Pater Norbert Cuypers: Im Tagebuch-Schreiben sich selbst begegnen

Deutschland

25. Feb 2025

Ein Tagebuch zu schreiben, hilft Menschen, ihre Gedanken und Gefühle zu ordnen. Pater Norbert Cuypers ist selbst Tagebuchschreiber. Er beschreibt die heilsame Wirkung für die persönliche und spirituelle Entwicklung.

Pater Norbert Cuypers: Im Tagebuch-Schreiben sich selbst begegnen

Es gibt Tagebücher, die als Lebenszeugnisse berühmter Persönlichkeiten Teil der Weltliteratur geworden sind, etwa die Tagebücher von Franz Kafka, obwohl dieser zu Lebzeiten den Wunsch geäußert hatte, sie zu vernichten. Andere Tagebücher sind uns bekannt als wichtige und berührende Zeitzeugnisse, wie die Tagebücher von Anne Frank, in denen sie Briefe an imaginäre Freundinnen schreibt, allen voran an „Kitty“, „denn Kitty ist immer geduldig“.

Gerade dass sie nicht für den Leser geschrieben wurden, macht diese Tagebücher so nahbar, denn im eigentlichen Sinn ist ein Tagebuch etwas Privates, sogar Intimes. „Niemand außer einem selbst sollte lesen, was dort geschrieben steht“, sagt Pater Norbert Cuypers. Er hat für die Sendung „Am Sonntagmorgen“ im Deutschlandfunk einen Impuls aufgezeichnet: „Im Schreiben sich selbst begegnen. Von der heilenden Wirkung eines Tagebuchs“. Darin berichtet Cuypers auch von seinen eigenen Erfahrungen.

Der Spiritualität Raum geben

„Seit geraumer Zeit schreibe auch ich ein Tagebuch. Anlass, damit zu beginnen, war damals meine tiefe Sehnsucht meiner persönlichen Spiritualität wieder mehr Raum zu geben. Schon als junger Mensch habe ich die Erfahrung machen können, wie sich Fragen und Regungen, die sich in meinem Alltag zeigten, verdichteten und nach Antworten verlangten, und wie ich Stärkung und Orientierung erfuhr, wenn ich Gott mehr Raum in meinem Leben gab“, sagt Pater Cuypers.

„Nach einer Stunde Gebet und Schweigemeditation am Morgen vertraue ich meine unterschiedlichsten Regungen, Emotionen und Bilder, die ich in der Stille wahrgenommen habe, meinem Tagebuch an. Damit gebe ich diesen Glaubenserfahrungen wieder mehr Gewicht und ordne sie.“

Selbstreflexion ist herausfordernd

Pater Norbert Cuypers SVD. Der Steyler Missionar lebt als Eremit auf der Dörnschlade im Sauerland.
Pater Norbert Cuypers SVD. Der Steyler Missionar lebt als Eremit auf der Dörnschlade im Sauerland.

Pater Norbert Cuypers lebt als Eremit in der Klause an der Wallfahrtskapelle auf der Dörnschlade im Sauerland. Doch auch ein Leben mit geistlichem Schwerpunkt kennt „destruktive Gedanken, die mich herunterziehen und den Fluss der Liebe und des Lichts in mir blockieren wollen“, beschreibt Cuypers. Diese Gedanken vertraut er seinem Tagebuch an.

„Wenn ich ehrlich bin, sind das im Grunde doch kleine und unwichtige Themen, die sich aber im Augenblick groß in mir aufblasen, und leider kenne ich keinen Schalter, um sie in meinem Kopf abzuschalten“, sagt er. Diese Art der Selbstreflexion sei herausfordernd. Aber sie diene der Weiterentwicklung:

„An sich und seinem Verhalten zu zweifeln, heißt auch, sich immer wieder zu hinterfragen. Das ist nicht unbedingt angenehm, und trotzdem ist eine solche Reflexion wichtig. Die alten Weisheitslehrer haben recht, wenn sie behaupten: Was im Leben nicht angeschaut wird, kann auch nicht heilen.“

Dankbarkeit statt Negativspirale

„Auch in meinem Leben melden sich die Anlässe, zu danken, meistens leiser zu Wort als die Momente der Klage“, sagt Pater Cuypers. Deshalb sei es wichtig, sich in Dankbarkeit zu üben. Dabei hilft das Tagebuch: „Auch die vielen kleinen Dinge, die mich im Alltag froh stimmen und für die ich Gott in meinem Leben dankbar bin, verschriftliche ich.“ Er empfiehlt, jeden Tag mindestens drei Dinge aufzuschreiben, für die man dankbar ist.

Sein Fazit: „Durch das Schreiben habe ich eine kreative Möglichkeit entdeckt, meinen Gedanken Ausdruck zu verleihen, Belastendes loszuwerden und sowohl achtsamer als auch dankbarer für das zu werden, was mein Leben lebenswert macht.“

Den Impuls „Im Schreiben sich selbst begegnen“ zum Nachhören (Sendung vom 23. Februar 2025) finden Sie auf der Deutschlandfunk-Webseite. 

Weitere Impulse von Pater Norbert Cuypers finden Sie auch in seiner Kolumne unserer Zeitschrift Leben jetzt. Eine Sammlung ausgewählter Texte ist im Steyler Klosterladen erhältlich.

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