Deutschland
15. Jan 2023
Im Missionspriesterseminar St. Augustin verstarb heute Morgen, am 15.01.2023, dem Fest des hl. Arnold Janssen, nach schwerer Krankheit um 04.30 Uhr unser lieber Mitbruder Pater Anton Gessler SVD.
Er war ein fleißiger und kreativer Arbeiter im Weinberg des Herrn: organisiert, exakt, vielseitig, treu, überall einsetzbar. Nichts war ihm zu viel. Das war so im pastoralen Dienst in der Diözese Kenge, das war so in den wichtigen Verantwortungen in der svd-Kongo-Zaïre. Und als Direktor des Bibelverlages VERBUM BIBLE prägte er die Provinz mit dem Gesicht der „Missionare des Göttlichen Wortes“. Sein Eifer setzte sich fort, als sein Heimatprovinzial den inzwischen 62jährigen in die deutsche Provinz zurückrief als Herausgeber der Predigtzeitschrift ‚Die Anregung‘. Seine Mitbrüder bescheinigten ihm: „Was immer er anpackte, erledigte er mit System und immer mit Erfolg!“
Heimat, Jugend, Schule
Geboren und aufgewachsen in Friedrichshafen, blieb er dem See und den Bergen sein Leben lang verbunden. In seiner Kindheit war die Stadt vielen Angriffen alliierter Bomber ausgesetzt. Zielscheibe war die Rüstungsindustrie (Zeppelin- und Dornierwerke). An einen geregelten Start in die Volksschule war nicht zu denken. Die Anfänge des ABC und die ersten Rechenarten lernte er im Luftschutzkeller oder während der Evakuierungen auf dem Land.
Der Vater führte eine Schuhmacherwerkstatt. Die Eltern taten alles, um ihren beiden Söhnen einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Anton blieb seiner Familie und seinen Verwandten sein Leben lang sehr verbunden. Mit zwölf Jahren ging er an das Steyler Progymnasium St. Johann-Blönried. Ab 1955 studierte er in St. Wendel, wo er 1959 mit dem Abitur abschloss.
Ausbildung bei den Steyler Missionaren
Am 1. Mai 1959 startete er mit 52 anderen Novizen unter Pater Alfred Much das Noviziat in St. Augustin. Im September 1960 wurden Noviziat und Philosophie nach St. Gabriel verlegt. Hier waren neben der Philosophie auch Völkerkunde und Linguistik unter dem Studiendirektor Pater Vorbichler gut besetzt. Dieser hatte ein paar Jahre vorher in der jungen SVD-Mission (1951) am Kongo gearbeitet und mit seinem Lehrer Pater Schebesta unter den Pygmäen geforscht. Beide wussten ihren Studenten die Völkerkunde anschaulich zu vermitteln.
1962/63 folgte ein pädagogisches Praktikum in Steyl. Anton zeigte pädagogisches Geschick und der Unterricht machte ihm Freude. Im Stillen hoffte sein Schulleiter, ihn später in seiner Schule wieder zu sehen.
Die Theologie in Sankt Augustin fiel in die Zeit des II. Vatikanischen Konzils. In den Herzen vieler waren Erwartungen, Sehnsüchte und Hoffnungen wach geworden.
Am 22. Oktober 1966 empfing Anton mit 25 Steylern in Sankt Augustin die Priesterweihe durch Nuntius Corrado Bafile. Gleich drei von ihnen erhielten die Arbeitsbestimmung für die damals noch junge Kongomission (Gessler, Lesch, Wagner). Vier Jahre zuvor war das den Steylern anvertraute Gebiet Diözese geworden mit Franz Hoenen SVD als erstem Bischof. Die Vorgänger hatten im ersten Jahrzehnt viel bewirkt, vor allem im Schulwesen und im Aufbau neuer Pfarreien.
Die sprachliche Vorbereitung auf die Arbeit im Kongo ging schnell zu Ende, als in Frankreich die Studentenunruhen ausbrachen. Kaum im Kongo angekommen, gingen auch dort die Studenten auf die Straße. Der Diktator Mobutu steckte sie in die Soldatenuniform.
Buschmissionar in Misay-Fatundu
In Kinshasa war der Lingala-Kurs noch nicht ganz organisiert. Wir begannen aber. Es folgte in Bandundu ein schneller Kikongo-Kurs. Dann ab in die Praxis! In dieser Zeit musste der Buschmissionar auch die Volksschulen am Laufen und die Lehrer bei der Stange halten. Die Seelsorge war stark an die Schulen gebunden. Wichtig war die Präsenz vor Ort; nicht gerade angenehm für den Neuling waren die vielen Moskitos in Bolo und das sumpfige Gelände von Fankana mit den vielen Holzbrücken, die nicht immer standhielten. Erholung fand der Buschmissionar auf der Hauptstation in Misay mit Pater Schön, dem ruhenden Pol.
Unter den jungen Missionaren herrschte damals ein ausgeprägter Wunsch nach Zusammenarbeit. Um das zu verwirklichen, schlug der junge Bischof vor, in jedem Dekanat ein paar Zimmer mit Versammlungsraum zu schaffen für regelmäßige Zusammenkünfte. In Fatundu verwirklichte die Gruppe Bruder Cl. Wegmann, A. Gessler und G. Lesch in kurzer Zeit das Projekt. Mit E. Nunnenmacher machte Anton sich daran, die Lehrer des ganzen Gebietes auf das Heilige Jahr 1975 vorzubereiten.
Bandundu
1974 wurde Anton Gessler nach Bandundu versetzt. Zuerst in die Pfarrei St. Paul, dann bekam er den Auftrag, die Pfarrei Yezu Kristu - Nto Luzingu im Sumpfgelände am Kwango aufzubauen. Es waren schwierige Jahre in der Epoche der Authentizität Mobutu‘s mit Verstaatlichungen des Unterrichtswesens und der Betriebe der Ausländer. Ein Versammlungsverbot machte viele Initiativen im Bereich der Pastoral unmöglich.
Anton führte ein Pfarrblatt ein, zuerst in seiner Pfarrei, dann in allen vier Pfarreien der Stadt. Zu den großen Festen bot er es allen interessierten Pfarreien der Diözese Kenge an. Auf seiner kleinen Olympia Schreibmaschine machte er den Satz "von Hand", ebenso Illustrationen und Layout. Die Brüder Adolf Stegmaier und Clemens Jansen besorgten den Rest in der Druckerei Edimba. So nahm er Einfluss auf die Pastoral in der sich langsam entwickelnden Provinzhauptstadt im Flüssedreieck Kwango-Kwilu-Kasai. Hier hat er starke Wurzeln getrieben, blieb aber immer bereit, zu neuen Ufern aufzubrechen.
Provinz svd ZAIRE
1982 wählten ihn die Mitbrüder in den Provinzrat. Er übernahm die Verantwortung für die Berufspastoral und gründete die Zeitschrift "Prière et Service Missionnaires". Sie hatte Einfluss auf die Motivierung der jungen Menschen, die sich auf Beruf und Leben vorbereiten. Sie gelangte auch dorthin, wo wir Steyler selbst nicht arbeiten. So bekamen wir auch Berufe aus anderen Gebieten.
Verbum Bible
Bei seinem Besuch im Kongo, Ende 1980, schlug P. Generalsuperior Heekeren vor, mehr zu tun für die Verbreitung der Bibel. Was der Verlag Verbo Divino in Estella für Lateinamerika tut, sollen wir für Afrika machen.
Wir sahen damals in diesem gut gemeinten Vorschlag nur Hindernisse. Der Personalstand der Provinz war auf 15 Brüder und 46 Patres gesunken; 7 davon waren zu weiterer Ausbildung in Europa. Die Provinz war dabei, ein Noviziat zu eröffnen und neue Pfarreien in der Provinz Kasai zu übernehmen.
Als der erste Direktor von Verbum Bible die SVD verliess, musste G. Lesch, seit kurzem Urwaldpfarrer in Dekese (Lukenie), einspringen. Pater Gessler hatte sein Sabbatjahr in Nemi hinter sich und organisierte die Berufspastoral. Er zögerte nicht, sich schon 1984 dem jungen Verlag zur Verfügung zu stellen. Er arbeitete sich schnell und gut ein und konnte schon 1987 die Leitung übernehmen. Auf vier Schultern verteilt, ging die Arbeit gut voran.
Anton lernte Spanisch und war immer wieder in Estella, um die Aufträge zu koordinieren, die Korrektoren zu motivieren. In seinem PC hatte er sein ganzes, wohlgeordnetes Büro immer zur Hand! Es war die schwierige Zeit des Niederganges des Regimes Mobutu mit Plünderungen und sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wirren. Öfter dachte man an einen Umzug des Verlages nach Estella oder Lomé.
In diesen Jahren war er viel unterwegs. Fast jedes Jahr kam die Bibel in einer neuen afrikanischen Sprache heraus. Als er 1999 seinen Nachfolger einführte, lagen 12 Bibeln in afrikanischen Sprachen sowie die Jerusalemer Bibel in Französisch und in Englisch vor.
Noch zahlreicher waren die Ausgaben und Sprachen der Kinder- und Jugendbibel und des begleitenden Materials zum Lesen und Verstehen der Bibel. Verbum Bible kann ein wenig stolz sein auf zwei kleine Bestseller: "Der Herr ist mein Retter" ist ein biblisches Gebetbuch für die Jugend, das E.D. Skweres in seinem Bibelzentrum Cebilo erarbeitet hat. Der andere Bestseller „Die Bibel lesen – aber wie?“ floss aus der Feder von Werner Bach, Direktor und Mitbegründer des Bibelzentrums Bandundu (CAB). Im Verlag VERBUM BIBLE krönte Anton seinen missionarischen Einsatz und Eifer, der nicht mehr zu überbieten ist. Zur Verbreitung der Bibel in afrikanischen Sprachen kam die Herausgabe erklärenden Materials für Liturgie und Bibellesung.
„Wir hätten nie mit einem solchen Erfolg gerechnet! Die gute Zusammenarbeit mit dem Generalat in Rom, mit den Mitbrüdern im Verlag Verbo Divino, Estella und vielen kirchlichen Hilfsorganisationen hat uns die Verwaltung und Herausgabe erleichtert, die Zusammenarbeit mit einheimischen Priestern, mit Missionaren anderer Missionsgesellschaften und Laien haben uns die Übersetzungen gebracht.“
Es war viel Arbeit, viel Verwaltung, mühsame Reisen in vielen Ländern Afrikas, viele Kontakte - es war aber auch eine erfüllende Aufgabe. Anton Gessler schrieb: „Missionare von anderen Missionsgesellschaften und die Hilfswerke haben uns Mut gemacht und uns tatkräftig zur Seite gestanden! Dafür bleibe ich ihnen sehr dankbar!“ Bei all dieser Arbeit blieb es ihm immer wichtig, in Artikeln und Berichten für eine solide Finanzierung des Werkes zu werben. Es gelang ihm, dem Verlag auf gesunde Füsse zu stellen. Er blickte dankbar auf die Mitarbeit der Steyler Mitbrüder zurück. Er war immer mitten im Geschehen: als die SVD die junge Diözese Kenge aufbaute, als junge Afrikaner zu Missionaren des Göttlichen Wortes herangebildet wurden, als die Steyler die Verkündigung des Wortes Gottes in der Bibel für ganz Afrika zu einer ihrer Prioritäten machten.
„Die Anregung“
Im Jahre 2000 konnte die Provinz ihm einen jungen Nachfolger mit Spezialstudien im Verlagswesen an die Seite geben. Anton führte ihn ein und war bald reif für eine Verschnaufpause. Er machte in Jerusalem ein Sabbatjahr und nutzte es gut!
In Sankt Augustin übernahm er dann für zehn Jahre die Redaktion der Predigtzeitschrift „DIE ANREGUNG“. Jede Nummer ging durch seine Hand bis sie mit fertigem Layout in die Druckerei ging. Nach zehn Jahren lief sie als gedrucktes Produkt aus und fand den Eingang ins Internet.
Ruhestand?
Das Wort ‚Ruhestand‘ kam bei ihm nie vor. Im Blick auf des 100jährige Jubiläum von Sankt Augustin übernahm er das Hausarchiv und brachte es auf den neuesten Stand.
Mit einer Gruppe von Naturfreunden, die meisten Frauen, konnte er sich jetzt ganz seinem Klostergarten widmen. Kein Herbst ohne eine besinnliche Erntedankfeier! Er betreute auch eine Gruppe von Santiagopilgern und begleitete immer wieder Gruppen, mit denen er auf Mallorca Erholung für Leib und Seele fand.
Danke!
Die Steyler Missionare im Kongo und in Deutschland sind Gott dankbar, Pater Anton in ihren Reihen gehabt zu haben. Sein missionarisches Engagement lebt weiter im Beispiel und im Zeugnis junger Steyler. Wir danken seinen Angehörigen, Verwandten, FreundInnen und WohltäterInnen, die ihn begleitet, ermutigt und unterstützt haben. Sie alle waren mit ihm Missionare vom Göttlichen Wort in Afrika.
Den Auferstehungsgottesdienst für Pater Anton Gessler feiern wir in Dankbarkeit gegenüber Gott, seiner Familie und allen, die ihn stets unterstützt haben, am Freitag, dem 20. Januar 2023, um 10.30 Uhr in der Kirche des Missionspriesterseminars St. Augustin. Im Anschluss daran findet die Beisetzung auf dem Klosterfriedhof statt.
Für die Steyler Missionare in St. Augustin
Pater Polykarp Ulin Agan SVD Rektor