„Fange nie an aufzuhören! ...“

05. Aug 2020

Pater Manfred Krause SVD übernahm die Pfarrseelsorge in Goch

Vor zwei Jahren kam ich aus Vietnam nach Deutschland. Ich war sehr gestresst, weil ich kein Deutsch sprach. Pater Manfred Krause SVD hat mir immer geholfen, dass ich die deutsche Sprache gut beherrsche. Am 29. Juni übernahm er die Pfarrseelsorge in Goch. Für mich war es eine gute Gelegenheit, mit ihm ein Interview zu machen. Der Schüler befragte nun seinen Lehrer:

Frater Phuck (links) und Pater Manfred Krause (rechts)
Frater Phuck (links) und Pater Manfred Krause (rechts)

Du bist 65 Jahre alt. In diesem Alter bereiten sich viele Menschen in Deutschland darauf vor, in den Ruhestand zu gehen. Du aber bist das Gegenteil. Am 29. Juni hast du eine neue Arbeit als Pfarrer in einer Pfarrei übernommen. Was ist denn deine Motivation?

Zu meiner Priesterweihe habe ich ein Spruchgeschenk bekommen. Darin heißt es: „Fange nie an aufzuhören! Höre nie auf anzufangen!“ Früher dachte ich: Mit 65 Jahren mache ich noch zwei oder drei Jahre etwas in der Missionsprokur, dann gehe ich nach Sankt Wendel und helfe dort. Nein, der liebe Gott hat gewollt, dass ich noch aufbreche - auch als ein „älterer Mann“. Vor einigen Monaten wurde ich von der Provinzleitung gefragt, ob ich mir noch vorstellen könnte, nach Goch zu gehen, um die Pfarrarbeit zu übernehmen. Ich habe dann nach vielen Beratungen auch zugesagt. Meine Motivation? Zunächst mal bin ich mit Goch seit langem sehr verbunden. Das ist der Ort, wo unser Ordensvater, Arnold Janssen, geboren ist. Ich habe mich bereit erklärt, nach Goch zu gehen, weil ich glaube, dass es wichtig ist, an diesem traditionellen Ort, der von unserer Steyler Spiritualität geprägt ist, präsent zu sein.

In einem Spruch heißt es: „Aller Anfang ist schwer.“ Wo siehst du deine Anfangsschwierigkeiten in der Seelsorge?

Ich habe schon viele Leute kennen gelernt, war in verschiedenen Gremien, und überall wurde ich herzlich willkommen geheißen. Es gibt so viele Menschen, die sich sehr engagieren und sie sagten mir, dass wir gut zusammenarbeiten werden. Von da aus denke ich, dass es gar nicht so viele Anfangsschwierigkeiten geben wird. Es gibt wohl viele neue Gesichter, die ich mir merken muss und es strengt mich sehr an, die zu identifizieren und ihnen die richtigen Namen zu geben. Das ist sicher eine der Schwierigkeiten. Ob ich auch den Zugang zu Kindern und Jugendlichen neu finde, wie ich es in meiner Jugendzeit konnte, frage ich mich, aber auch da gibt es großartige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Arbeit hauptsächlich tun. In der Steyler Ordensgemeinschaft hast du viele Aufgaben übernommen. Was ist nach deiner Meinung die wichtigste Eigenschaft für einen Missionar, der in einer deutschen Gemeinde arbeitet? Offenheit für die Menschen! Von den Katholiken in Goch gehen vielleicht nur noch 10% sonntags in die Kirche, etwas mehr haben Kontakt mit der Kirche. So denke ich, dass es wichtig ist, auf die Menschen zuzugehen und ihnen offen zu begegnen. Man entwirft ständig Strategien, um die Kirche irgendwie zu modernisieren oder am Laufen zu halten. Für mich ist wichtig, dass wir einen spirituellen Weg gehen. Es gibt in der Politik viele Strategien, es gibt in der Wirtschaft viele Strategien. Aber wir als Christen gehen einen spirituellen Weg. Wir sind in der Nachfolge Christi. In der Nachfolge Christi sieht ein Weg anders aus als in der Wirtschaft oder in der Politik oder in der zivilen Gesellschaft.

Die kleine SVD-Gemeinschaft in Goch und im Gocher-Land gehört ordensintern zu Steyl. Ich gehe davon aus, dass die Stadt Goch und viele Gocher dir sehr bekannt sind. Fühlst du dich wohl oder einsam, wenn du hier in Goch lebst und arbeitest?

Einsam fühle ich mich wohl, wenn ich am Frühstückstisch allein sitze. Ich muss lernen, mein Leben neu zu organisieren. Aber ich denke, egal wo ich hingehe, gehöre ich zunächst mal zu unserer Gemeinschaft der Steyler Missionare. Dann treffe ich hier immer wieder Menschen, die sehr offen und kontaktfreundlich sind. Von da aus habe ich keine Angst, hier zu vereinsamen.

In Bezug auf die Übernahme deiner neuen Aufgabe in der Pfarrei hast du gesagt: „Ich bin ein Jakobspilger!“ Was meinst du genau damit?

Ich bin 2013 zum ersten Mal auf dem Jakobsweg gegangen. Das waren 2000 Km zu Fuß. Auf dieser Strecke war ich oft allein aber auch in Gemeinschaft unterwegs. Aus dieser Erfahrung heraus habe ich eine neue Spiritualität des Unterwegsseins im Alter für mich entwickelt. Bei der Einführung in Goch habe ich daher nicht den Hirtenstab der Gemeinde übernommen, sondern meinen Pilgerstab vom Jakobsweg, weil ich mehr mit den Menschen unterwegs sein will. Das zweite Vatikanum hat die Kirche als Pilgerkirche definieret. Wir sind unterwegs und das Schlimmste, was uns passieren kann: Wenn wir stehen bleiben und uns nicht mehr weiterentwickeln, dann verkümmern wir.

Du bist ein gutes Vorbild für eine missionarische Einsatzbereitschaft. Ist das eine typische Eigenschaft eines Missionars, die wir als Nachfolger lernen können?

Ganz sicher! Vielleicht leiden unsere Arbeitsbereiche gerade darunter, dass manche Mitbrüder sich ein Nest bauen wie Vögel. Das Nest ist im Baum und man fliegt hin und her und man fühlt sich wohl. Die Gefahr besteht, dass wir uns daran gewöhnen können. Deswegen habe ich auch auf meinem Schrank und auf meinem Rucksack die Jakobsmuschel liegen lassen, damit ich jeden Morgen daran erinnert werde: „Bau dir bloß kein Nest! Bleib immer unterwegs!“ Das Unterwegssein ist nicht nur etwas Äußerliches. Vor allem mental muss man unterwegs bleiben und sich immer wieder in neue Dinge hineindenken. Von da aus denke ich, dass es ganz wichtig für uns ist, so missionarisch zu leben.

Noch eine Frage zum umstrittenen Thema Corona-Pandemie. Wie du weißt, betrifft die Corona-Pandemie alle Lebensbereiche der Menschen, sogar in der Pfarrei. Was kannst du in dieser Zeit als Pfarrer tun, um Gemeindemitgliedern zu helfen?

Den Menschen zu helfen, die unter der Corona-Pandemie leiden, gehört in den Bereich der Caritas. Zwei Frauen von der Caritas berichteten mir, dass ihre Kassen langsam leer geworden sind. Sie haben den Betroffenen sehr viel geholfen. Aber dadurch, dass es durch Corona-Einschränkungen keine Möglichkeit mehr gibt, von Haus zu Haus zu gehen, um für die Caritas Geld zu sammeln, haben sie finanzielle Probleme. So haben wir uns entschlossen, bei meiner Einführung im Gottesdienst für die Caritas zu sammeln, die im Moment Menschen hilft, die von Corona-Pandemie und Kurzarbeit betroffen sind.

Was ist deine Botschaft, die du an die Gläubigen in der Pfarrei weiterleiten möchtest?

Meine Botschaft lautet: „Nicht der Pfarrer steht im Mittelpunkt einer Gemeinde, sondern Jesus Christus!“ Das ist wichtig, dass die Leute nicht um das goldene Kalb tanzen, sondern, dass sie auf den schauen, der unser erster und wahrer Hirte ist. Nicht zuletzt ist Goch die Arnold-Jassen-Stadt. Unser Ordensgründer Arnold Janssen war ein Mann, der neue Wege ging und neue Wege dachte. Ich habe mich lange mit ihm beschäftigt. Ich werde mal schauen, wie ich die Aspekte des heiligen Arnold Jansen auch in die Pfarrei einbringe, die seinen Namen trägt.

Interview: Frater Phúc Tran Khac SVD
Fotos: Pater Václav Mucha SVD

"Ich will als Pilger mit den Menschen unterwegs sein", sagte Pater Manfred Krause SVD
"Ich will als Pilger mit den Menschen unterwegs sein", sagte Pater Manfred Krause SVD

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