14. Sonntag im Jahreskreis (B)

Predigtimpuls

Was traue ich meinen Mitmenschen zu? Was traue ich Gott zu?

1. Lesung: Ez 1,28b-2,5
2. Lesung: 2Kor 12,7-10
Evangelium: Mk 6,1b-6

Schwestern und Brüder im Herrn!
Ich denke, die beiden heutigen Schriftstellen aus dem Buch Ezechiel und dem Markusevangelium haben wieder vieles miteinander zu tun: Ezechiel, der von Gott einen schwierigen Auftrag erhält, nämlich: dem Gott zutraut, die von ihm abgefallenen Söhne Israels wieder zu bekehren.

Und im Evangelium: Auch ein Prophet, Jesus, aber mit umgekehrtem Schicksal. Ihm traut man das nicht zu, was er da predigt. Er ist ja nur ein Zimmermannssohn und seine Mutter ist diese einfache Frau Maria. Was kann da Gutes von so einem kommen?

Liebe Schwestern und Brüder! Ja, sie haben etwas miteinander zu tun, die heutige Lesung und das Evangelium. Und ich möchte diesen beiden Texten daher eine gemeinsame Überschrift geben. Ich möchte sie die „Texte vom Zu-trauen“ nennen.

Sich gegenseitig etwas zutrauen, das ist etwas ganz Wichtiges im alltäglichen Leben.
„Das hätte ich dir niemals zugetraut!“ – so bewundern wir manchmal andere.
Oder aber auch umgekehrt: „Das traue ich dir nicht zu! Das schaffst du nie!“ Und wenn wir es mit genügend Abfälligkeit sagen, dann bekommt der andere gleich so viel Angst, dass er es wirklich nicht schafft.

Jemandem etwas zutrauen oder etwas zugetraut bekommen – das ist für unser Leben ganz wichtig. Von Kindheit an. Kinder können ihre Talente nur entwickeln, wenn sie das Zutrauen ihrer Eltern spüren. Und auch wir Erwachsenen brauchen das Zutrauen der Anderen.

Zu-trauen setzt aber das Ver-trauen voraus. Wenn ich jemandem ver-traue, dann kann ich ihm auch etwas zu-trauen. Das ist so unter uns Menschen. Aber das ist genauso in unserer Beziehung zu Gott.

Wenn ich Gott ver-traue, dann kann ich ihm leicht auch etwas zu-trauen. Auch in den schwierigsten Situationen unseres Lebens. Wenn ich Gott ver-traue, dann kann ich ihm auch zu-trauen, dass er in meinem Leben Gutes bewirken kann.

Der Prophet Ezechiel genoss dieses Vertrauen Gottes. „Menschensohn, stell dich auf deine Füße.“ Gott hat Ezechiel vertraut. Und deshalb hat er ihm auch eine große Aufgabe zugetraut. Er sollte das widerspenstige Volk Gottes wieder zu ihm zurückführen. Und weil Ezechiel dieses Vertrauen Gottes hatte, weil dieser ihm diese schwierige Aufgabe zugetraut hatte, deshalb konnte der Prophet diese Aufgabe auch erfüllen.

Jesus hingegen, und das haben wir im Evangelium gehört, hat genau die umgekehrte Erfahrung gemacht. Die Leute nahmen Anstoß an ihm. Er war ja nur ein einfacher Sohn eines Zimmermannes.

Was kann von so einem schon Besonderes erwartet werden? „Und er konnte dort keine Machttat tun“, berichtet uns das Evangelium.

Die Texte vom Zu-trauen! Diese Überschrift habe ich den heutigen Schriftstellen gegeben.

Aber ich denke, das ist eine ganz wichtige Überschrift für ein gelungenes Leben überhaupt.

Nur wenn wir dem Anderen genug Vertrauen schenken und ihm etwas zutrauen, kann sich der Andere auch entwickeln und entfalten. Er kann sich auf die Füße stellen, so wie Ezechiel. Er kann durch das Vertrauen anderer seine eigene Größe entdecken, seine eigenen Talente finden und diese auch entfalten.

Liebe Schwestern und Brüder! Die beiden Texte zum Zu-trauen: Hat das etwas mit dem Glauben zu tun? Gehört das nicht in den Bereich der Erziehung, der Pädagogik? Das freilich auch.

Aber es ist auch Glaubenssache. Sich gegenseitig etwas zuzutrauen, ich denke, das ist eine christliche Tugend. Denn es ist eine Frage der Wertschätzung, ob ich meinem Nächsten etwas zutraue oder nicht. Ja sogar noch stärker: Ich kann meine Schwester und meinen Bruder groß und bedeutend machen, indem ich ihm Vertrauen schenke und Zu-trauen spüren lasse. Ich kann durch mein Vertrauen den Anderen groß machen, ihn auf die Füße stellen. Genauso hat Gott am Propheten Ezechiel gehandelt.

Und umgekehrt kann ich durch das genau gegenteilige Verhalten jemanden klein und unbedeutend machen, wenn ich ihm jedes Vertrauen entziehe. So wie es Jesus erfahren hat. Und so konnte er dort auch keine Wunder tun.

Was traue ich meinen Mitmenschen zu? Was traue ich Gott zu?
Wie steht es mit meinem Vertrauen zu Gott und den Menschen?

Ich denke, diese beiden Texte vom Zu-trauen haben schon auch viel mit unserem Glauben zu tun: Auch wir können Jesu wunderbares Handeln an uns nur dort ermöglichen und dieses dann auch nur erkennen, wenn wir Jesus das auch zu-trauen. Jesus will auch an uns Wunderbares wirken.

Und auch wir können aneinander Wunderbares bewirken. Aber nur dort, wo wir es uns gegenseitig zutrauen und wo wir uns durch gegenseitiges Vertrauen aufrichten und auf die Füße stellen. Das ist christliches Handeln. Und dazu möchten uns die Texte aus der Heiligen Schrift heute ermutigen.

Amen!
 

P. Josef Denkmayr SVD
 

Datenschutzhinweis

Diese Webseite nutzt externe Komponenten, wie z.B. Facebook und Youtube welche dazu genutzt werden können, Daten über Ihr Verhalten zu sammeln. Datenschutzinformationen