26. Sonntag im Jahreskreis (C)

Predigtimpuls

Sie haben Moses und die Propheten

1. Lesung: Am 6,1a.4-7
2. Lesung: 1Tim 6,11-16
Evangelium: Lk 16,19-31

„Sie haben Moses und die Propheten.“ Das ist eine Feststellung von ungeheurer Tragweite. Moses, der in Ägypten von der pharaonischen Familie adoptierte jüdische Sohn, hatte in einer ergreifenden direkten Begegnung mit Gott seine wahre Sendung erkannt. Er sollte unter Gottes Auftrag der Führer seines Volkes werden und es aus der Versklavung in die Freiheit führen, in ein Land voll Glück und Wohlstand. Tatsächlich erwies sich der Auftrag von Anfang an als eine einzige Prüfung des Glaubens und der Treue gegenüber Gottes Versprechen und seine Führung. Der Weg durch die Wüste wurde zu einer grausamen und aufreibenden Erfahrung und Moses kam angesichts der Untreue und des Widerstandes seines Volkes wiederholt in die Versuchung aufzugeben. Ja, die Verssuchung ging so weit, das Angebot Gottes, das Volk, das sich der versprochenen Freiheit nicht als würdig erwies, sich selbst und ihrem Schicksal zu überlassen und die Erwählung Gottes, mit ihm ein neues Volk zu gründen, anzunehmen. Da jedoch erwies sich Moses in seiner ganzen Größe als zuverlässiger Führer seines Volkes. Er antwortete: „Nein Herr, tu das nicht! Du hast Dein Volk mit starker Hand aus der Sklaverei geführt, du wirst es auch sicher in das Land führen, das du ihm versprochen hast.“ Moses war ein Mensch, der ganz auf Gott und sein Wirken ausgerichtet war, der zugleich aber auch sein Volk mit all seinen Schwächen kannte, mit ihm litt und es trotzdem liebte und keine Opfer scheute, den harten Weg in die Freiheit mit ihm zu gehen.

Die Propheten aber waren jene Menschen, die, nachdem das Volk das Land als ihre Heimat in Besitz genommen hatte, von Gott als Träger seiner Botschaft ausgewählt worden waren. Der Inhalt der Botschaft war meist ein Aufruf zur Umkehr und die Ankündigung von Unheil. Das enge Zusammenleben mit den kanaanitischen Völkern, die ganz andere religiöse Vorstellungen und Praktiken hatten als die Israeliten und fremde Gottheiten verehrten, wurde zu einer großen Gefahr für den strengen Ein-Gott-Glauben der Israeliten. Viele von ihnen folgten den fremden Gottheiten. Für die Propheten war das Unehrlichkeit und Untreue gegen ihren Gott, verbunden mit der Gefahr einer inneren Selbstzerstörung. Ein zweites Übel, dem sie den Kampf ansagten, war die Korruption unter den Führungsschichten, wo Unrecht gegen Arme, Wehrlose und Witwen oder Fremde von höchster Stelle geduldet oder gar verübt wurde. Gewalt, Betrug und Unterdrückung waren an der Tagesordnung. Die Propheten traten im Namen Gottes ein für Recht und Gerechtigkeit. Viele der Propheten waren aufgrund ihrer Unheils-Botschaft verhasst und hatten Schikanen durchzustehen. Man zog es vor, auf die sogenannten falschen Propheten zu hören, Opportunisten, die behaupteten, von Gott gesandt zu sein, es aber nicht waren. Sie verkündeten Glück, Sieg und Wohlstand. So wurden die Katastrophen unvermeidlich. Jesus selbst stand von Jugend an ganz unter dem Einfluss dieser Texte des Alten Testaments und ließ sich vom Geist, der aus ihnen spricht, leiten.

Für uns als Christen bleibt Jesus mit seiner Botschaft von Gottes Gerechtigkeit und Liebe, die in der Bergpredigt ihre konkrete Ausformung gefunden hat, Maßstab unseres Verhaltens. Das Resümee am Ende der Bergpredigt ist sehr einfach: Wer sich nach dieser Botschaft richtet, wird überleben, wer sie ignoriert, endet in der Katastrophe. Die authentische Form der Wiedergabe seiner Botschaft im Kontext der geschichtlichen Entwicklung aber hat er als bleibende Aufgabe den Aposteln und mit ihnen der Kirche übertragen. Auch für uns gibt es keine andere Antwort als jene: „Sie haben die Kirche und das Zeugnis der Apostel und der Märtyrer. Auf die sollen sie achten.“ So bleibt der Kirche die schwierige Aufgabe, den Christen auf ihrer Gratwanderung durch ein Zeitalter, das mehr und mehr unter dem Einfluss eines religiösen Pluralismus und eines Werte-Relativismus steht, kompetente Hilfe zu bieten und gültige Kriterien des Verhaltens zu vermitteln.

Irgendwie beruhigend ist für uns dabei Jesu Wort, dass er seine Kirche mit der Person des Apostels Petrus, des ersten Papstes, auf den Felsen gegründet hat, und dass es der Macht des Bösen nicht gelingen wird, sie zu zerstören. Es geht ja um Rettung, Heilung und Neuanfang. Papst Franziskus bringt dabei einen sehr wichtigen biblischen Begriff ins Spiel – „die Barmherzigkeit Gottes“, eine Grundeigenschaft Gottes. Diese Haltung setzt dort an, wo die anderen Sichtweisen der Kirche wie die juristische, die moralische, die liturgische ihre Grenzen erreicht haben oder in den Stillstand geführt haben: Die Barmherzigkeit macht die anderen Sichtweisen nicht ungültig und wertlos, sie schwächt Sünde und Fehlverhalten nicht ab, aber sie führt über diese Grenzen hinaus. Es ist Gottes Weg aus dem persönlichen Konflikt, der psychischen Not und dem religiösen Stillstand des Einzelnen hin in die Nähe Gottes, wo Erneuerung möglich wird und Hoffnung geschenkt wird. Aber sie ist eben auch nur dort möglich, wo der Mensch sich innerlich voll auf dieses Entgegenkommen Gottes einlässt. Der Weg führt in eine neue Gemeinschaft mit Gott und mit ihm zu den Menschen. Dies ist denn wohl auch die Botschaft des heutigen Sonntags: Ohne auf Besuch aus dem Jenseits zu warten, lernen wir, Gott als unter uns gegenwärtig wahrzunehmen und mit ihm den Weg zu den Menschen zu gehen, um mit ihnen ihre Angst und Trauer, ihr Elend und ihre Not, aber eben auch, um ihre Freude und Hoffnung zu teilen und so zu treuen Zeugen der Frohen Botschaft zu werden.

P. Anton Weber SVD

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