01. Jun 2006
Wir beten, dass die christlichen Familien jedes neugeborene Kind mit Liebe aufnehmen und alten und kranken Menschen Achtung und Aufmerksamkeit entgegenbringen.
Neugeborene Kinder in Liebe aufnehmen
Wenn Ehepaare sich Kinder wünschen und sie sehnsüchtig erwarten, ist es eigentlich selbstverständlich, dass sie sie mit Liebe aufnehmen. Zu einem Problem und zu einer echten Herausforderung entwickelt sich diese "Selbstverständlichkeit", wenn sich eventuell schon bei einer vorgeburtlichen Untersuchung oder bei der Geburt herausstellt, dass das so sehnsüchtig erwartete Kind behindert ist. Auch wenn die Eltern als Christen davon überzeugt sind, dass jedem menschlichen Leben, ob behindert oder nicht, vom Beginn seiner Existenz an als Geschöpf Gottes Annahme, Achtung und Liebe geschuldet werden müssen, und sie auch bereit sind, sich darauf einzulassen, werden sie doch in unserer heutigen Gesellschaft einer Fülle von Einwänden gegenüberstehen, die die "Aufnahme in Liebe" sehr erschweren. Gilt es doch oft als ausgemacht, dass es für Eltern unzumutbar ist, behinderte und schwer geschädigte Kinder aufzuziehen. Hinzukommt die Sorge, dass, wenn Eltern diese kaum zumutbare Aufgabe nicht mehr leisten können, weil sie krank werden oder sterben, diese dann der Gesellschaft zufällt, die diese Soziallast wegen der Leere der Sozialkassen nicht bezahlen kann. Außerdem sind viele Menschen der Überzeugung, dass behinderte und geschädigte Kinder sich als Menschen nicht verwirklichen können und dass sie also nie als vollwertige Menschen anerkannt werden. Demgegenüber durchzusetzen und auch persönlich verantwortet zu leben, was der "Katholische Erwachsenenkatechismus" (Bd. II, S. 295) sagt, ist nicht so ganz einfach. Dort heißt es: "Der Wert eines Menschen gründet nicht in seiner Gesundheit, in seiner Glücksfähigkeit, in seiner Nützlichkeit, in seinem Geschlecht, in seinem Angenommensein durch die Eltern, sondern in seinem Menschsein, in seiner Gottebenbildlichkeit, in seinem Angenommensein von Gott und in seiner Berufung auf eine ewige Zukunft hin." Aber wenn Eltern es versuchen und auch ihr behindertes Kind als "Geschenk" annehmen, sind sie sicher in besonderer Weise in allen ihren Kräften herausgefordert, aber sie werden, wie häufige Erfahrung zeigt, innerlich an der schwierigen Situation wachsen und gerade von ihrem behinderten Kind mit besonderer Liebe beschenkt werden. Es ist klar, dass gerade den Eltern solcher Kinder die mitmenschliche und gesellschaftliche Solidarität geschenkt werden muss. Für Christen gehört dazu auch die Solidarität des fürbittenden Gebets.
Alten und kranken Menschen Achtung und Aufmerksamkeit schenken
Der Alterungsprozess und auch Krankheiten gehören zum menschlichen Leben. Allerdings stellen sich gerade in diesen Lebensphasen spezielle Beeinträchtigungen der bisher gewohnten Lebensweisen ein, die die betroffenen Menschen vor besondere Probleme stellen. Die Kontaktmöglichkeiten bei älteren Menschen gehen zurück. Viele können nicht mehr gut hören und nicht mehr richtig sehen. Die Reaktionsfähigkeit, die Beweglichkeit und die Auffassungsgabe nehmen ab. Oft werden die älteren Menschen daher überdurchschnittlich misstrauisch, sie ängstigen sich vor Veränderungen, sie beurteilen die Gegenwart und alles Neue kritischer und verklären gerne die Vergangenheit. Überhaupt wächst die Angst vor Isolierung und Einsamkeit. Das sind nur einige Beispiele. Die Aussagen gelten nicht immer und in jedem Fall. Auch kranke Menschen müssen sich, zumal wenn die Erkrankungen länger dauern und die Hoffnung auf eine Heilung nicht mehr gegeben ist, mit ähnlichen Problemen auseinandersetzen. Hinzu kommen oft starke körperliche Schmerzen, verschiedene körperliche Beeinträchtigungen und vielfältige psychische Ängste. Aus all dem wird deutlich, wie sehr alte und kranke Menschen eine Umgebung brauchen, die ihnen Achtung, Aufmerksamkeit, Verständnis, Geborgenheit und Ermutigung entgegenbringt. Die christlichen Familien haben hier eine besondere Aufgabe. Diese Aufgabe ist sicher nicht leicht. Auch ältere und kranke Menschen sind wie alle anderen nur Menschen mit allen Defiziten, Eigenheiten, Egoismen und charakterlichen Verengungen, die damit gegeben sind. Es gibt hier oft vonseiten der älteren und kranken Menschen Vereinnahmungstendenzen ihren Angehörigen gegenüber, die man sicher auch begrenzen darf und muss. Hier immer die richtigen Verhaltensweisen an den Tag zu legen, ist ein besonderes Problem und kann die Familienangehörigen überfordern. Gut ist, wenn sie bei anderen Menschen in solchen Situationen Hilfe finden, professionell oder einfach durch Gesprächsmöglichkeiten im allgemeinen menschlichen Begegnungsrahmen. Eine nicht geringe Hilfe zur Bewältigung diesbezüglicher Aufgaben ist sicher das Wissen, in eine Gebetsgemeinschaft eingebunden zu sein, die dafür Fürbitte "leistet".
Franz-Josef Janicki SVD, Kommentar zur Allgemeinen Gebetsmeinung Juni 2006 aus der Zeitschrift "Die Anregung", Ausgabe 3/2006, Steyler Verlag, Nettetal