Missionarische Gebetsmeinung - Dezember 2006

01. Dez 2006

Wir beten für die Frauen und Männer, die als Missionare überall auf der Welt die Frohe Botschaft verkünden, dass sie Christus in Freude nachfolgen.

Der christliche Glaube ist eigentlich keine Weltanschauung unter vielen anderen, die ich objektiv studieren, vergleichen und auswerten kann nach den allgemeinen Prinzipien, mit denen man die verschiedenen Religionen beurteilt. Man kann das natürlich auch mit dem christlichen Glauben tun, aber so trifft man nicht den Kern der Sache. Der christliche Glaube ist im Grunde eine gelebte Erfahrung, ein Glaube, der nur durch Erfahrung begriffen werden kann. Der Verfasser des ersten Johannesbriefes hat das so ausgedrückt (1 Joh 1,1-4): Was wir selber gehört; ja, was wir selber sogar mit unseren eigenen Augen gesehen und mit unseren Händen berührt haben - das Wort, das uns die Botschaft vom Leben brachte, das verkünden wir euch.

Die heutigen Menschen wollen den Glauben erfahren, wollen lebendige Zeugnisse sehen, die begeistern können, die greifbare Zeugen dessen sind, was sie verkünden. Wenn man den Predigten und Schreiben des neuen Papstes Benedikt XVI. aufmerksam folgt, wird man merken, dass dies auch sein innerstes Anliegen zu sein scheint, nämlich wie man heute neue Begeisterung und Freude für unseren christlichen Glauben wieder wecken kann. Ein ständiges Pochen auf die rechte Lehre und die rechte christliche Moral, wird die Menschen angesichts der allgemeinen Skepsis den Kirchen gegenüber, nicht in die Kirchen zurückbringen.

Die allgemeine Gleichgültigkeit dem christlichen Glauben gegenüber, die Anfeindung, offen oder still, gegen alles Christliche, die schwindenden Zahlen von Kirchenbesuchern in vielen Ländern, machen es vielen Priestern und engagierten Laien oft nicht leicht, ihre Begeisterung für ihren Glauben zu bewahren und lebendig zu bezeugen. Viele Priester sind entmutigt und oft selber voller Zweifel über ihren Glauben. Dem Herrn mit einem schweren Herzen dienen, überzeugt niemanden von der Schönheit und der Wahrheit der christlichen Botschaft. Welche Art von Jüngern Jesu die Welt von heute braucht, hat Paul VI. vor dreißig Jahren einmal so ausgedrückt: Die Welt von heute, die sowohl in Angst wie in Hoffnung auf der Suche ist, möge die Frohbotschaft nicht aus dem Munde trauriger und mutlos gemachter Verkünder hören, die keine Geduld haben und ängstlich sind, sondern von Dienern des Evangeliums, deren Leben voller Glut erstrahlt, die als Erste die Freude Christi in sich aufgenommen haben und die entschlossen sind, ihr Leben einzusetzen, damit das Reich Gottes verkündet und die Kirche in das Herz der Welt eingepflanzt werde. (EN 80)

Wie aber kann man neue Begeisterung und Freude am Glauben wecken? Zunächst darf man eine optimistische Weltsicht nicht mit christlicher Hoffnung verwechseln. Christliche Hoffnung ist oft eine Hoffnung wider alle Hoffnung und ist eine Gabe Gottes und nicht eine Naturanlage, die den Optimisten scheinbar in die Wiege gelegt wurde. Dies einzusehen und den Unterschied zu erkennen, wurde mir erst bewusst, als ich engagierte und von ihrem Glauben voll begeisterte Christen in hoffnungslosen Situationen getroffen habe. Ihre Freude und ihr Enthusiasmus für Gottes Sache beruhte nicht auf einer optimistischen Weltansicht, sondern auf der unerschütterlichen Gewissheit, dass Christus die Hoffnungslosigkeit der Welt durch seine Auferstehung besiegt hat und dass er die gegenwärtige, im Argen liegende Welt in die Neuschöpfung überführen wird. Es war die Erfahrung, dass der Geist des Auferstandenen inmitten der oft absolut hoffnungslosen Situation wirklich am Werk war, dass er sie zu Hoffnungsträgern machte, deren Freude und Begeisterung einfach ansteckend wirkten. Für mich persönlich war Mutter Theresa das Erlebnis einer lebendigen Glaubenszeugin, die einfach Freude, Begeisterung und Gottesnähe ausstrahlte.

Wir dürfen nicht vergessen, dass viele vom Glauben begeisterte Menschen in ihrem Leben oft mehr eine Gottesferne erfahren mussten als eine Gottesnähe, die sie hätte tragen und begeistern können. Ihnen wurde der Weg durch die Wüste und die Verlassenheit aufgebürdet als Teil ihrer Anteilnahme am Kreuze Christi. Das Erlebnis von Osterfreude war ihnen versagt, obwohl sie sich vom Geist des Auferstandenen getragen wussten und diesen Glauben auch mit Freuden und Begeisterung bezeugten. Wie es in ihnen aussah, haben sie niemals verraten.

Von Mutter Theresa sagte mir einmal ihre erste Nachfolgerin: "Im Prozess der Seligsprechung unserer Mutter machten wir eine große Entdeckung. Wir fanden in ihrem Nachlass ihr ganz persönliches, geistiges Tagebuch. Im Durchlesen wurde uns erschreckend klar, dass unsere Mutter jahrelang in tiefer Gottverlassenheit und geistiger Dürre gelebt hat. Nie hat sie darüber gesprochen, noch hat je einer das an ihr gemerkt oder gespürt. Sie war immer froh, heiter und voller Begeisterung für Gott und seine Liebe."

So wie Erfolg kein Wort für Gott ist, wie Martin Buber es ausdrückte, so ist Optimismus kein Wort für solche, die sich in die Jüngerschaft Jesu begeben haben. Die Bibel ersetzt das Wort Erfolg mit Treue und Optimismus mit Hoffnung. Gott verlangt von seinen Sendboten, dass sie dort, wo er sie hinsendet, in Treue seine Botschaft verkünden und den Erfolg Ihm überlassen. Er erwartet, dass sie Hoffnung wider die Hoffnung verkünden vor allem da, wo es scheinbar keine Hoffnung mehr gibt.

Freude ist ein Grundwort der Offenbarung und kommt 320 Mal in der Bibel vor. Es ist keine rein natürliche Gabe, sondern ein Geschenk des Heiligen Geistes. Wer sich Gott und seinem Reich öffnet, der öffnet sich dem Leben, und wo Leben einzieht, dort zieht die Freude ein. Wer sich mit Gott einlässt, dem werden die Erfahrung von Freude aber auch von Dunkelheit und Verlassenheit nicht erspart. Das ist die Erfahrung aller Großen der Bibel und der Heiligen der Kirche gewesen.

Von solchen Zeugen her, die gleichsam auf der Grenze lebten, können wir etwas erahnen, von dem, was das Schweigen Gottes ist. Es scheint, dass da, wo ein Mensch angesichts des Schweigens Gottes es nicht aufgibt, nach Gott zu suchen oder auch mit ihm zu hadern, also nicht von ihm ablässt, dass da trotz des Schweigens Gottes im Herzen eine Stimme sagt: Verzweifle nicht! Er wird einen tiefen Frieden und eine Freude erfahren können, die ihm niemand nehmen kann, selbst wenn er seinen Weg der Nachfolge in Tränen gehen muss. Papst Benedikt XVI. hat dazu gesagt: Christen glauben nämlich trotz aller Unbegreiflichkeiten und Wirrnisse ihrer Umwelt weiterhin an die ,,Güte und Menschenliebe Gottes" - (Tit 3,4). Obwohl sie wie alle anderen Menschen eingetaucht sind in die dramatische Komplexität der Ereignisse der Geschichte, bleiben sie gefestigt in der Hoffnung, dass Gott ein Vater ist und uns liebt, auch wenn uns sein Schweigen unverständlich bleibt (Deus caritas est, 38).

Worum es in unserer Gebetmeinung geht, ist die Bitte um die Erfahrung der Gegenwart Gottes in der Welt, die die hoffnungslose Welt umformen will. Der Geist Gottes ist schon da, die Welt ist schon dem Prozess der Neuschöpfung unterworfen, das Ende wird unwiderruflich sein. Es ist dieser Glaube, es ist diese Hoffnung, die dem Jünger Jesu die Freude und die Begeisterung geben kann, die dem, der den Geist nicht kennt, vielleicht naiv und unrealistisch erscheinen mag. Alles hängt im Letzen vom Heiligen Geist ab und nicht von uns. Wer sich dem Geist öffnet, wird erfahren können, was Begeisterung, was Hoffnung wider die Hoffnung, was Freude heißt, die er letztlich niemandem erklären kann, der diesen Geist nicht kennt. In den Worten von Jürgen Moltmann: Der Geist ist das uns zugewandte Gesicht Gottes. Wenn Gott sein Gesicht seinen Geschöpfen zuwendet, werden sie leben. Gottes leuchtendes Angesicht ist die Quelle der Ausgießung des Geistes, die Quelle des Lebens Gottes, seiner Liebe und seines Segens. Wenn wir beten: "Lass dein Angesicht auf uns leuchten und sei und gnädig", bitten wir um die Leben spendende Gegenwart des Heiligen Geistes. Gottes mit Freude leuchtendes Gesicht ist die leuchtende Quelle des Heiligen Geistes. Sein Licht flutet durch uns, und unsere Gesichter werden Spiegel, die dieses Licht reflektieren und verbreiten. Die Erfahrung des Geistes ist das "Licht, das in unseren Herzen leuchtet" (2 Kor 4,6).

 

Johannes Füllenbach SVD, Kommentar zur Missionsgebetsmeinung Dezember 2006 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 6/2006, Steyler Verlag, Nettetal

Johannes Füllenbach SVD

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