Allgemeine Gebetsmeinung - Dezember 2006

01. Nov 2006

Wir beten für alle Lenker der Staaten, dass sie bei der Ausübung ihrer Macht verantwortlich handeln und sich an Jesus Christus orientieren.

Jesus übt Macht aus

Jesus hat Macht ausgeübt und übt sie noch heute vor allem als der Christus aus. Sein Dasein, die Art und Weise seines Lebens, seine Art zu reden und zu handeln und vor allem die Kraft seiner faszinierenden Persönlichkeit strahlen Macht aus. Nach dem Ausweis der Evangelien können sich die Menschen, die ihm begegnen und auch die dämonischen Mächte, die sich oft in ihrem Leben ansiedeln, es beherrschen oder krank machen, der Macht Jesu nicht entziehen. Die Macht Jesu steht aber in einem ganz bestimmten Verhaltens- und Lebenskontext. Jesus übt die Macht nicht um ihrer selbst willen aus und schon gar nicht, um sich selbst und seine Machtgelüste auszuleben.

 

Im Dienst der Herrschaft Gottes

Die Macht, die Jesus ausübt, steht im Dienst einer ganz bestimmten Sache. Sie steht im Dienst der "Herrschaft Gottes", wie sich die Evangelien ausdrücken. Wenn aber Gott herrscht und seine Herrschaft ausübt, dann wächst das Leben in allen seinen Dimensionen in seine gültige Gestalt hinein. Das gilt in besonderer Weise für das menschliche Leben. Wenn Gott herrscht, gerät es auf die Spur des Gelingens und entfaltet sich in seine Fülle hinein. Dieser Prozess der Gottesherrschaft lässt die menschliche Entscheidungsfreiheit nicht außen vor, überspielt sie nicht und trickst sie nicht aus. Der Prozess der Gottesherrschaft baut sie in seinen Vollzug als Bedingung seiner Möglichkeit ein. Er entfaltet sich deswegen als Angebot an die Menschen. Sie sind eingeladen, einen bestimmten Weg zu gehen, eben den Weg Jesu. Der Prozess der Gottesherrschaft setzt sich in denen durch, die bereit sind, sich darauf einzulassen. Deswegen lässt Jesus seine Macht nicht spielen und fühlen. Er führt in die Entscheidung und nimmt sie mit auf den Weg in die Gottesherrschaft. Jesus lässt sich z.B. in der notvollen Situation am Kreuz nicht zu einer Demonstration seiner Macht provozieren. Alles ist darauf angelegt, und die Menschen, die hier sprechen, setzen alles daran, um seine Macht hervorzulocken, aber Jesus enttäuscht sie. Wie der Weg in die Gottesherrschaft aussieht, zeigt sich in ganz bestimmten Verhaltensweisen: die Hungernden sättigen, die Durstigen tränken, die Fremden und Obdachlosen beherbergen, die Nackten bekleiden, die Kranken und Gefangenen besuchen. Hier lässt sich beispielhaft erkennen, wie sich in der Gottesherrschaft alle Formen defizitären Menschseins durch die Liebe überwinden lassen. Die Macht Jesu offenbart sich also als Liebe zum Gelingen des Lebens.

 

Die Macht Jesu und die Macht der Mächtigen

Macht fasziniert die Menschen seit eh und je. Sie sind auf Macht aus. Sie suchen Macht zu erwerben, sie auszubauen und auszuweiten. Sie wollen die erworbene Macht erhalten und sichern. Dafür setzen sie oft alle Mittel ein, die ihnen zur Verfügung stehen. Davon sind die Staatenlenker, die leitenden Politikerinnen und Politiker nicht ausgenommen. Im Gegenteil, gerade sie stehen dauernd in der Gefahr, für ihren Machterhalt und für ihre bleibende Machtausübung Mittel einzusetzen, die sie letztlich als Menschen korrumpieren und zu Verrätern und Verräterrinnen der Ideale machen, für deren Durchsetzung sie ursprünglich angetreten sind und für die sie ein zeitlich begrenztes Mandat erhalten haben. Wie ist also ihre Macht und Machtausübung zu gestalten, dass sie human bleibt und sich nicht in Gewalt und Unterdrückung verkehrt? Die Antwort liegt auf der Hand. Sie müssen Maß nehmen an der Macht und Machtausübung Jesu. Ihre Machtausübung muss sich von ihr formen und gestalten lassen. Das heißt kurz gesagt: sie muss sich von der Liebe zum Gelingen des Lebens leiten lassen, wie sie ihnen Jesus vorlebt. Sie ist das Instrument der Kritik an ihrer Macht und Machtausübung und die Möglichkeit, ihre Macht und Machtgelüste zu kontrollieren und zu humanisieren. Die Phantasie dieser Liebe bietet die große Chance, ihre Macht und Machtausübung zu verantworten vor der Lebenssicht Jesu, die gleichzeitig die Lebenssicht Gottes ist. Macht und Machtausübung im wahrhaft menschlichen Sinn sind immer verantwortete Macht und Machtausübung. Sie sind zu verantworten vor dem Gelingen des Lebens der Menschen, und damit vor Gott, dem Liebhaber des Lebens schlechthin. Dass das die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker immer mehr beherzigen, das ist unser leidenschaftlicher Wunsch und dessen Erfüllung dient unser Gebet für sie.

 

Franz-Josef Janicki SVD, Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung Dezember 2006 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 6/2006, Steyler Verlag, Nettetal

Franz-Josef Janicki SVD

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