Der Himmel weint

Deutschland

01. Feb 2022

Am 29. Januar wurden die Steyler Anbetungsschwestern in der Gemeinde Heilig-Geist in Berlin verabschiedet. Bruder Bruno Rehm SVD fasste in seiner Abschiedsrede die Geschichte der drei Steyler Ordensgemeinschaften zusammen.

Der Himmel weint

Seit mindestens 1936, also seit gut 86 Jahren, gibt es in Berlin alle drei Steyler Kongregationen. Die ersten Steyler Missionare kamen im Oktober 1893 zum Studium nach Berlin, im Juni 1922 wurde dann die Heilig Geist-Pfarrei gegründet; die ersten Steyler Missionsschwestern kamen im April 1934 nach Berlin (St. Hildegard Krankenhaus); die ersten Steyler Anbetungsschwestern kamen wohl 1935 (Grundsteinlegung 28.11.1934), aber sicher im März 1936 nach Berlin; die Grundsteinlegung der Anbetungskirche erfolgte 2,5 Jahre später, am 27.05.1937 durch den Seligen Bernhard Lichtenberg.

Damit ist Berlin einer der wenigen Orte auf der Welt (meines Wissens sind es nur zehn), an denen alle drei Steyler Kongregationen vereint waren. Eine dieser wichtigen Standorte wird nun in diesen Tagen aufgegeben. Und Berlin war auch für Arnold Janssen wichtig, er war mindestens 22 Mal zu Besprechungen hier.

P. Wilhelm Schmidt, der berühmte Ethnologe und Linguist zeigte während seines Studiums hier das erste Mal das Interesse an der Diaspora… Er hat Berlin seitdem nie mehr vergessen. Er sagte: „Wieviel in der norddeutschen Diaspora und besonders in und um Berlin noch zu tun ist“, und, so schrieb er dem Generalsuperior [Arnold Janssen] bei seinem Abschied von Berlin, "ein wie reiches und auch lohnendes Feld der Tätigkeit sich da auch für unsere Genossenschaft darbietet…. Ich habe ja die Lage der dortigen Katholiken zu gut aus eigener Anschauung kennengelernt, um nicht einigen Eifer für sie empfinden und bestätigen zu sollen“. Auch schrieb er an Arnold Janssen „Gewiss ist unser Hauptziel die Bekehrung der Heiden [in überseeischen Ländern]; das gilt aber auch für die Jesuiten und trotzdem waren sie die Hauptträger der Gegenreformation in Deutschland und Österreich.“

Und unser guter P. Siegfried Zoch sagte: „Diese Stadt Berlin ist schon lange vor dem 1.Weltkrieg ein Missionsgebiet gewesen“. Heute ist Berlin mit 3,7 Millionen Menschen ein Tummelplatz aller Völker, Weltanschauungen und Religionen. – Und Bernhard Lichtenbergs provozierendes Argument in seinem Brief 1922 an unsere Generalleitung: „Berlin ist ein paar Missionare wert.“

Mutter Maria Michaele, die 1. Generaloberin der Anbetungsschwestern, deren Seligsprechungsprozess läuft, hatte schon 1927 die Gründung eines Anbetungsklosters in Berlin beschlossen und bis zu ihrem Tod daran festgehalten und daran gearbeitet. Die Verwirklichung hat sie freilich nicht mehr erlebt, aber diese Gründung lag ihr sehr am Herzen. Auf dem Weg nach Polen zur Gründung von Leobschütz – das dann zugunsten von Berlin wieder aufgegeben wurde -, fuhr sie auf diesem Weg über die Reichshauptstadt Berlin. Und dann fuhr sie „Mit der festen Überzeugung, dass in Berlin eine Gründung ihrer Schwestern entstehen müsse“ nach Schlesien weiter.

Das soll genügen: Sie, liebe Mitschwestern, hatten also eine wichtige Mission hier in Berlin. - Wir alle respektieren die jetzige, wahrlich nicht einfache Entscheidung der Generalleitung, in heutiger Zeit, in einer ganz anderen Zeitepoche, das Anbetungskloster in Berlin aufzugeben. Es sind hauptsächlich personelle Gründe.

SSpSAP
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Heute sind wir zusammen als Steyler Ordensfamilie und denken an die Zeit, die hinter uns liegt und die von einer wunderbaren, vertrauensvollen, geschwisterlichen Zusammenarbeit gekennzeichnet war. Es ging schon mit dem schwierigen Kauf des Grundstücks und der Bauleitung des Anbetungsklosters während der Nazizeit los, die in den bewährten Händen unseres Mitbruders P. Wilhelm Dold lag, einem Genie in Sachen Finanzen, Wirtschaften und Bauen. Er und auch der damalige 2. Pfarrer von Heilig Geist, P. Anton Balkenhol, haben große Verdienste um die Errichtung des Anbetungsklosters erworben. Natürlich auch der selige Bernhard Lichtenberg, dem dies ein sehr großes Anliegen war. - Von Anfang an übernahmen die Steyler Mitbrüder die Gottesdienste und die seelsorgliche Betreuung der Anbetungsschwestern, meist vom Heilig Geist Kolleg aus. P. Wittwer, P. Marquard, P. Jung und P. Koitka wohnten sogar viele Jahre bei Ihnen (direkt neben Ihrer Kirche). Während und nach dem zweiten Weltkrieg gab es ein ständiges gegenseitiges Helfen. Dabei waren die Anbetungsschwestern in jeder Hinsicht vorbildlich im Überlassen von Kirche und Klausurräumen, trotz der strengen Klausur! Ich darf nur daran erinnern, dass die Sacré-Coeur-Schwestern über längere Zeit eine eigene Bleibe in Ihrem Konvent erhielten. Auch für den Start der unendlich wichtigen Herz-Jesu-Schule in unserem Pfarrgebiet waren sie wichtig. Weitblick bewies die Generalleitung auch, als sie nach dem Krieg mit Sr. Maria Silvia eine amerikanische Oberin im Anbetungskloster in Berlin einsetzte. Mit ihren guten Beziehungen zu den amerikanischen Alliierten hat sie viel erreicht, sowohl für das Anbetungskloster selbst (Kirchenrenovierung), als auch für die Pfarrei Heilig Geist (im Beschaffen notwendiger Baumaterialien, Reisegenehmigungen etc.).

Hin und wieder gab es dann auch außerhalb der Gottesdienste gemeinsame Feiern unter uns Steylern. Erstmals im Januar 1970, als der damalige Hausgeistliche P. Paul Jung 75 Jahre alt wurde. 1996 wurde das 100jährige Jubiläum der Steyler Anbetungsschwestern von der Berliner Steyler Ordensfamilie (Steyler Missionare, Steyler Missionsschwestern, Steyler Anbetungsschwestern) im Kloster St. Gabriel gemeinsam gefeiert. Nach der Dankmesse mit P. Provinzial Otto Starmanns SVD gab es ein frohes Beisammensein im Garten des Anbetungsklosters. Bei der Grillparty war Br. Rudi Schario aus St. Wendel der Grillmeister.

Nach wichtigen „Familienfeiern“ im Oktober und Dezember 1971 mit den Steyler Missionsschwestern folgten weitere bis zu den jüngsten, unvergesslichen Treffen am zweiten Weihnachtsfeiertag. In Erinnerung bleiben auch die Papstbesuche, an welchen die Schwestern mit mitbrüderlicher Unterstützung teilnehmen konnten.

Die Anbetungsschwestern standen auch an der Wiege zur Gründung der Philippinischen Gemeinde in Heilig Geist vor gut 35 Jahren. Zum Dank stattete die ehemalige philippinische Präsidentin Cory’ Aquino den Steyler Anbetungsschwestern (SSpSAP) am 08. September 2003 einen Besuch ab. Die ganz besondere Beziehung der Philippinischen Gemeinde zu den Anbetungsschwestern ist bis zum heutigen Tag geblieben.

So gibt es viele weitere Anlässe und Gegebenheiten, an die wir uns erinnern. Sie lassen uns dankbar zurückschauen auf eine wunderbare Zeit der Zusammenarbeit und des Zusammenwirkens über 86 Jahre. Und diese hat mit konkreten Menschen zu tun, hat mit Ihnen zu tun, liebe Mitschwestern vom Anbetungskloster. Sie sind großartige Ordensfrauen. Wir heißen uns glücklich und sind dankbar, Sie als Mitschwestern zu haben. Wir danken jeder Einzelnen von Ihnen, ja jeder Einzelnen. Ganz besonders danke ich persönlich Schwester Oberin, mit der ich so gut und vertrauensvoll in den vergangenen Jahren zusammenarbeiten durfte, und meine Vorgänger auch. Ganz herzlichen Dank.

Es sind nun besondere persönliche Herausforderungen, vor denen Sie durch die Schließung des Klosters stehen. Wir dürfen die Zuversicht und das große Vertrauen in Gott setzen. Ich bin sicher, er wird uns allen die Kraft schenken und uns auch diese Zeit zu einer Zeit der Gnade werden lassen.

Heute danken wir für viele schöne gemeinsame Jahre hier in Berlin und wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft. Ganz herzlichen Dank für alles. Bleiben Sie glücklich und zuversichtlich, auch an Ihrer je neuen Stelle und bleiben wir im gegenseitigen Gebet verbunden. Denken Sie weiter im Gebet an die Stadt Berlin. Sie braucht es. DANKE! ARRIVEDERCI!

Bruder Bruno Rehm SVD

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