Gegen Geothermie auf Flores: „Das Land ist nicht herrenlos“

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Indonesien

06. Okt 2025

Paulus Budi Kleden SVD ist Erzbischof von Ende auf der indonesischen Insel Flores. Wir haben mit ihm über die Bewahrung der Schöpfung gesprochen und darüber, warum Geothermie in seiner Erzdiözese mehr schadet als nutzt.

Gegen Geothermie auf Flores: „Das Land ist nicht herrenlos“

Seine jüngste Reise führte den ehemaligen Generalsuperior der Steyler Missionare nach Rom und Sankt Augustin. Wir fragten nach: Wie passt das zusammen, sich für Nachhaltigkeit, aber gegen Geothermie einzusetzen?

Was bedeutet Ihnen die Bewahrung der Schöpfung?
Das ist Teil unseres Glaubens als Christen, weil wir an den einen Gott glauben, der alles gut geschaffen hat und uns den Auftrag gegeben hat, die Schöpfung zu bewahren. Das ist ein sehr wichtiger Bestandteil unseres Glaubens, und deshalb glaube ich, dass es ernst ist für uns, uns für die Umwelt einzusetzen.

Wenn eine Regierung Geothermie-Projekte fördert, um erneuerbare Energien zu erzeugen, klingt das erst einmal nach Bewahrung der Schöpfung, oder?
Ich persönlich und die Kirche in unserer Erzdiözese sind sehr dafür, uns für den ökologischen Wandel einzusetzen – für ein Umdenken, denn mit dem Denken fängt es an. Deshalb klären wir seit Jahren die Menschen auf, damit sie den Ernst der Umweltfrage verstehen.

Ich bin mir sehr bewusst, dass Geothermie eine der erneuerbaren Energiequellen ist. Und es ist notwendig, jetzt von Energie aus fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien umzusteigen. Doch was an einigen Orten eine gute Lösung ist, ist nicht überall sinnvoll. Was auf dem Papier gut aussieht, funktioniert nicht notwendigerweise auch in der Realität.

Wir argumentieren ausschließlich aus unserem Kontext. Wir sind nicht gegen Geothermie an sich. Sie kann eine sehr gute Sache sein, wie sich an anderen Orten zeigt. Doch auf Flores und vor allem in der Erzdiözese Ende ist Geothermie nicht die richtige Option für die Erzeugung erneuerbarer Energie.

Was spricht gegen die Geothermie auf Flores?
Erstens: Die Orte, an denen Energie aus Geothermie gewonnen werden soll, liegen mitten in den Siedlungen der Menschen oder in deren unmittelbarer Nähe, auf besonders fruchtbarem Land für die Landwirtschaft. Dieses Land ist wichtig für uns – wir brauchen es. Das Recht auf Nahrung ist auch ein Menschenrecht. Der zweite Grund ist der Wassermangel. Schon heute klagen die Menschen über Wasserknappheit in unserer Gegend. Wir wissen, dass zumindest für die erste Phase, die Bohrung, Geothermie sehr viel Wasser benötigt.

Besonders in der Trockenzeit wird auch im tropischen Klima von Flores das Wasser knapp. (Foto: SVD)
Besonders in der Trockenzeit wird auch im tropischen Klima von Flores das Wasser knapp. (Foto: SVD)

Drittens hängt die Kultur der Menschen stark mit der Landwirtschaft zusammen. Und wir reden nicht von ein oder zwei Orten, an denen Geothermie-Projekte geplant sind, sondern von fast 20. Das stellt die Leute vor einen Kulturwandel, der sehr plötzlich ist. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin nicht gegen Kulturwandel. Jede Kultur wandelt sich. Doch wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen bei der Geschwindigkeit des Wandels mithalten können.

Der vierte und sehr entscheidende Grund: Es gibt bereits einen Ort, an dem seit 30 Jahren Versuche laufen, Geothermie zu betreiben – ohne Erfolg. Im Gegenteil: Es sind Löcher zurückgeblieben, aus denen immer wieder schwefelhaltiges Gas aufsteigt. Es schädigt die Dächer der Häuser. Ausgerechnet dort sollte erneut gebohrt werden, gefördert von der deutschen Förderbank KfW. Ich habe gesagt: „Bitte, das Land ist nicht herrenlos. Dort wohnen Menschen.“

Sie sprechen von Mataloko. Es gibt Berichte über Erdrutsche und austretendes Schwefelwasserstoffgas. Gibt es noch einen Ort, an dem die Menschen Erfahrungen mit Geothermie gemacht haben?
Es gibt zwei Orte: Mataloko und Sokoria. In Sokoria wurde mit der Erprobung von Geothermie viel später begonnen. Zumindest die Stromerzeugung funktioniert mehr oder weniger. Doch die Menschen klagen, dass die Ernten ihrer Kaffeeplantagen zurückgehen, seit es dort Geothermie gibt. Auch der Gemüseanbau leidet.

Wegen des Wassers?
Ja, das ist es, was die Leute sehen. Doch wenn sie es den Betreibern sagen, bekommen sie zur Antwort: „Das hängt nicht miteinander zusammen; das hat andere Ursachen.“ Sie fragen: „Aber woran liegt es dann?“ Die Antwort lautet: „Das müsst ihr schon selbst herausfinden. An unserem Betrieb liegt es nicht.“ Die Menschen bekommen einfach keine glaubwürdigen Erklärungen. In Sokoria wurden sie sogar mithilfe des Militärs unter Druck gesetzt. In Mataloko haben die Betreiber erst seit die KfW involviert ist damit begonnen, die Menschen zu befragen.

Was können Menschen anderswo auf der Welt davon lernen, was gerade bei Ihnen passiert?
Ich glaube, es ist wichtig, die Menschen vor Ort einzubeziehen, mit ihnen zu sprechen und von Anfang an ehrlich und transparent alles auf den Tisch zu legen: Welche möglichen Folgen gibt es? Und wer trägt die Verantwortung, wenn etwas schiefgeht?

In Mataloko zum Beispiel sehen die Leute, dass es unmöglich geworden ist, weiter dort zu leben. Es sind nicht nur die Dächer ihrer Häuser, die Schaden nehmen. Die Menschen bekommen Gesundheitsprobleme. Deshalb ziehen einige Familien weg, ohne eine Entschädigung zu bekommen. Sie bekommen nichts, obwohl die Situation sie zu dieser Entscheidung zwingt. Deshalb muss vorher klar sein: Wer trägt die Risiken? Wer übernimmt die Verantwortung?

Welche Zukunft sehen Sie für den Wandel hin zu erneuerbaren Energien auf Flores?
Ich sage klar: Geothermie ist für Flores keine Option. Und ich sage das nicht allein. Alle Bischöfe der Kirchenprovinz Ende haben einen gemeinsamen Brief geschrieben. Seitdem andere und ich uns gegen die Geothermie ausgesprochen haben, sind viele Diskussionen in Gang gekommen. Seit laut gesagt wurde, dass etwas schiefläuft, ist Aufmerksamkeit geschaffen.

Die Inseln Flores, Sumba und Timor gehören zu einer Provinz. Die Regierung plant für Flores einen Schwerpunkt auf Geothermie und für Sumba auf Solarenergie. Warum sollte Solarenergie nicht auch für Flores eine Option sein? Es gibt dort mehrere große Dämme. Sie könnten geeignet sein, um Solarpaneele aufzustellen. Einige Inseln, die zu Flores gehören, liegen nah beieinander. Es gibt Überlegungen, die Meeresströmung dort zur Energiegewinnung zu nutzen.

Bisher scheint es so, dass die Zentralregierung noch sehr entschieden an der Geothermie festhält. Das wird auf Widerstand stoßen. Unser Anliegen ist, dass ernsthaft über bessere und endgültige Alternativen diskutiert wird.

Interview: Sebastian Quillmann

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