„Missio Dei“ – Gott ist schon da

Deutschland

27. Dez 2022

Dass das Thema "Missio Dei" von großer Bedeutung ist, zeigt die Teilnahme des amtierenden Generalsuperiors Pater Dr. Paulus Budi Kleden SVD bei einem Workshop in Siegburg, mit dem wir ein kurzes Gespräch geführt haben.

„Missio Dei“ – Gott ist schon da

Lieber Pater Budi Kleden, wie geht es Ihnen und was bewegt Sie momentan?
Es geht mir ganz gut und ich freue mich immer, wenn ich bei euch in Sankt Augustin sein kann. Ich kenne hier viele Leute, die ich seit langem nicht gesehen habe. Und ich nutze die Möglichkeit, wieder einmal Deutsch zu sprechen. Momentan denke ich sehr intensiv an die Mitbrüder, die zur Visitation in Indien sind. Meine Gedanken sind bei ihnen. Mein Wunsch ist, dass die Visitation wirklich neue Impulse bringt, dass man sich wieder begeistern kann für die Mission und für die eigene Berufung.

In diesem Workshop geht es um das Thema: „Missio Dei“. Was ist das Besondere an diesem Thema, was können wir uns unter „Missio Dei“ eigentlich vorstellen?
Für uns Steyler Missionare ist es eigentlich kein neues Wort. Zum ersten Mal wurde diese Bezeichnung vor 70 Jahren bei der Missionskonferenz in Willingen gebraucht, zu der die evangelische Kirche eingeladen hatte. Der Begriff „Missio Dei“ wurde schon beim Generalkapitel im Jahr 2000 verwendet, weil er sehr geeignet schien, um über unser Verständnis von Mission heute zu sprechen. Viele werden sich erinnern, dass besonders dieses Generalkapitel vom Thema „Prophetischer Dialog“ geprägt war, der aus diesem besonderen Verständnis der „Missio Dei“ hervorgegangen ist. Daraufhin haben wir dann unsere Mission als „Prophetischen Dialog“ bezeichnet.

„Wir gehen in die Mission, nicht um Gott zu bringen, sondern, weil Gott schon da ist.“ sagte Pater Christian Tauchner SVD, der Direktor des Steyler Missionswissenschaftlichen Instituts. Was bewirkt dieser Aussage in Ihnen?
Schon Leonardo Boff hat gesagt: „Gott kommt früher, als die Missionare.“ Auch ich bin der Meinung, dass nicht wir diejenigen sind, die Gott in die Mission bringen. Wenn wir glauben, dass Gott alle und alles erschaffen hat, dann war er natürlich schon vor den Missionaren in der Mission. Er ist es, der alles trägt. Gott ist überall präsent, weil alles von ihm geschaffen wurde. Alles ist durch sein Bild geprägt, vor allem die Menschen. Daher ist Gott überall und in allem präsent. Unsere Aufgabe als Missionare ist es, den Bezug zu diesem Gott zu benennen und Gott als einen Gott zu erkennen, der in sich selbst Beziehung ist. Das ist ein tiefes Verständnis von Christentum, dass wir wirklich zu verkünden haben, dass der Eine Gott, der schon immer und überall präsent ist, im Grunde in sich Beziehung ist, eine Beziehung von drei Personen. Und weil er eben in sich Beziehung ist, ist er offen in Beziehung zu uns. Ich glaube, das ist unsere Aufgabe, bewusst zu machen, dass wir dann miteinander in Beziehung treten müssen als gleichberechtigte Partner und nicht, dass der eine das Recht hat, über andere zu dominieren. Unsere Aufgabe ist es heutzutage, gleichberechtigt mit unseren Mitmenschen umzugehen. Dann werden wir dazu beitragen und gemeinsam daran arbeiten, diese Welt zu einer Welt für alle zu machen.

Pater Budi Kleden
Pater Budi Kleden

In der Spiritualität, in der theologischen Reflexion und auch in der religiösen Praxis und Frömmigkeit, gibt es überall vielfältige Strömungen, innerhalb der weltweiten Kirche und auch in der SVD. Sie als oberster Vertreter der Steyler Missionare müssen irgendwie damit zurechtkommen. Wir bringen Sie alle diese Strömungen, Meinungen, intellektuellen und spirituellen Wege unter einen Hut?
Das ist eine wichtige Frage, mit der ich tatsächlich sehr viel zu tun habe. Ja, wie bringe ich alles unter einen Hut? Ich nehme wahr, dass wir in der Spiritualität unterschiedliche Verständnisse und Erfahrung haben. Aber, was viel wichtiger ist - und davon bin ich überzeugt – ist, dass wir doch immer noch imstande sind, miteinander zu sprechen, um im gemeinsamen Ringen die Wahrheit zu erkennen. Das heißt, wenn ich eben aus dem asiatischen Verständnis ausgehe, dass ich meine Vorstellungen nicht für die einzig richtigen halte, sondern auch offen bin, andere Meinungen zuzulassen und die spirituellen Erfahrungsbereiche, von denen sie ausgehen und mit denen sie argumentieren, dann kann etwas Neues entstehen. Wenn wir bereit sind, einander zuzuhören, dann kann doch etwas von dem, was der andere versteht, glaubt und ist auch mein Verständnis bereichern und auch einige Punkte in meinem Verständnis vielleicht in Frage stellen. Wichtig ist aber auch zu klären, wie wir unser Verständnis mit dem Glauben der Kirche in Einklang bringen.

Das ist natürlich eine Herausforderung. Konkret wird es zu Beispiel in der aktuellen Situation der Kirche in Deutschland sichtbar. Der synodale Weg ist in vollem Gange. Wie kommen die Ergebnisse in Rom an? Und was ist eigentlich unsere Position als Steyler Missionare zu den Vorschlägen des synodalen Weges in Deutschland?
Wir lesen, hören und sehen alles, was in Deutschland geschieht. Wir sind gut informiert. Als wir im letzten Jahr eine Sitzung der Generalsuperioren der westlichen Gemeinschaften abgehalten haben, luden wir Kardinal Marx als einen Vertreter der Kirche ein. Er hat uns mitgeteilt, was in der deutschen Kirche gelaufen ist. Ja, es sind verschiedene Wege, so haben wir erfahren, um die sich die Menschen in Deutschland bemühen. Es ist jedoch eine große Herausforderung, eine schwierige Thematik. Einerseits soll die lokale Kirche in ihrer Selbstbestimmung respektiert werden, auf der anderen Seite soll die Einheit der Kirche nicht aus dem Blick verloren werden. Was müssen wir tun, um die Einheit der Kirche zu bewahren? Und was tun wir, dass die Freiheit der Kirche gewährleistet wird? Es ist nicht leicht, den richtigen Weg zu finden. Papst Franziskus hat zum einen gesagt, wie der lokalen Kirche mehr Freiraum geben werden kann, dass sie diskutieren und wie sie Lösungen erzielen kann. Die Frage ist aber auch auf der anderen Seite, wie sie die Einheit der Kirche gewährleisten kann. So glaube ich, da haben wir noch einen schwierigen Weg vor uns. Ich glaube aber auch, dass alles, was in Deutschland diskutiert wird, ein Beispiel für Kirche anderswo sein kann und wirkliche Lösungen hervorbringen könnte. Es ist mir aber auch wichtig zu sagen, dass es Sinn macht, in der Kirche mit der Kirche zu fühlen und auch mit ihr zu leiden, zu erdulden, dass wir nicht alle Lösungen so schnell, wie wir es uns wünschen würden, finden werden.

Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft der SVD aber auch die weltweite Kirche?
Was ich mir wünsche, basiert auf dem Thema dieses Workshops. Ich wünsche mir, dass wir wirklich bereit sind, uns gemeinsam auf den Weg zu machen, als Suchende. Wir sind auf der Suche nach Gott, nach der Wahrheit, nach dem Sinn des Lebens. Daher ist es ganz wichtig, dass wir aufeinander hören. In der Vergangenheit war es vielleicht leicht, Antworten auf alle Fragen zu haben. Heutzutage ist es nicht mehr so klar, mutige Lösungen zu bieten. Ich wünsche mir, dass wir bereit sind, einander zuzuhören. Wir sind alle miteinander unterwegs zu einem Ziel, das vor uns steht und das noch nicht klar erscheint. Wichtig ist, dass wir dann auch eher bereit sind, Dinge zu ändern, die nicht einfach sind.

Wenn Sie auf die Steyler Missionare in der deutschen Provinz schauen, können Sie sagen, dass wir noch eine Zukunft haben?
Ich glaube schon. Die SVD-Gesellschaft hat die Aufgabe, die Präsenz der Steyler in Deutschland und in Europa zu sichern. Es würde eine Verarmung der Kirche bedeuten, wenn es die Steyler hier nicht mehr gäbe. Wir sind hier, weil wir weltweit eben zu einer großen Ordensgemeinschaft gehören. Europa und besonders Deutschland waren in der Vergangenheit die Quelle unserer Mission. Und dass wir hier in Europa gerade so viele Mitbrüder aus anderen Kontinenten haben, ist ein Zeichen dafür, dass wir auch in Deutschland eine Zukunft sehen. Ich nehme wahr, dass die Menschen in Europa auch Hunger haben, Hunger nach Beziehung, Hunger nach Gehört-werden, Hunger nach dem Wort Gottes. Daher ist es wichtig, Symbole der Hoffnung zu setzen. Jesus hat auch nur einigen Menschen geholfen und nicht allen. Er hat große Zeichen gesetzt, die für alle Gültigkeit haben können.

Interview, Fotos und Clip: Pater Václav Mucha SVD

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