Deutschland
06. Jun 2025
Die Steyler Missionare setzten sich anfangs für eine ungewöhnliche Darstellung des Heiligen Geistes ein: als dritte Person Gottes in menschlicher Gestalt. Johannes Janssen zog sich sogar den Unmut des Papstes zu.
Die Darstellung der Dreifaltigkeit in drei menschlichen Figuren ist nicht sehr verbreitet, kommt aber besonders in den Alpen in alten Kirchen immer wieder vor. Gelegentlich sieht man drei Gesichter ineinander gemalt oder eben drei menschliche Personen. Arnold Janssen und sein Bruder Johannes kannten eine solche Darstellung aus ihrer Heimatkirche in Goch.
Bei den Steyler Missionaren ist die Dreifaltigkeit eine der wesentlichen spirituellen Perspektiven, der Gründer Arnold Janssen hat sich immer wieder besonders auf dieses göttliche Geheimnis bezogen. Er verwendete vor allem den „Gnadenstuhl“, die Darstellung von Gott Vater auf dem Thron, der in seinen Händen den gekreuzigten Sohn trägt und den Heiligen Geist sendet – eine für die Kirche damals akzeptable Darstellungsform.
In der Darstellungsgeschichte wird seit den Frühzeiten der Kirche der Heilige Geist als Taube dargestellt, wohl auch im Gefolge der Berichte von der Taufe Jesu in den Evangelien. In der Gründungszeit der Steyler Missionare wurde in Frömmigkeitskreisen um die Seherin Leitner (in Wien) und Johannes Janssen argumentiert, dass die Taube als Tier weniger die Verehrung des Heiligen Geistes fördere, als wenn man ihn in menschlicher Gestalt darstellen könnte, da ja ein Tier keine Person sei, der Heilige Geist aber eben die dritte göttliche Person.
Arnold Janssen und sein deutlich jüngerer Bruder Johannes kannten eine Darstellung der Dreifaltigkeit in drei menschlichen Figuren aus ihrer Heimatkirche in Goch. Dort gibt es an einer Seitenwand der St.-Magdalena-Kirche ein solches Bild. Man sieht auf ihr den Heiligen Geist nicht als Taube dargestellt, sondern mitten im Bild als die Verbindungsperson zwischen dem Vater links im Bild als Schöpfer, mit der Weltkugel und dem Sohn, als der Erlöser mit dem Kreuz rechts im Bild. Das Kunstwerk in der Kirche in Goch ist aus Eichenholz gefertigt und stammt aus der Zeit um 1530 von Henrik Douvermann, von dem in der großen Kirche von Venray (Niederlande, nicht sehr weit von Goch entfernt) eine bekannte Petrusfigur zu sehen ist.
In der Anfangszeit der Steyler Missionare gab es einen Zwischenfall, in dem es um diese Darstellung des Heiligen Geistes in menschlicher Gestalt ging. Daran war vor allem der Bruder des Stifters, Johannes Janssen, beteiligt. Johannes Janssen (1853-1898) schloss sich 1877 den Steyler Missionaren an und war ab 1889 Rektor des neu gegründeten Hauses in St. Gabriel. Er war von Kindesbeinen an ein glühender Verehrer des Heiligen Geistes. Er hätte St. Gabriel gern zu einem Zentrum der Verehrung des Heiligen Geistes aufgebaut. Aus diesem Grund ist dort auch die große Kirche dem Heiligen Geist geweiht, eher ein außergewöhnliches Patrozinium.
Zusammen mit Bischof Johann Baptist Anzer und Arnold Janssen selber stand er unter dem Einfluss der Seherin Magdalena Leitner in Wien, die darauf drängte, den Heiligen Geist als Jüngling darzustellen – so hatte sie ihn geschaut. Der Heilige Geist sei „der schöne Gott, den zu schauen die Engel gelüstet.“ Johannes Janssen war für diese Darstellungsform Feuer und Flamme und setzte sich in vielen seiner Schriften dafür ein.
Bischof Anzer trug bei einer Audienz 1891 dem Papst das Anliegen vor, in seiner Diözese Shandong (China) den Heiligen Geist in menschlicher Gestalt darstellen zu dürfen, weil in China die Taube nicht Schönheit, Sanftmut und Unschuld symbolisiere, sondern als schmutziges und sexuell laszives Tier angesehen werde.
Der Papst gab dazu sein mündliches Einverständnis und setzte sich damit über die explizite Anweisung von Papst Benedikt XIV. von 1745 hinweg (man beachte: Es gibt ausdrückliche Anweisungen, wie die Künstler sich auszudrücken hätten). Bischof Anzer ließ daraufhin entsprechend Bilder vom Heiligen Geist als Jüngling anfertigen, wie die Seherin ihn beschrieben hatte, und schickte diese Bilder nach Shandong. (Die Bilder wurden in späteren Kriegswirren zerstört und sind nicht greifbar.)
Von diesem Zugeständnis an die Mission in China wurde Johannes Janssen beflügelt. Bei einer Papstaudienz im Dezember 1896 sprengte er das Zeremoniell und trug dem Papst direkt sein Anliegen vor, auch in St. Gabriel den Heiligen Geist als Jüngling darstellen zu dürfen. Es muss mehrere Missverständnisse gegeben haben, denn der Papst ließ ihn hinauswerfen, weil er offenbar eine klare Häresie vorgetragen hätte. In der Folge gab es heftige Briefe an Arnold Janssen mit der Forderung aus dem Vatikan, seinen Bruder Johannes abzusetzen. Es kostete Arnold allerhand Mühe, den Brand in Rom zu löschen und seinen Bruder Johannes in seinen Visionen zu begrenzen.
Text: Christian Tauchner SVD, Auszug aus „Am Anfang war ... Goch“, Missionschronik 2024