Versöhnungsgottesdienst in der österlichen Bußzeit (A) 2023

Sich einbinden lassen

Eröffnung
GL 755 (Köln): "Sag ja zu mir, wenn alles nein sagt …" (nach Möglichkeit V/ A)

Einleitung
Wir haben uns hier versammelt, weil wir wissen, dass wir Versöhnung brauchen. Wir müssen umkehren und Buße tun, aber das alles Entscheidende, die Versöhnung, kann nur Gott uns schenken – und wir dürfen sie weiterschenken. Öffnen wir uns also für Gott, für sein Wort und füreinander, da wir nur im Miteinander unsere Aufgaben als Christen erfüllen können.

Gebet
Lasset uns beten: Gott, du hast uns verschiedene Gaben geschenkt. Keinem gabst du alles – keinem nichts. Jedem gibst du einen Teil. Hilf uns, dass wir uns nicht zerstreiten, sondern einander dienen mit dem, was du einem jeden zum Nutzen aller gibst. Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Lesung                                                                                                               
Meinen großen, bei den Völkern entweihten Namen, den ihr mitten unter ihnen entweiht habt, werde ich wieder heiligen. Und die Völker - Spruch Gottes, des Herrn - werden erkennen, dass ich der Herr bin, wenn ich mich an euch vor ihren Augen als heilig erweise. Ich hole euch heraus aus den Völkern, ich sammle euch aus allen Ländern und bringe euch in euer Land. Ich gieße reines Wasser über euch aus, dann werdet ihr rein. Ich reinige euch von aller Unreinheit und von allen euren Götzen. Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch. Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, dass ihr meinen Gesetzen folgt und auf meine Gebote achtet und sie erfüllt. Dann werdet ihr in dem Land wohnen, das ich euren Vätern gab. Ihr werdet mein Volk sein und ich werde euer Gott sein. Ich befreie euch von allem, womit ihr euch unrein gemacht habt. Ich rufe dem Getreide zu und befehle ihm zu wachsen. Ich verhänge über euch keine Hungersnot mehr. Ich vermehre die Früchte der Bäume und den Ertrag des Feldes, damit ihr nicht mehr unter den Völkern die Schande einer Hungersnot ertragen müsst. Dann werdet ihr an euer verkehrtes Verhalten und an eure bösen Taten denken und es wird euch ekeln vor euch selbst wegen eurer Gräueltaten. Doch nicht euretwegen handle ich so - Spruch Gottes, des Herrn -, das sollt ihr wissen. Errötet und vergeht vor Scham wegen eures Treibens, ihr vom Haus Israel. So spricht Gott, der Herr: Wenn ich euch von all euren Sünden gereinigt habe, mache ich die Städte wieder bewohnbar und die Ruinen werden wieder aufgebaut. Das verödete Land wird bestellt, es liegt nicht mehr öde vor den Augen all derer, die vorübergehen. Dann wird man sagen: Dieses verödete Land ist wie der Garten Eden geworden; die zerstörten, verödeten, vernichteten Städte sind wieder befestigt und bewohnt. Dann werden die Völker, die rings um euch noch übrig sind, erkennen, dass ich, der Herr, das Zerstörte wieder aufgebaut und das Ödland wieder bepflanzt habe. Ich, der Herr, habe gesprochen und ich führe es aus. So spricht Gott, der Herr: Ich lasse mich vom Haus Israel dazu bewegen, auch noch das zu tun: Ich werde die Menschen vermehren wie eine Schafherde. Wie die zum Opfer geweihten Schafe, wie die Schafe an den Festen Jerusalem füllen, so sollen Herden von Menschen die zerstörten Städte bevölkern. Dann wird man erkennen, dass ich der Herr bin. (Ez 36,23-38)

Lied: GL 639,1.2 „Erbarme dich meiner, o Gott“ + Ps 51

Ansprache:
Liebe Mitchristen.
Der Zustand unserer Kirche ist erbarmungswürdig. Unter dem Motto ,,Wir sind Kirche“ sind die Initiatoren des Kirchenvolksbegehrens angetreten und haben eine Menge losgetreten. Wird sich angesichts der über 500 000 Unterschreiber in Österreich und den über 1 500 000 in Deutschland etwas in unserer Kirche ändern? Das wäre doch letztlich das Entscheidende. Man kann leicht seine Unterschrift auf eine Liste setzen, weil „man“ es eben tut, weil „man“ „denen da oben“ zeigen will, dass man nicht mit allem einverstanden ist. Aber reicht die Unterschrift allein schon aus, wenn man behauptet: „Wir sind Kirche“?
Der Slogan ist wohl der abgeänderte Spruch, den mutige Christen und Dissidenten in den letzten Zuckungen der DDR gebrauchten als Protest gegen das Regime: „Wir sind das Volk“. Sie haben damals Kopf und Kragen riskiert. Die Truppen und Polizeieinheiten gegen sie und die Gefängnisse standen schon für sie bereit. Es hätte schiefgehen können!
Was bedeutet es für uns Unterschreiber, oder für die, die meinten nicht unterschreiben zu können oder zu sollen, weil ohnehin die verschiedenen Gremien und Gesprächsebenen die Probleme sehen und angegangen sind? Ich denke, alle können das Motto „Wir sind Kirche“ sich zu eigen machen. Vordergründig passiert (uns) gar nichts, wenn wir uns dazu bekennen. Aber müsste dieses Bekenntnis nicht doch Konsequenzen haben? Auch Konsequenzen, die schmerzhaft sein können, die uns etwas abverlangen?
Ist unsere Kirche nicht so erbarmungswürdig, weil wir im Grunde alle nicht so recht wissen, was Kirche ist und sein sollte? Jesus hat es uns in einfachen Bildern eigentlich recht eindrücklich gesagt: Die Kirche ist so etwas wie Salz für die Welt, sie soll das Licht des Herrn leuchten lassen, sie sollte wie Sauerteig wirken und alles durchsäuern.
Was tun wir? Wir kümmern uns um uns selbst. Unser Nabel ist der Drehpunkt der Welt. Wir verdunkeln das Licht. Wir durchsäuern nicht, sondern sind sauer. Wir sind zerstritten bis zum Gehtnichtmehr. Wie sollen wir Kirche für die Welt sein. Wenn wir es nicht einmal für uns sind!
Ich möchte ein anderes Bild einführen, eines, das Jesus wohl noch nicht gebrauchen konnte, weil es das in dieser Form noch nicht gab. Gott hat eine ganz große Sinfonie komponiert, die Kirche soll sie aufführen. Damit die Welt, von dieser Musik überwältigt, mitspielen möchte. Diese Sinfonie sieht alle möglichen Instrumente vor, die großen Tuben und Bassgeigen, die Celli und Posaunen, die Trompeten und Bratschen, die Pauken und die Triangel, die Pikkoloflöten und die Geigen, dazu kommen dann die Chorsänger – wie etwa in der 9. Sinfonie von Beethoven. Damit diese Sinfonie richtig und gut klingen kann, müssen natürlich alle ihre Stimme kennen und können. und das nicht so mehr nebenbei, sondern möglichst vollkommen, das heißt hundertprozentig. Dafür muss man viel üben, eigentlich immer in der Übung verbleiben. Man muss für sich üben, aber auch miteinander. Man muss aufeinander hören und sich vom Dirigenten leiten lassen. Man darf nicht drauflosspielen, um zu zeigen, wie gut und vor allem laut man spielen kann, sondern man muss sich einfügen ins Ganze der Partitur und des Orchesters. Man muss die Partitur und den Dirigenten beachten. Um den nichtigen Einsatz zu finden. Nur dann kann die Sinfonie so klingen, wie Gott sie sich vorgestellt hat. Nur dann kann sie eigentlich die Aufgabe erfüllen, für die sie gedacht ist.
Gott hat jeden einzelnen von uns begabt zum Nutzen des Ganzen. Nur wir können den Platz ausfüllen, auf den Gott uns gestellt hat. Die Frage ist, ob wir unseren Platz in der Kirche kennen und die Gaben, die wir einsetzen sollen. Die Frage ist, ob wir bereit sind, uns in das gemeinsame Werk einzufügen.
Hier scheint mir die Schwierigkeit der Kirche zu liegen, unsere Schwierigkeit. Wir leben nebeneinander her und hören nicht aufeinander. Wir arbeiten nicht miteinander, sondern gegeneinander. Wir fügen uns nicht ein, sondern jeder will die erste Geige spielen. Wir sind nicht Diener der Freude, sondern reden schlecht übereinander. Wie soll die Welt dann den Wohlklang hören, zu dem Gott uns bestimmt hat!
Liebe Mitchristen!
Wie wir in der Lesung aus dem Buch Ezechiel gehört haben, will Gott selbst von neuem eingreifen, auch bei uns. Er will sammeln und reinigen und von den falschen Göttern befreien. Er will ein neues Herz und einen neuen Geist schenken. Er will von neuem der Gott seines Volkes werden. All das aber will er nicht ohne uns machen, er braucht in gewisser Wese unsere Mitarbeit. Nur wenn wir Gott an uns heranlassen, kann er uns heilen. Und nur wenn wir mit Gott mitwirken, kann die große Sinfonie gelingen.

Gewissenserforschung – Bekenntnis – Vergebungsbitte
Es soll jetzt eine längere Stille sein, in der wir überlegen, was in unserem Leben an Gutem da ist und wo wir es eingesetzt haben oder es einsetzen sollten. Wir sollten auch über das nachdenken, was wir falsch gemacht haben.
Wir bekennen vor Gott und voreinander unsere Schuld. Wir sprechen das Schuldbekenntnis:
A: Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen …
Der allmächtige Gott erbarme sich unser. Er lasse uns die Sünden nach und schenke uns seinen Geist, damit wir seine Gaben in unserem Leben erkennen und zum Nutzen aller einsetzen.

Versöhnung – Dank
Um uns mit Gott und untereinander zu versöhnen und um uns neu in den Dienst nehmen zu lassen, sind wir hier zusammengekommen. Gott schenkt uns seinen Frieden, der uns trotz aller Unzulänglichkeit, trotz aller Fehler und Schuld in Frieden leben lässt. Dankbar und froh darüber wollen wir auch einander das Wort der Versöhnung und des Friedens zusprechen. Geben wir einander ein Zeichen des Friedens und der Versöhnung.

Gott hat uns erneut seinen Frieden geschenkt und anvertraut. Unseren Dank wollen wir im Lied zum Ausdruck bringen.

Lied: GL 297 „Wir danken dir, Herr Jesus Christ“ oder
GL 460 „Wer leben will wie Gott auf dieser Erde“ (nach Möglichkeit V/A).

Segen - Entlassung
Es segne euch der allmächtige Gott, der Vater, + der Sohn und der Heilige Geist. Gehet hin in Frieden. 

P. Dr. Winfried Glade SVD

[Anmerkung der Redaktion: Die von P. Glade verfasste Versöhnungsgottesdienst wurde bereits veröffentlicht in: DIE ANREGUNG, Nettetal 1996; S. 109-112]

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