Särge erzählen vom Leben – Ghana

Deutschland

13. Nov 2021

Zwei Steyler Mitbrüder, Dr. Moses Awinongya und Dr. Peter Claver Narh, berichteten von der Begräbniskultur in Ghana im Vortrag der Akademie Völker und Kulturen.

Im Tod zeigt sich das Leben, sieht man an Begräbnissen in der Kultur der Ga in Ghana. Die beiden Steyler Missionare Dr. Moses Awinongya und Dr. Peter Claver Narh berichteten von der Begräbniskultur dieser Volksgruppe in Ghana, ihrem Ursprungsland, im Vortrag der Akademie Völker und Kulturen am Freitagabend im Missionspriesterseminar St. Augustin. Gut 40 Interessierte folgten dem Vortrag.

Dr. Narh erklärte eingangs, dass sich der Vortrag vor allem auf ein Volk bezieht, die Ga, die in und um die Hauptstadt Accra an der Küste leben. In Ghana gibt es 80 verschiedene Völker und Kulturen mit ihren je eigenen Begräbnisformen.

Vortrag
Der Tote war eine hochgestellte Persönlichkeit, der Sarg stellt eine Sandale dar, die nur solche Persönlichkeiten tragen dürfen. Wer also die Sandale sieht, weiß dass es sich um die Sandale eines Königs handelt...

Traditionell wurden die Toten in Matten eingewickelt und im Haus der Familie begraben, damit ihre Seelen wieder „nach Hause“ finden können und nicht auf der Suche danach umherirren und dann die Lebenden erschrecken und bedrohen müssen. Während der britischen Kolonialherrschaft wurden diese Bräuche verboten und Friedhöfe eingerichtet. Allerdings fordern die unterschiedlichen Hierarchien und sozialen Klassen bei den Ga, dass man die Toten standesgemäß begräbt.


Ein Ausweg aus der Einheitlichkeit von öffentlichen Friedhöfen war die Errichtung von aufwändigen Mausoleen, in denen sich die Toten wieder in ihrem eigenen Ort entsprechend einrichten könnten. In alter Zeit wurden hochgestellten Persönlichkeiten oft auch Diener ins Jenseits mitgegeben – auch Peter Narh wurde in seiner Kindheit noch angehalten, das Haus nicht zu verlassen, wenn jemand gestorben war; die Familie wollte sich keinen Überraschungen aussetzen, dass das Kind eventuell verschwinden könnte…

Die Bestattungsriten bei den Ga haben sich im Laufe der Zeit immer wieder stark verändert und erneuert. Mit dem Christentum kamen weitere Anforderungen, mit denen man umzugehen lernen musste. Dazu gehört der soziale Status des Verstorbenen, der eine entsprechende Gestaltung des Begräbnissens erfordert. Wichtig ist auch der „gute“ Tod, der einen Menschen am Ende eines erfüllten Lebens heimholt, im Gegensatz zum „schlechten“ Tod von Fremden, Sklaven, Selbstmördern, Verschuldeten oder Frauen, die im Wochenbett sterben.

Dr. Awinongya führte zur heutigen Begräbniskultur aus, dass in den letzten Jahrzehnten verstärkt Särge hergestellt werden, die sich auf das Leben des Verstorbenen beziehen. Wer in seinem Leben Fischer war oder sie am Markt verkaufte, soll in einem Sarg bestattet werden, der einen Fisch darstellt. Oder eine Kakaobohne oder ein Auto, wenn der Tote Chauffeur war. Dahinter steht die Vorstellung, dass der Mensch im anderen Leben dem angestammten Beruf nachgehen wird und dafür entsprechend ausgestattet sein soll.

Eine wichtige Frage besteht darin, wie man zu einem „Ahnen“ wird. Dafür ist es wichtig, dass man in diesem Leben vorbildlich gelebt hat: also eine Familie hatte, verheiratet war, Kinder hat, es im Beruf zu etwas gebracht hat. Entsprechend berichten die Särge von diesem Leben, das die Möglichkeiten im anderen Leben als Ahne vorausnimmt.

Zu den kritischen Rückfragen gehört die Gestaltung der Begräbnisse. Sie werden oft sehr teuer, weil dafür auch die Großfamilie zusammenkommt und entsprechend ausgehalten werden muss. Zum Ritual gehören oft auch Tänze, an denen wieder Familienangehörige in genau festgelegter Ordnung teilnehmen, zu bestimmten Zeiten der langen Feier. Diese Rituale sind sehr verschieden bei den Völkern Ghanas.

Dr. Awinongya schnitt auch die Frage an, ob es sich bei solchen Särgen um religiöse Objekte oder Kunstgegenstände handelt und wie sich die Interpretationen entsprechend ergeben.

Als Beispiel für ausgefeilte Tanzformen zeigten die beiden Vortragenden ein Video, das von der BBC gestaltet wurde (https://www.youtube.com/watch?v=EroOICwfD3g).

Darin zeigt sich, dass bei einem Begräbnis nicht der Tod das Wesentliche ist, sondern der Übergang zum anderen Leben als Ahne. Die Feier und das Ritual gestalten und interpretieren diesen Übergang.

Christian Tauchner SVD

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