Deutschland
29. Mai 2024
Beim Deutschen Katholikentag in Erfurt spielen und singen die Steyler Missionare Glaubenslieder aus aller Welt – wie beim Provinztag der Deutschen Ordensprovinz in St. Wendel.
„Zukunft hat der Mensch des Friedens“ (Ps 37,37b) lautet das Leitwort des 103. Deutschen Katholikentags in Erfurt. Ein Vers aus den Psalmen, der einer internationalen Gemeinschaft wie den Steyler Missionaren auf den Leib geschrieben ist. In einem der 230 weißen Zelte, die vom 29. Mai bis zum 2. Juni in der Erfurter Innenstadt zur Begegnung einladen, erwarten die Steyler ihre Gäste – genauer gesagt am Domplatz, wo auch andere Orden und Gemeinschaften ihre Zelte aufgeschlagen haben. Dort laden die Steyler Missionare zu Gesprächen und Diskussionen ein, zum gemeinsamen Gebet und Gesang. Auf der Facebook-Seite der Deutschen Ordensprovinz finden Sie bereits das Programm. Dort folgen auch weitere Bilder und Eindrücke aus Erfurt.
Kulturelle Vielfalt macht stark
Besonders in ihrer Musik zeigen die Steyler Missionare das Zusammenspiel von kultureller Vielfalt und Gemeinschaft im Glauben. Einen Vorgeschmack darauf haben die Brüder unter Leitung von Pater Vincent Adi bei ihrem Provinztag am 1. Mai im Missionshaus St. Wendel gegeben, zum Beispiel mit dem Dankeslied aus dem Kongo, das sie hier hören: „Kimwama“. Pater Vincent leitet auch die musikalischen Beiträge der Stelyer beim Katholikentag in Erfurt.
„Wir sind als Gemeinschaft von Mitbrüdern über Kontinente und Kulturen hinweg vereint. Dass jeder von uns etwas Besonderes zum Ganzen beiträgt, macht uns stärker. Unsere Vielfalt ist ein Spiegel des Gottesreiches, das wir anstreben“, sagte Pater Provinzial Peter Claver Narh in seiner Predigt anlässlich des Provinztags.
Begegnung schafft Gemeinschaft
So, wie die Mitbrüder einander auf dem Provinztag begegnet sind, wollen sie auch den Besuchern auf dem Katholikentag begegnen: mit der Offenheit für das Besondere, das der andere mitbringt. Denn das ist die Erfahrung, die sie bei ihrem Wirken als Missionare in aller Welt geprägt hat.
Dass viele Lieder der Steyler Missionare aus dem Kongo stammen, kommt nicht von ungefähr: Pater Alfons Müller (85) war dort 55 Jahre lang als Missionar und trägt seither den Namen „Ngayime“, was so viel heißt wie „der Mann, der unsere Lieder hat“. Pater Alfons erinnert sich: „Als ich als junger Mann in den Kongo kam, dachte ich, dass mich die Menschen dort bräuchten, dass ich ihnen etwas zu geben hätte. Doch schnell merkte ich, dass vor allem sie mir etwas zu geben haben, wenn ich gut zuhöre, nämlich ihre Musik.“ Pater Alfons zeichnete die traditionelle Musik mit Tonbändern auf, übertrug sie in Notenschrift, arrangierte als Chormusik und erarbeitete mit den Gemeinden vor Ort christliche Texte. Vor allem aber brachte er diese Musik in die katholischen Fernseh- und Radiosendungen im Staatsfernsehen.
Pater Alfons berichtet über seine Erfahrungen im Kongo auch in diesem Interview.
Essen macht aus Fremden Freunde
Bruder Alfons Schario (86) beschreibt seine Zeit als Missionar auf den Philippinen als „ein fortwährendes Lernen“. Er erzählt von einer besonderen Begegnung: „Einmal kam ich dazu, als den Leuten eine große Echse in eine Falle am Straßenrand gegangen war. Ich half ihnen, die Echse aus dem Fangnetz zu nehmen, und ging meiner Wege. Als ich später wiederkam, winkten sie mich herüber. Da hatten sie das Tier gebraten. Mir wurde etwas anders, aber ich habe aus Höflichkeit mitgegessen. Und es hat nicht nur gut geschmeckt, sondern ich war plötzlich Teil einer Gemeinschaft. Essen macht aus Fremden Freunde.“
Deutsche Provinz mit Brüdern aus aller Welt
„Der Blick in die Zukunft ist die Jugend“, sagt Bruder Alfons. Diese Zukunft, der Nachwuchs der Deutschen Ordensprovinz der Steyler Missionare, stammt heute aus vielen verschiedenen Ländern und Kulturen, etwa aus Indonesien, von den Philippinen, aus China und aus Ländern des afrikanischen Kontinents. Einer von ihnen ist Vincensius (26) aus Indonesien. Er kam zunächst als Praktikant zur Deutschen Ordensprovinz. Hier hat er sich endgültig entschieden, zu bleiben und an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie zu studieren. Auch Vincensius musiziert gerne mit seinen Mitbrüdern; er singt im Chor und spielt Gitarre. Er fühlt sich in der Gemeinschaft und im neuen Land gut aufgehoben. „Und ich möchte hier studieren, weil ich mir vom Theologiestudium in Deutschland große inhaltliche Tiefe verspreche “, sagt er.
So, wie viele Steyler über Jahrzehnte hinweg als Missionare von Deutschland aus in ferne Länder gingen, ist die Deutsche Ordensprovinz der Steyler Missionare heute geprägt von Patres und Brüdern aus aller Welt – allen voran Pater Peter Claver Narh, der als erster nichtdeutscher Mitbruder zum Provinzial der Steyler in Deutschland gewählt wurde. Mehr dazu lesen Sie hier: Neuer Provinzial.
Der Glaube schafft Einheit
„Zugehörigkeit ist ein Thema, das aktuell ist“, sagt Provinzial Narh. Deutschland und viele andere Länder führen gerade gesellschaftliche Debatten darüber. Auch dem jungen Christentum war die Frage „Wer gehört dazu?“ nicht fremd, als Christen aus der jüdischen Tradition den „Unbeschnittenen“ aus anderen Kulturen gegenüberstanden. „Ich glaube, dass der Umgang von Petrus uns als Vorbild dienen kann“, sagt Narh mit Blick auf die Apostelgeschichte (Apg 15,7-11). Petrus argumentiert, dass Gott die Herzen kennt und verschiedene Menschen gleichermaßen beruft. Oder wie Pater Narh am Provinztag vor seinen Mitbrüdern predigte: „Wir sind gerufen, nicht nur die Botschaft zu verkünden, sondern auch ein lebendiges Zeugnis der Liebe und Einheit zu sein, die in Christus möglich ist.“
Sebastian Quillmann