6. Sonntag im Jahreskreis (A)

Predigtimpuls

Im Geist der Bergpredigt Jesu radikal leben

1. Lesung: Sir 15,15-20
2. Lesung: 1Kor 2,6-10
Evangelium: Mt 5,17-37 oder: Mt 5,20-22a.27-28.33-34a.37 (Kurzfassung)

Im österreichischen Fernsehen gibt es eine beliebte humoristische Sendung. Sie heißt „Wir sind Kaiser“. In dieser satirischen Talkshow gewährt Kaiser Robert Heinrich I. seinen Untertanen Audienzen. Die männlichen Gäste entlässt er üblicherweise mit dem Spruch: „Aber er muss auch einmal ein bisschen brav sein!“
Das „Brav-Sein“ als Ideal für gute Staatsbürger war lange Zeit mit dem Christentum eng verbunden. Die katholische Kirche sollte im österreichischen Kaiserreich mithelfen, die Bürger zu gesetzestreuen, gehorsamen Untertanen zu erziehen. Wer in der Schule „Betragen: Sehr gut“ und „Religion: Sehr gut“ hatte, konnte auf eine gute Lehrstelle hoffen, oder auch auf eine Beamtenkarriere. Mittlerweile gibt es das Kaiserreich schon lange nicht mehr und die katholische Kirche verzeichnet einen kräftigen Mitgliederschwund. Auch die gesellschaftliche Bedeutung der Kirche hat stark abgenommen.
Wie soll sie darauf reagieren? Es ist offenkundig, dass eine Rückkehr zu den vermeintlich guten alten Zeiten unmöglich ist. Brav sein genügt nicht, um den Herausforderungen der Zeit zu begegnen.
Wer heute Jesus nachfolgen will, muss sich neu auf sein Evangelium einlassen. In der Bergpredigt, die uns der Evangelist Matthäus überliefert hat, finden wir seine Botschaft in zugespitzter, pointierter Form. Jesus verkündet darin eine Ethik, die über das „Brav-Sein“ und über ein reines „Gesetze-Halten“ hinausgeht. Jesus hebt die überlieferten Gesetze nicht auf, um Gegenteil: Er spitzt sie zu, wenn er sagt: „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist… - Ich aber sage euch!“ Wer Jesus nachfolgt, soll nicht nur die Gebote Gottes einhalten, wie nicht zu morden, die Ehe nicht zu brechen oder keine Meineide zu schwören. Er soll achtsam die Regungen des eigenen Herzens wahrnehmen und schon erste Gedanken oder Neigungen, Unrechtes zu tun, bekämpfen und ihnen auf keinen Fall Nahrung eben. Wer so handelt, kommt in das Himmelreich, weil er eine „größere Gerechtigkeit“ lebt.
Christsein heißt also nicht, brav und angepasst zu sein, sondern nach dem „Größeren“ zu streben. Wobei das Ziel nicht größere Macht und größerer Reichtum sind, sondern ein Mehr an Liebe und Solidarität, ein größerer Einsatz für das Leben und die Zukunft der Menschheit, für Frieden und Gerechtigkeit.
Nach „Größerem“ zu streben, nach einem „Magis“, einem „Mehr“, dazu hat der Gründer der Jesuiten, der heilige Ignatius von Loyola, den jungen Studenten Franz Xaver herausgefordert. Franz Xaver hatte mit seinen Kommilitonen ein angenehmes, ausschweifendes Studentenleben in Paris geführt. Ignatius gewann seine Freundschaft, und er gewann ihn dazu, in der Gesellschaft Jesu ein „Mehr“ zu suchen an Einsatz für Gottes Reich der Liebe und des Friedens. Aus dem angepassten Pariser Studenten wurde ein Missionar, der bis nach Indien, Japan und an die Grenze Chinas reiste, um den christlichen Glaubens zu verkünden. Er bezeugte diesen Glauben auch, zum Beispiel dadurch, dass er in Siechenheimen wohnte und sich um die Kranken kümmerte. Dargestellt ist Franz Xaver oft mit einem Kreuz und einer Muschelhälfte zum Taufen der Menschen. Tausende soll er an einem Tag getauft haben, dafür ist er berühmt. Aber er selbst sah das zunehmend kritisch. Zwangstaufen mochte er schon gar nicht. Er floh aus dem kolonialen Herrschaftsbereich, um den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Er wollte ihnen den Glauben in ihrer Sprache und in den Ausdrucksformen ihrer Kultur vermitteln. Nur wenn die Menschen den christlichen Glauben frei annehmen, ihn verstehen und in ihr Leben übersetzen, hat er Kraft und Bestand, davon war Franz Xaver überzeugt.
Wenn Menschen die Beziehung zu Gott pflegen und von seinem Heiligen Geist ergriffen sind, dann streben sie nach jenem „Größeren“, das der christliche Glaube schenkt. „Wir verkünden, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben“, schreibt Paulus an die Gemeinde in Korinth. Es ist nicht egal, ob wir an Gott glauben oder nicht. Ob wir mit ihm durch das Gebet und das Hören seines Wortes in Beziehung stehen oder nicht. Denn durch die Beziehung zu Gott erwachsen uns Menschen die Kraft und der Mut, uns nicht zufrieden zu geben mit dem, wie unser Leben oder unsere Welt gerade ausschaut. Gottes Geist befähigt uns zu einem „Mehr“ an Lieben-Können, zu einer größeren Entschiedenheit im Kampf gegen das Böse und das Lebenszerstörende, das sich in unserem Leben und in unserer Welt immer wieder einnisten und sich ausbreiten will.
Eine lebendige Beziehung zu Gott befähigt uns dazu, im Geist der Bergpredigt Jesu radikal zu leben, dem Bösen kein Einfallstor und keine Nahrung zu geben, das Übel bei der Wurzel anzupacken und nach Authentizität zu streben. Das ist das Rezept für die Erneuerung unseres Lebens, unserer Nachfolge Jesu und der Kirche. So besteht die Hoffnung, dass unser Licht vor den Menschen leuchtet, damit sie unsere guten Taten sehen und den Vater im Himmel preisen. (vgl. Mt 5,16)

P. Dr. Franz Helm SVD

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