Hochfest Christi Himmelfahrt (C)

Predigtimpuls

Zeugnis abzulegen

1. Lesung: Apg 1,1-11
2. Lesung: Eph 1,17-23
Oder: Hebr 9,24-28; 10,19-23
Evangelium: Lk 24,46-53
Zum Kantillieren des Evangeliums: www.sturber.de

Im Leben, Tod und Auferstehung des Herrn ist Gott uns Menschen nahegekommen und hat unser Heil gewirkt. In der Auferstehung des Herrn hat Gott den gekreuzigten Jesus zu sich erhöht und zum Herrn der Menschen und der Welt gemacht. Die Auferstehung des Herrn hat gezeigt, dass der Mensch Jesus von Nazareth nicht nur engstens mit Gott verbinden war, sondern dass in ihm Gott selbst unter uns Menschen war und ist. Im auferstandenen Herrn wird sichtbar, was Gott in seiner barmherzigen Güte mit uns Menschen vorhat: in ihm sehen wir den neuen Menschen. Mit dem auferstandenen und in der Himmelfahrt zu Gott erhöhten Herrn ist das Heilswerk Gottes für uns Menschen an sein Ziel, zum Abschluss gekommen. Jesus Christus, in der Himmelfahrt zu Gott erhöht, ist das personifizierte Heil.
So heißt es im heutigen Tagesgebet: „Allmächtiger, ewiger Gott, erfülle uns mit Freude und Dankbarkeit, denn in der Himmelfahrt deines Sohnes hast du den Menschen erhöht. Schenke uns das feste Vertrauen, dass auch wir zu der Herrlichkeit gerufen sind, in die Christus uns vorausgegangen ist.“
Im Schlussgebet der hl. Messe heißt es: „Lenke unser Sinnen und Verlangen zum Himmel, wo Christus als erster der Menschen bei dir ist.“

Mit Himmelfahrt und Pfingsten beginnt nun ein neuer Abschnitt im Heilshandeln Gottes mit uns Menschen. Jetzt beginnt die Zeit der Kirche. Das in Jesus Christus geschehene Heil ist jetzt allen Menschen zu verkünden, damit sie es im Glauben annehmen. Was in Jesus Christus geschehen ist, soll nun allen Menschen zugewendet werden.
So ist die Kirche eine missionarische Kirche. Ihre Aufgabe besteht darin, von Gottes großen Taten in Jesus von Nazareth Zeugnis vor aller Welt abzulegen. So heißt es im heutigen Evangelium: „So steht es in der Schrift: Der Messias wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen, und in seinem Namen wird man den Völkern, angefangen in Jerusalem, verkünden, sie sollen umkehren, damit ihre Sünden vergeben werden. Ihr seid Zeugen dafür.“
Die Aufgabe der Kirche besteht nicht darin, um mit der heutigen Lesung aus der Apostelgeschichte zu sprechen, zum Himmel blicken und auf die Wiederkunft des Herrn zu warten, sondern sie soll hier auf Erden Zeugnis ablegen von Jesus dem Christus, dem neuen und wahren Menschen, in dem allein das Heil ist für alle Menschen. Dieses Zeugnis soll sie ablegen bis an die Grenzen der Erde. So heißt es in der ersten Lesung des heutigen Tages: „Und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde.“
Die Kirche hat in ihrer Geschichte diese Verheißung wahrgemacht: die Missionare sind ausgezogen, buchstäblich bis an die Grenzen der Erde. Die Kirche ist eine missionarische Kirche nicht nur in ihren Missionaren, die ihre Familien und ihre Heimat verließen, um das Evangelium in der ganzen Welt zu verkünden; die Kirche ist ihrem Wesen nach missionarisch, wie dies das zweite vatikanische Konzil formulierte: sie verkündet Jesus den Christus überall, wo er noch nicht die bestimmte Kraft ist.

Gerade unsere Zeit braucht mehr denn je Zeugen Jesu Christi, Verkünder seines Evangeliums vom neuen Menschen. Ist Jesus Christus, der neue Mensch, die bestimmende Kraft in unserer westlichen Welt? Das Zeugnis der Kirche verliert immer mehr an Kraft. Wenn wir in unser staatliches und gesellschaftliches Leben blicken: wo ist da die bestimmende Kraft des Zeugnisses von Jesus? Hier sind doch andere Zeugnisse maßgebend. Im Vordergrund stehen Egoismus, Individualismus, Materialismus. Das Gespür für die wahren Werte des Menschen geht immer mehr verloren. In unserem Vaterland gibt es immer mehr Menschen, die nicht an Gott und Jesus Christus glauben, die der Kirche oft aus wirtschaftlichen Gründen den Rücken kehren. Die Folgen bekommen wir zu spüren. Das Gespür für den Wert des menschlichen Lebens geht verloren, wie die Diskussion um den sogenannten Abtreibungsparagraphen 218 zeigt. Gewalt und Ausländerfeindlichkeit nehmen zu. Man spricht vom Wertewandel: Aber welche Werte gelten noch? Gilt nicht die Beliebigkeit, das jeweilige Lebensgefühl?
Hier muss sich die Kirche verstärkt Gedanken machen, wie sie das Zeugnis von Jesus, dem neuen und wahren Menschen, glaubhaft vermitteln kann. Hier muss der Mensch von neuem verstehen, dass er ohne Beziehung zu Gott sein Heil nicht finden kann.
Der Mensch lebt zwar auf dieser Erde, aber er ist geschaffen für die Gemeinschaft mit Gott. Deshalb heißt es im Gabengebet: „Gib uns durch diese heilige Feier die Gnade, dass wir uns über das Irdische erheben und suchen, was droben ist.“
Und im Schlussgebet heißt es: „Lenke unser Sinnen und Verlangen zum Himmel, wo Christus als Erster der Menschen bei dir ist.“ Verliert der Mensch diese seine göttliche Berufung aus dem Auge, kann er auch hier auf Erden sein Heil nicht finden. Dann stellt er Werte auf, die den Menschen vernichten, anstatt ihn zu retten.

Die Kirche tut sich in unseren Breiten heute schwer, ihr missionarisches Zeugnis abzulegen. Aber sie darf nicht resignieren und kleingläubig werden. Sie ist ja nicht allein. Der Herr hat ihr den Beistand des Geistes verheißen. In ihm ist er bei seiner Kirche. So heißt es im Evangelium: „Und ich werde die Gabe, die mein Vater verheißen hat, zu euch herabsenden. Bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft aus der Höhe erfüllt werdet.“ Und in der ersten Lesung heißt es: „Aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein.“
Im Glauben an den Heiligen Geist und den Herrn der Kirche darf sie nicht nachlassen, Zeugnis abzulegen von Jesus Christus. Sie darf dieses Zeugnis vielmehr in großer Freude ablegen, wie es am Schluss des heutigen Evangeliums heißt: „Dann kehrten sie in großer Freude nach Jerusalem zurück.“
Nicht Angst ist der Berater der Kirche, sondern Freude. Beten wir am heutigen Tag für die Kirche, dass sie nicht nachlässt, Zeugnis abzulegen von den großen Taten Gottes in Jesus Christus. Amen.


[Anmerkung der Redaktion: Die von P. Bettscheider verfasste Predigt wurde bereits veröffentlicht in: DIE ANREGUNG, Nettetal 1995, S. 188ff]

P. Dr. Heribert Bettscheider SVD

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