft und Kultur der DBK darauf hingewiesen, dass die mannigfaltige Kulturarbeit und der Dialog mit der Kunst... für den Auftrag der Kirche zentral sei. Die Förderung des kulturellen Engagements sei für ihn "keine Subvention sondern Investition." Das kulturelle Engagement sei für die Bischöfe ein integraler Bestandteil des missionarischen Auftrags der Kirche. Bischof Friedhelm Hofmann von Würzburg, selbst promovierter Kunsthistoriker, hat bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, dass ohne "das Potenzial der musisch-ästhetischen Fremdprophetie die drei Grundvollzüge der Kirche Martyria, Leiturgia und Diakonia keine Zukunft haben. Die "Sinusstudie" hat zudem darauf hingewiesen, dass die Kirche von außen immer weniger über ihre traditionellen Vollzüge, wie Katechese, Liturgie und Gemeindeleben wahrgenommen werde, sondern eher über ihre "kulturell-ästhetischen Äußerungen". Auch für den Erfurter Bischof Joachim Wanke ist es wichtig, dass die Kirche offen sein müsse für "eine Bereitschaft, die für das Evangelium offenen Elemente in den Kulturen oder Milieus unserer Gegenwartskultur zu entdecken, besonders auch in jenen, die dem Christentum fern stehen." Ihm geht es darum "neue Beteiligungsmöglichkeiten (auch partiell) für kirchenferne Menschen bzw. Gruppen an der vom Glauben angebotenen Lebens- und Weltdeutung zu ermöglichen." Damit das richtig eingeordnet wird, fordert er gleichzeitig eine "Demut, mit dem Evangelium nicht kultur-imperialistisch zu agieren." Die Bischöfe insgesamt waren sich auf ihrem Studientag darin einig, sich für "alle kulturellen Ausdrucksweisen, die Unbedingtheit, Authentizität und geistiges Ringen um letzte Fragen verkörpern" zu engagieren. "Angesichts von Fragen nach Glück und Leid, nach Sinn und Unsinn, nach Sehnsucht und Erlösung seien sich Kirche und Kunst besonders nahe" (Stefan Orth; Quelle: Stefan Orth, Größere Wertschätzung, in "Herderkorrespondenz" 12/2006, S.636-640)


Das Interesse der Christen und der Kirche

Den Christen und der Kirche geht es also nicht darum, - Bischof Wanke deutet das schon in seinem Statement an - die Eigenständigkeit der Literatur, der Kunst usw. in Frage zu stellen und sie für die eigenen Zwecke zu vereinnahmen und zu instrumentalisieren. Es geht ihnen vielmehr darum, sie zu fördern und das heißt auch teilzunehmen an ihrer Aufgabe, die menschliche und die ganze geschöpfliche Welt in ihren sinnvollen und fragwürdigen Dimensionen mit ihren Mitteln darzustellen und zu deuten und diesen Prozess kritisch zu begleiten. Nach Paul Konrad Kurz versteht sich z.B. Literatur heute "als Prozess der Wahrnehmung und Kritik, der Erfahrung und Selbstdefinition des Menschen in Gesellschaft und Geschichte". Hinzu kommt nach ihm "zur alten Funktion der Unterhaltung vor allem ein aufklärerischer Impuls, oft verbunden mit der Provokation". Wenn also eine solche Literatur, die dieser Beschreibung entspricht, in einer sprachlich gelungenen Hochform daherkommt, dann leistet sie auch einen Beitrag zur Wahrnehmung des wahren Wertes des Menschen und seiner Lebenswelt und seiner und ihrer Würde. Das gilt "mutatis mutandis" auch von allen gelungenen "Kunstwerken" aller anderen künstlerischen Gattungen. Und dafür lohnt sich das Gespräch der Kirchen und der Christen überhaupt mit den Künstlerinnen und Künstlern und ihren Werken.

 

Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung Mai 2008 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 3/2008, Steyler Verlag, Nettetal

Franz-Josef Janicki SVD

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