Deutschland
07. Dez 2021
Gibt es „Steylerische Elemente“ in der Gemeindearbeit? Einige Steyler Mitbrüder, die in Pfarrgemeinden tätig sind, beantworten diese Frage und erklären, wie sie sich selbst in der Pastoral erleben.
Die Antworten, die wir erhalten haben, lenken den Blick zunächst auf allgemeine Bereiche, die heutzutage Diözesanpriester und Ordenspriester gleichermaßen herausfordern. Es klingen aber auch Aspekte des Steyler Selbstverständnisses an, die es wert sind, bedacht zu werden. Hier ein Auszug aus den für uns zum Teil überraschenden Antworten:
Was charakterisiert die Steyler Missionare und ihre Pastoral?
„Das Besondere an unserem Steyler Charisma ist die Offenheit, mit der wir auf die Menschen zugehen und sie in Prozesse einbeziehen. Dass wir nicht klerikalistisch sind, wird sehr geschätzt“.
„Pastoral bedeutet für mich Begegnung mit den Menschen. Wir machen Hausbesuche und sind unbürokratisch. Wir betrachten Gemeindemitglieder als Familienmitglieder. Das ist persönlicher, zugewandter und führt zu einem anderen Umgang. Auch das Lebenszeugnis der Interkulturalität, die für uns selbstverständlich ist, unterscheidet uns von den meisten deutschen Gemeinden. Mein Konzept ist die freundliche Begegnung und Gastfreundschaft in beide Richtungen. Man könnte auch sagen Nahbarkeit, konkrete Seelsorge. Diese Dinge sind für uns Steyler eigentlich selbstverständlich, aber die Menschen nehmen es wahr und sagen mir: Die Steyler sind anders!“.
„Wir sind zwar in den Gemeinden als Teil der Ortskirche tätig, aber wir sind freier, pastorale Experimente zu wagen und unsere charakteristischen Akzente zu setzen. Einige Bischöfe sind sehr offen für neue Impulse.“
„Steyler Pastoral bringt weltkirchliche Erfahrungen ein, besonders im interkulturellen und interreligiösen Dialog. Sie will Begeisterung für das Wort Gottes wecken und engagiert sich für die vier „charakteristischen Dimensionen“.
“Mir ist trotz Alltagsgeschäft und allen Verpflichtungen in allen pastoralen Aktivitäten die empathische Offenheit für die Besonderheit eines jeden Menschen wichtig. Sich der Berührungsängste sozialer und religiöser Art bewusst zu werden und sie zu bearbeiten und dadurch Gastfreundschaft gepaart mit Respekt und Wertschätzung in Begegnungen stark zu machen. Weltzugewandtheit und Weltoffenheit – denn Gott ist in allem zu finden ... seine Spuren sind überall. Immer wieder mal Neues in Liturgie wagen und weltkirchliche Solidarität nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Überwindung von Kirchturmdenken … Entgrenzung aller Art … In allen Zusammenbrüchen Zynismus und Sarkasmus widerstehen und auf die Kraft und Dynamik des Göttlichen Wortes vertrauen, das immer neu in immer neuen Formen Gemeinschaft stiftet”.
“Es gibt nur eine Pastoral der Kirche, aber es gibt besondere Merkmale und Herangehensweisen. Steyler Pastoral bedeutet für mich, die Katholizität - die Universalität und die Weltoffenheit – in der konkreten Gemeindesituation, aber auch mit Kirchenfernen, Asylsuchenden und Menschen in Not durchzubuchstabieren. Als Gesellschaft des Göttlichen Wortes die BEFREIENDE Botschaft Gottes in Wort und Tat zu verkünden. Orden waren immer wieder Vorreiter für Reformen. Unsere Konstitution gibt große Impulse für die zeitgemäße Gestaltung der Pastoral. Die Diözesen sind mittlerweile offen für viele neue Wege der Pastoral. Die engstirnige Auslegung des Kirchenrechts scheint momentan wegzuschmelzen”.
„Die Steyler Pastoral ist vom Hl. Geist begleitet und auf der Hl. Schrift begründet. In Verbindung mit der Weltkirche will sie Missionsbewusstsein schaffen. Die Gemeinden sind eingeladen, die Steyler Feste mitzufeiern, mitzubeten und die Projekte der Steyler Mission mitzutragen. Die Pastoral wird mit den Menschen gestaltet.“
Welche Herausforderungen für die Steyler Pastoral gibt es?
„Die von den Diözesen vorgegebenen Struktur fordert uns heraus, auch innerhalb dieses Rahmens weiterhin missionarisch zu sein“.
“Die Herausforderung liegt vor allem darin, die Verwaltungs- und die seelsorglichen Aufgaben der Gemeinde in Balance zu bringen. Die vorgegebenen Strukturen geben Sicherheit, schränken aber auch die Kreativität ein”.
“Wir Steyler müssen fähig sein, offen auf Menschen zuzugehen. Wir müssen den Gläubigen zeigen, dass Gott in der Welt ist. Manche Steyler haben aufgrund ihrer Heimatkultur die Mentalität, dass der Priester Herr der pastoralen Arbeit ist”.
„Die Herausforderung ist der Zusammenhalt der Gemeinde. Es ist mühsam, Menschen mit unterschiedlichen Lebensformen zu integrieren. In der Großstadt ist es zudem anonymer, jeder kocht sein eigenes Süppchen und das Angebot der Gemeinden wird oftmals nur konsumiert statt mitgestaltet.“
„Eine Herausforderung für die Leitung des Ordens ist die Personalplanung. Die verfügbaren Mitbrüder dort einzusetzen, wo Bedarf ist und wo sie sich optimal einbringen können, erfordert eine kluge Planung“.
„Wir müssen mit Kompetenz und Engagement Schwerpunkte einbringen und entfalten, besonders im interkulturellen und interreligiösen Dialog. Das scheint mir die größte Herausforderung: Kompetenzen erwerben und ständig vertiefen, sich engagieren mit Begeisterung und Herzblut, aber auch mit Kompetenz und Expertise. Interkultureller Dialog ist mehr als buntes Essen und ein paar Tänze. Er verlangt große Kenntnis des Eigenen und Interesse für das Fremde“.
“Für mich ist die pastorale Strategie des Seelsorgebereichs, in dem ich tätig bin, zunächst maßgeblich, Steyler Pastoral geschieht nicht im luftleeren Raum. Doch auf dieser Grundlage lassen sich gemeinsam mit den Teams Akzente setzen. “Steylerische Akzente” will ich nicht setzen! Ich will, dass ich selbst von der Geistigkeit/Spiritualität unserer missionarischen Ordensgemeinschaft so begeistert und durchdrungen bin, dass sie immer wieder mal in meinem Reden und Tun als Seelsorger aufblitzt und Ausstrahlung gewinnt … mich selber also umkrempelt (oder halt bekehrt)”.
Text: Redaktion
Fotos: Archiv „Steyler aktuell“