Handwerkermuseum

Deutschland

15. Apr 2023

In der Parkstraat 32, auf dem Gelände des Klosterdorfes in Steyl befindet sich ein Heimatmuseum, das gleichzeitig von der Geschichte des Klosters St. Michaël und vom Beginn der Industrialisierung erzählt.

Handwerkermuseum

Das Ketelhuis wurde im 19. Jahrhundert nahe der alten Druckerei erbaut und diente der Energieversorgung und als Zentralheizung der Klosteranlage.

Arnold Janssen war bewusst, dass die Missionstätigkeit auch von den technischen Möglichkeiten abhängt. Daher förderte er die Ausbildung vieler Mitbrüder als Techniker. Schon früh nutzte er die Elektrizität. Die große Dampfmaschine war die Kraftzentrale seines gesamten Unternehmens. Im Kesselhaus erzeugten zwei große Dampfkessel und die Dampfmaschine mit einem Generator Energie und stellten elektrischen Gleichstrom bereit. Ein Umwandler stellte auch Wechselstrom her. Viel Elektrizität wurde benötigt. Das riesige stählerne Schwungrad der Dampfmaschine wird heute nicht mehr mit Dampf, sondern mit Luft angetrieben. Freiwillige Mitarbeiter warten und bewahren die Anlage und machen das Kesselhaus der Öffentlichkeit zugänglich.

Klöster waren und sind nicht nur Orte des Gebetes. Mit ihren handwerklichen Fähigkeiten sicherten Ordensleute ihr Auskommen und beeinflussten die wirtschaftliche Entwicklung ganzer Regionen. Die Steyler Missionare exportierten nicht nur das Evangelium, sondern auch handwerkliche Fähigkeiten, die hier in Steyl vermittelt wurden. Für alle Dinge des Lebens war gesorgt. Jedes Handwerk, das zum Erhalt des Klosterlebens notwendig war, wurde hier auch gelehrt.

Mitbrüder wie Bruder Heinz Helf können viele Geschichten erzählen. Eine Kerzenziehvorrichtung aus den 1920er Jahren ist bis heute funktionstüchtig. Kerzen-Gießen war sehr wichtig, nicht nur für den Eigenbedarf des Klosters, sondern auch für die neuen Missionsgebiete.

Bruder Heinz Helf SVD rechts im Bild
Zahnarzt

Auch Heiligenstatuen wurden in großer Zahl in den klostereigenen Werkstätten hergestellt. Zunächst aus Holz gefertigt, wurde später Gips in eine Schablone gegossen und die Figuren kunstvoll angemalt. Polychromieren ist die Kunst der Farbgebung, mit der ein plastischer Ausdruck erzielt wurde. Die Nachfrage war groß, besonders beliebt war die Madonna, aber auch Josef und Christus wurden gerne bestellt. Die Steyler Krippen waren sehr beliebt. Es gab eigene Kataloge, die Figurenherstellung entwickelte sich zu einer wertvollen Einnahmequelle. Obwohl es sich um eine künstlerische Arbeit handelte, entwickelte sie sich immer mehr hin zu industrieller Herstellung.

Neben den Figuren wurden auch bleiverglaste Kirchenfenster nach Übersee geschickt. Auch diese wurden in Steyl hergestellt und in Einzelteilen von 50x80 cm verpackt und verschifft. Von den Zeichnungen und Entwürfen bis hin zum Glasschneiden - für alle Arbeitsschritte wurden sachkundige Mitbrüder benötigt.

Auch liturgisches Gerät und Messgewänder aus Steyler Produktion wurden in die Missionsländer geschickt. Die Schneiderei oblag vor allem den Schwestern, die auch die Alltagskleidung für die Ordensleute herstellten.

Das Kabinett des Friseurs ist ebenfalls in der Ausstellung zu besichtigen. Erst 1973 wurde die Tonsur, bei der Priestern eine kreisförmige Stelle auf dem Kopf rasiert wurde, abgeschafft. Auch heute noch erhalten die Mitbrüder ihren Haarschnitt im Kloster. Gepflegtes Aussehen ist wichtig, denn es ist Ausdruck der Wertschätzung des Gegenübers.

Auch der Zahnarzt war ein Mitbruder. Die so genannten Dentisten führten die Zahnbehandlung ebenso durch, wie sie die Technik der Herstellung von Plomben und Zahnersatz beherrschten. Mitbrüder kamen selten aus der Mission nach Hause. Wenn sie aber Heimaturlaub machten, wurden sie medizinisch versorgt, was bei den Zähnen begann bis hin zu Kuranwendungen nach Sebastian Kneipp.

Abbildung Arnold Janssens
Polychromie

Auch für die Missionsländer war die Gesundheitsvorsorge von großer Bedeutung. Die Steyler errichteten Kliniken und medizinische Stationen in den Missionsländern. Es wurde viel getan für die Gesundheitspflege.

Zeitweise lebten bis zu 700 Männer in Steyl. Alle mussten von der Küche versorgt werden. Die Köche waren gut ausgebildet. Die Küche stellte auch Backwaren her, ein ganz wichtiger Bereich, der vor allem Brot, Brötchen und auch Kuchen umfasste. Das Brot von Steyl galt als etwas ganz Besonderes. Auch heute noch wirken Lebensmittel mit dem Zusatz „Kloster“ exotisch und verkaufen sich gut.

Besichtigt man die Werkstätten, sieht man, dass an vielen Stellen kleine Nischen ins Mauerwerk eingelassen sind. Manchmal beherbergt die Gedenkstätte eine Madonna, manchmal ein Kreuz. Die kleinen, liebevoll gestalteten Gedenkstätten prägten die Atmosphäre in dem Betrieb.

Die ordenseigenen Betriebe machten das Kloster autark und stellten alles her, was zum Funktionieren des Klosterdorfes notwendig war. Dazu zählte auch eine Landwirtschaft. Es gab Kühe, Kälber und Schweine, die hier geschlachtet und zu Fleischprodukten verarbeitet wurden.

Steyl war natürlich auch für seine Zeitschriften bekannt. Druckerzeugnisse trugen die Gedanken Arnold Janssens in die Gesellschaft und inspirierten viele junge Menschen, sich selbst dem Steyler Missionswerk anzuschließen. Druckerzeugnisse waren eine Möglichkeit, Förderer zu finden. Das wichtigste Medium dafür war die Zeitschrift Stadt Gottes, die ab 1878 wöchentlich erschien. Es gab noch keine Fotografie, daher wurden die Abbildungen anhand von Holzschnitten erstellt, mithilfe kostbarer Druckstöcke. Die Drucktechniken haben sich seither sehr verändert, was man im Steyler Museum besichtigen kann. Bereits ganz am Anfang begann Arnold Janssen, der selber Redakteur war, mit dem Aufbau der Druckerei. Eine manuelle Druckmaschine (Tiegel) ist heute noch zu sehen, die Besucher selber bedienen und sich ein Andenken an ihren Besuch in Steyl ausdrucken konnten.

Die Missionare brachten neben dem Glauben auch Knowhow und Technik in die Missionsländer. Die Steyler Handwerksbetriebe haben in vielen Ländern ihre Spuren hinterlassen.

Redaktion Steyler aktuell

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